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59 Jahre - so hoch war das Durchschnittsalter des TV-Publikums in Deutschland im ersten Halbjahr 2022. Und erreichte damit einen neuen Höchststand. Damit setzte sich ein Trend der letzten Jahre nahtlos fort - denn in den letzten fünf Jahren wurde mit jedem Jahr auch das TV-Publikum ein Jahr älter: 2017 lag der Durchschnitt noch bei 54 Jahren, 2018 bei 55, 2019 bei 56, 2020 bei 57, 2021 dann bei 58 Jahren. Zwischen 2002 und 2012 war das Durchschnittsalter innerhalb von zehn Jahren hingegen lediglich von 49 auf 51 Jahre gestiegen.

Hier spiegeln sich drei Entwicklungen wider: Zum Einen gibt es natürlich die allgemeine demografische Entwicklung in Deutschland. Fast jeder zweite Deutsche ist inzwischen über 50 Jahre alt, wohingegen Ende 2021 nur noch zehn Prozent der Gesamt-Bevölkerung zwischen 15 und 24 Jahren alt waren - so wenige wie noch nie. Dass das TV-Publikum aber noch deutlich stärker altert als die Allgemeinbevölkerung ohnehin schon, hängt mit dem Wandel der Mediennutzung zusammen.

Anstelle des klassischen linearen Fernsehens werden insbesondere in den jüngeren, aber längst auch in den mittleren Altersgruppen immer stärker Streaming-Dienste ebenso wie auch Mediatheken der Sender genutzt. Und dazu kommt noch ein dritter Effekt: Während die Jüngeren immer weniger linear fernsehen, läuft das TV-Gerät bei den Älteren auch noch immer länger - sodass sie letztlich einen stark steigenden Anteil der gesamten TV-Nutzung beisteuern.

Wie massiv diese Entwicklung ist, lässt sich an der Entwicklung der durchschnittlichen Sehdauer in den unterschiedlichen Altersgruppen ablesen. Im ersten Halbjahr 2022 lag die insgesamt bei 202 Minuten pro Tag. Doch während der Fernseher bei den Über-50-Jährigen im Schnitt 325 Minuten und somit fast fünfeinhalb Stunden täglich lief, waren es schon bei den 30- bis 49-Jährigen nur 143 Minuten, bei den 14- bis 29-Jährigen sogar nur noch 55 Minuten - wobei die Entwicklung im zweiten Halbjahr natürlich noch abzuwarten bleibt, im Dezember dürfte die Fußball-WM wohl noch einen zusätzlichen Effekt vor allem auch in jüngeren Altersgruppen haben.

Durchschnittliche Sehdauer

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Quelle: AGF/GfK; Aufbereitung: DWDL
dwdl.de/zahlenzentrale
Gesamt
14-29
30-49
50+

Quelle: AGF Videoforschung in Zusammenarbeit mit GfK; VIDEOSCOPE 1.4, 01.01.2002-30.06.2022, Marktstandard: AGF-Standard\TV

Dabei blieb die Sehdauer bei den 14- bis 29-Jährigen zwischen 2002 und 2012 noch ziemlich konstant, bei den 30- bis 49-Jährigen legte sie sogar zu. Erst danach kam mit dem Eintritt der Streamingdienste in den deutschen Markt - Netflix startete hierzulande 2014 - der Bruch in den jüngeren Altersgruppen, besonders extrem bei den 14- bis 29-Jährigen, aber auch in der Altergruppe 30-49 ging die TV-Sehdauer seither sukzessive zurück. Wichtig: Nicht berücksichtigt ist hier, wenn TV-Inhalte in den Mediatheken angesehen werden, es geht wirklich rein um den linearen TV-Konsum.

Tatsächlich droht die durchschnittliche Sehdauer in der jungen Altersgruppe der 14- bis 29-Jährigen nun also im Linearen erstmals unter die Ein-Stunden-Marke zu fallen, im vergangenen Jahr wäre es schon fast soweit gewesen, hier waren es im Schnitt nur noch 62 Minuten - satte 13 Minuten weniger als 2020. Zum Vergleich: 2012 lief der Fernseher im Schnitt hier noch 137 Minuten pro Tag. Binnen zehn Jahren beträgt das Minus somit fast 60 Prozent, selbst binnen fünf Jahren ist es fast eine Halbierung.

Dabei hatte es 2020 ja noch einen Pandemie-Effekt gegeben: Das hohe Informationsbedürfnis vor allem während des ersten Lockdowns hatte die lineare Nutzung damals steigen lassen, kurzzeitig auch bei den Jüngeren. Doch eine tatsächlich steigende Sehdauer aufs ganze Jahr gesehen wurde nur bei den Menschen über 30 Jahren festgestellt, in der ganz jungen Altersgruppe wurde nur der Abwärtstrend leicht gebremst, setzte sich ein Jahr später aber um so steiler wieder fort. Inzwischen ist der Effekt gänzlich verflogen, wie die Detail-Auswertung der AGF für die Jahre 2017 bis 2022 zeigt.

Durchschnittliche Sehdauer (2017-2022)

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Quelle: AGF/GfK; Aufbereitung: DWDL
dwdl.de/zahlenzentrale
Gesamt
14-29
30-49
50+

Quelle: AGF Videoforschung in Zusammenarbeit mit GfK; VIDEOSCOPE 1.4, 01.01.2002-30.06.2022, Marktstandard: AGF-Standard\TV

In Teil 2 unserer Anlayse betrachten wir, wie sich die Sender im Einzelnen entwickelt haben - und wieso es gar nicht unbedingt hilfreich ist, wenn ein Sender den "Jungbrunnen" entdeckt.