„Ein komplett produzierter Broadcast-Pilot – eines der seltensten Dinge, die Sie in diesem Jahr in L.A. sehen werden!“ - bei Paramount nahm man es mit Humor, dass es bei den LA Screenings von der klassischen US-Serien-Ware erheblich weniger zu sehen gab als man das in früheren Jahren noch gewohnt war. Vorbei die Zeiten, in denen die Einkäufer sich an jedem Tag in dunklen Kinos durch ein Dutzend neue Serien-Piloten bingen mussten – was teils dazu führte, dass man sich nach einer Woche Druckbetankung kaum noch an all das erinnern konnte, was man gesehen hatte.

Doch die US-Networks, deren in der Woche zuvor getätigte Serienbestellungen bislang stets das waren, was den Großteil der Screenings in Los Angeles ausmachte, orderten in diesem Jahr jeweils kaum mehr eine Handvoll neuer Serien. Statt also eng getaktet durch die Screenings zu hetzen, war diesmal Zeit um beispielsweise ausführlich das Kino-Line-Up anzupreisen, aufs Non-Fiction-Formatgeschäft zu verweisen – oder auch, um den Einkäufern aus aller Welt Produktionen zu präsentieren, die gar nicht aus den USA stammen.

Bei Paramount gesellten sich zu den drei US-Produktionen „So help me Todd“, „Walker Independence“ und „Fire Country“ ebensoviele Serien aus den internationalen Aktivitäten des Konzerns. Neben der schräg-charmanten Comedy „Colin (From Accounts)“ aus Australien gehörten dazu gleich zwei Serien mit deutscher Beteiligung: Zum Einen das gemeinsam mit Sky Studios produzierte „Munich Match“ über einen geplanten Anschlag auf ein Spiel, das anlässlich des 50. Jahrestags des Terror-Anschlags auf das israelische Team bei den Olympischen Spielen in München, das nach Ansicht der ersten Folge gelungen-beklemmend ist.

Ze Network bei den LA Screenings © DWDL
Und "Ze Network" - und damit die Erkenntnis, dass für das eigentliche Popcorn-Fernsehen bei Paramount in diesem Jahr nicht Hollywood sondern Görlitz sorgte. Keine andere Serie rief bei den Screenings im Publikum jedenfalls solch laute Reaktionen hervor wie "Ze Network", das für den deutschen Streamingdienst RTL+ entsteht – und sich vor allem dank des Hauptdarstellers auch weltweit verkaufen soll: David Hasselhoff. Das ist jedenfalls die Hoffnung der Berliner Produktionsfirma Syrreal Entertainment von Christian Alvart, die hier gemeinsame Sache mit Paramount (bzw. ehemals CBS Studios) gemacht hat.

Die Serie beginnt für deutsche Verhältnisse erstaunlich fulminant mit einer Verfolungsjagd durch die engen Gassen Roms inklusive des Einsatzes diverser Gadgets – die man fast schon aus irgendeinem Bond-Film entnommen halten könnte, wenn da nicht irgendwann David Hasselhoff grinsend für einen Cameo-Auftritt in der Gegend herumstehen würde. Zum Glück erreicht die Serie dann aber doch noch ihre Meta-Ebene, wenn sich David Hasselhoff im Anschluss bei seiner Agentur beklagt, dass er es leid ist, immer nur absurde Versionen seiner selbst zu spielen.

Das hält Hasselhoff, der selbst auch einer der Executive Producer der Serie ist, aber freilich nicht davon ab, genau das letztlich mit „Ze Network“ zu tun. Weil die erträumten Charakter-Rollen für den alternden Star, an den schon die eigene Agentur den Glauben verloren hat, in Hollywood ausbleiben, lässt er sich zur Übernahme einer Theaterrolle in Deutschland überreden – wo sich der „Osten von Berlin“ allerdings als Görlitz entpuppt, wohin es ihn an der Seite von Henry Hübchen verschlägt. Dort findet er sich inmitten einer internationalen Verschwörung aus dem Kalten Krieg wieder – zumindest, wenn man alles für bare Münze nehmen kann, denn Hasselhoff hat ständige Bewusstseinsaussetzer, wodurch man von Szene zu Szene springt.

Die vielen Absurditäten der Serie lassen sich kaum in adäquate Worte fassen – und sorgen trotzdem gerade dafür, dass man kaum wegschauen mag, wie sich all das am Bildschirm entfaltet. Einen Emmy wird das kaum gewinnen, aber als leicht-trashiges Popcorn-Fernsehen sorgt es zumindest dafür, dass man nun schon wissen will, was da in Folge 2 noch kommen mag. „You didn‘t see that coming, right!?“, fragte der Paramount-Vertreter am Ende der ersten Folge und bezog sich auf das wirklich überraschende Ende der ersten Episode. Sah man nicht – ebensowenig wie dass Paramount sein Popcorn-Fernsehen inzwischen in Görlitz ansiedelt.