Jetzt geh’n die Partys richtig los. In diesen Wochen feiert die Fernsehbranche im Akkord: Mal ein Frühlingsfest von Seven.One Entertainment, ein Produzentenempfang von RTL, Sommerfeste der Filmstiftungen, runde Jubiläen, die ersten Kongresse mit entsprechenden Abend-Events oder das Comeback der Aftershowpartys nach zwei Jahren Corona-Pause. Auch am Donnerstagabend gab es ein großes Hallo - diesmal im Rheinloft Cologne mit Panorama-Blick über die Domstadt.
Die Stimmung bei sommerlichen Temperaturen war ausgelassen, gespeist einerseits aus dem Stolz auf die eigene Branche und ein bisschen Trotz - wie in vielen Grußworten herauszuhören war, auch bei der neugewählten Vorsitzenden der Sektion Unterhaltung in der Produzentenallianz, Andrea Schönhuber-Majewski. Endlich gebe es mit dem Deutschen Entertainment Award (DEA) eigenen Preis für das non-fiktionale Unterhaltungsfernsehen. Man werde so oft übersehen oder spiele eine Nebenrolle bei stundenlangen Preisverleihungen.
Dass dann am Donnerstagabend die ProSieben-Show „Wer stiehlt mir die Show?“ von Florida TV den ersten DEA in der Kategorie „Best Development“ gewinnt, lässt schmunzeln: Die bereits mit dem Deutschen Fernsehpreis 2021 und dem Grimme-Preis 2022 ausgezeichnete Sendung kann man nicht unbedingt als übersehen bezeichnen - so wie übrigens fast alle Nominierungen bereits gewürdigt wurden. Nun ist die Idee zum Deutschen Entertainment Award 2018 entstanden und hätte 2020 Premiere feiern sollen - doch dann kam Corona.
Gleichzeitig führte der Deutsche Fernsehpreis vier neue Kategorien für die non-fiktionale Unterhaltung ein: Bestes Buch, beste Regie und beste Ausstattung sowie Beste Unterhaltung Reality. Während das Genre drüben beim Deutschen Fernsehpreis inzwischen eine Würdigung erhält, zog Oliver Kalkofe beim Deutschen Entertainment Award am Donnerstag ordentlich vom Leder gegen das Reality-Genre. Ein Lieblingsthema von Kalkofe - hier nur amüsanterweise vor denen vorgetragen, die das produzieren und mit diesem neuen Preis würdigen wollen.
Aber kein Zweifel: Kalkofe war ein Gewinn für die kürzeste Preisverleihung der Branche. „Bis zur Tagesschau sind wir fertig“, sagte er zur Begrüßung um kurz nach 19 Uhr. „Kurz und knackig“, werde es, versprach Kalkofe - „und dank mir mit Würde.“ Gut 200 Gäste waren gekommen, darunter erwartungsgemäß viele führende Produzentinnen und Produzenten der non-fiktionalen Unterhaltung. Zu den auch beim TV-Publikum prominenten Gästen des Abends gehörten u.a. Katja Burkard, Evelyn Burdecki und die Comedians Matze Knop und Abdelkarim.
Ohne roten Teppich, dafür mit mittelalterlicher Wendeltreppe zur Location, lag der Fokus jedoch nicht auf dem Promi-Faktor als viel mehr dem Austausch nach zwei Jahren Corona-Pause. Und explizit waren dazu auch Kreative und Nachwuchstalente aus den Häusern eingeladen. Die Stärkung des Networking abseits der Führungsebenen ist eines der erklärten Ziele der Veranstaltung. Während es in der Fiktion zahlreiche Plattformen und Awards für den Nachwuchs gibt, fehlt die Würdigung des Nachwuchses im non-fiktionalen Fernsehen.
Hier macht der Deutsche Entertainment Award einen wichtigen Punkt - und legt zu Recht einen Schwerpunkt. Schließlich kämpft die Branche - wie viele andere - gerade um Nachwuchs und will die eigene Attraktivität demonstrieren. In Zusammenarbeit mit der VFF, der Verwertungsgesellschaft für Eigen- und Auftragsproduktionen, wird deshalb auch der mit 5.000 Euro dotierte Best Young Talent Award verliehen - und zur Premiere gleich doppelt. Zunächst einmal an Maren Fleschenberg, die Producerin der Show "Sträter" (Prime Productions für DasErste). Sie bekennt: „Ich bin gerührt - und hatte noch nie so viel Geld in der Hand.“ Und fordert mehr Vertrauen, „Sendungen auch in junge Hände zu legen.“
Der überraschende zweite Young Talent Award des Abends ging dann an Anna Franz, Executive Producerin der von Constantin Entertainment für Prime Video produzierten Comedyshow "LOL“, die zuvor auch schon als Beste Adaption ausgezeichnet wurde. Sie betont: Constantin Entertainment sei ihre erste Station in der Branche gewesen - und bis heute die einzige geblieben. Durchaus ungewöhnlich in einer Branche mit schnellen Wechseln - und damit ein Lob an den Arbeitgeber.
In diesen Momenten, wenn er an den großen Namen vorbei einen Blick auf die kreativen Köpfe darunter wirft, schafft der Deutsche Entertainment Award einen Mehrwert und würdigt, was sonst zu kurz kommt. Das steht der neugeborenen Auszeichnung weitaus besser zu Gesicht als der sich selbst eingeredete Minderwertigkeitskomplex, so oft übersehen zu werden. Das spiegelt nicht die Entwicklung wieder, die es seit der ersten Idee zum DEA 2018 gegeben hat - beim Deutschen Fernsehpreis aber auch Grimme-Preis, wo mit „Catch - Der große Sat.1 Fang-Freitag“, „Joko & Klaas live“, „Prince Charming“ oder eben „Wer stiehlt mir die Show“ längst ein breiterer Entertainment-Begriff gewürdigt wird als es sich offenbar noch in manchen Köpfen hält.
Die Würdigung des Nachwuchs und kreativer Köpfe sowie die tatsächlich neuartige Kategorie der „Best Adaption“ sind Grundpfeiler auf denen der Deutsche Entertainment Award - verbunden mit einer gelungen Happy Hour-Party - aufbauen kann. Kniffliger wird dafür schon im kommenden Jahr die Kategorie „Best Development“, denn nur eins der fünf diesmal nominierten Formate ist tatsächlich in den vergangenen zwölf Monaten entstanden. Man schöpfte also mal aus dem Vollen und nominierte, egal wie neu die Entwicklungen waren.
Jetzt muss die Branche in den kommenden Monaten beweisen, wie viel Energie innerhalb eines Jahres in ihr steckt, wobei das nicht allein an den Produktionsfirmen liegt. Hier sind insbesondere die auftragegebenden Sender gefordert - und die Plattformen, wie Constantin Entertainment-Geschäftsführer Otto Steiner auch auf der Bühne betonte: „Die Streamer bereichern unsere Landschaft.“ Denn längst ist Streaming keine Domäne ausschließlich für die Highend-Fiction, wie viele weitere Gäste an diesem sommerlichen Abend erfreut bemerken. Die non-fiktionale Unterhaltung mausert sich.