Für "Big Brother" ist dieser 4. März ein durchaus wichtiges Datum. Hierzulande kehrt das Reality-Projekt, das mit seiner am 28. Februar 2000 gestarteten ersten Staffel deutsche Fernsehgeschichte schrieb, mit einer Normalo-Staffel zurück. Brauchte es einst nur elfeinhalb Jahre, um elf Staffeln zu senden, liefen seit Herbst 2011 nur zwei "Big Brother"-Staffeln in Deutschland – eine 2015 im Spätprogramm von Sixx und eine zu Beginn der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 im Sat.1-Vorabendprogramm. Während "Big Brother" hierzulande zurückkommt, ist im Vereinigten Königreich "Celebrity Big Brother" ein großes Thema. Die erste Staffel seit 2018 beginnt ebenfalls am Montag, nun nicht mehr bei Channel 5, sondern bei ITV, wo sich vergangenen Herbst ein Normalo-"Big Brother" mit im Schnitt 1,7 Millionen Zusehenden sehr ordentlich schlug.

Fabian Tobias © Endemol Shine Germany Fabian Tobias
Auch in Deutschland ändert sich der Anbieter, zumindest, wenn man täglich dabei sein will. In erster Linie entsteht die nun 14. "Big Brother"-Staffel für Joyn, Einzug und Entscheidungsshows sendet aber auch Sat.1 – und schließt an die Live-Sendungen montags bis tief in die Nacht auch die Tageszusammenfassungen der vorangegangenen Woche an. Tagesaktuell sind diese, für alle, die auch von Dienstag bis Sonntag auf dem aktuellen Stand des Containertreibens bleiben wollen, immer ab zirka 21 Uhr auf der Streamingplattform kostenfrei verfügbar. Ein Abo braucht, wer den 24-Stunden-Livestream aus dem Container anschauen will. Vor dem Start der Staffel sparten die Macher erneut nicht an Superlativen.

 

Alles kann zu jeder Zeit passieren – Herausforderungen, Nomis, Exits. Das werden die Bewohner schon gleich am ersten Tag merken, ohne zu viel zu verraten. Fabian Tobias, Geschäftsführer Endemol Shine Germany

 

"Unberechenbarer denn je" soll "Big Brother" nun werden, alles könne "zu jeder Zeit passieren", kündigt Fabian Tobias, Chef der Firma Endemol Shine Germany, die das Format zusammen mit Rainer Laux Productions herstellt, im exklusiven Gespräch mit DWDL.de an. Zudem sei ein Cast gefunden worden, den es so in dieser Konstellation "noch nicht bei 'Big Brother' oder überhaupt gab".

Big Brother Cast 2024 © Sat.1 / Willi Weber Der 17-köpfige Cast von "Big Brother" 14

Prompt fällt auf: Mit gleich 17 Personen, die nun in den Container einziehen, ist der Cast in der Tat so groß wie nie zuvor. Eine natürlich sehr bewusste Entscheidung, die auch auf die Rückbesinnung des Konzepts einzahlen soll. "Dies soll vor allem der Isolation dienen: Ohne Nachrücker gibt es auch kein Feedback aus der Außenwelt. Außerdem macht das die Herausforderung noch stärker: So viele Personen auf so engem Raum hatten wir noch nie. Bei unseren sehr unterschiedlichen Charakteren wird das sicher einiges auslösen", sagt Tobias.

Der Cast: Bisher "abseits der Öffentlichkeit"

Versprochen wurde, dass "ganz normale Menschen" einziehen. Tobias nennt sie "Personen, die abseits der Öffentlichkeit stehen und mit denen sich unsere Zuschauenden identifizieren können." Das war übrigens auch zuletzt stets das Versprechen - wurde aber, etwa mit Blick auf die Sixx-Staffel nicht in allen Einzelfällen eingehalten. Die neuen Bewohnerinnen und Bewohner: Sie sind zwischen 20 und 59, wahlweise Personalerin, Journalismus-Student, Verkäufer im Vertrieb, Illustrator, Maler und Lackierer oder Gastronomen. Mit der 49-Jährigen Angela ist auch die Nichte des ehemaligen UNO-Generalsektretärs Kofi Annan am Start – eine Person verdient ihren Lebensunterhalt zudem bei Only Fans. Näher soll der Cast der Öffentlichkeit bis dato nicht gewesen sein, "Menschen mit spannenden Geschichten und Hintergründen" nennt Tobias die Teilnehmenden.

Um diese zu finden, wurde intensiv gesucht. Von rund 8000 Bewerbungen spricht der Chef der Produktionsfirma und dann von stundenlangen Telefoninterviews, Online-Castings und Life-Castings, "bei denen die Bewerberinnen und Bewerber nie aufeinandertreffen durften, was eine logistische Challenge war. Erst vor laufender Kamera werden sich alle Kandidatinnen und Kandidaten das erste Mal begegnen." Das Ergebnis sei ein Cast aus faszinierenden Menschen, "die eine starke Dynamik ins Haus bringen werden."

BB Haus 2024 © Sat.1 / Willi Weber

Big Brother 2024 © Sat.1 / Willi Weber Schon von "Promi Big Brother" im Herbst 2023 bekannt: Der Container.

Ihre Behausung bis in den Juni hinein dürften die 17 derweil schon kennen. Sie ziehen in den nur im Detail veränderten Container ein, der schon bei "Promi Big Brother" im zurückliegenden Herbst genutzt wurde und der für "totale Isolation" sorgen soll, wie Fabian Tobias verspricht. Die "totale Isolation" ist in der Tat eine Abkehr vom Konzept der 13. Staffel. 2020 hatte man in der Sat.1-Staffel genau diese nämlich aufgeweicht. Über ein Sterne-System wurden Kandidatinnen und Kandidaten vom Publikum fortlaufend bewertet, sie bekamen regelmäßig zu sehen, wo sie gerade ranken.

 

Wir sind eindeutig der Überzeugung, dass der Kern von „Big Brother“ Isolation ist, kein Kontakt zur Außenwelt, und eine gewisse „Härte“, im Haus durchzukommen. 

 

Öffentlich will Fabian Tobias nicht konkret über Fehler, die 2015 oder 2020 gemacht wurden, sprechen. "Ich arbeite schon lange daran, die Fehlerkultur in unserer Company zu entwickeln, denn wenn wir offen, klar und vertrauensvoll über alles sprechen, machen wir eine steile Lernkurve und sind als Produzentenhaus am besten. Das tun wir dann wiederum aber gerne in geschützten Räumen", sagt der Fernsehmacher und wird in einem Punkt dann eben doch konkret. "Wir sind eindeutig der Überzeugung, dass der Kern von 'Big Brother' Isolation ist, kein Kontakt zur Außenwelt, und eine gewisse 'Härte', im Haus durchzukommen. Denn dann erleben wir echte Heldenreisen unter den Bewohnerinnen und Bewohnern und am Ende der 100 Tage eine strahlende Gewinnerin oder einen strahlenden Gewinner, der die Schlacht wirklich geschlagen hat." Hier habe man das Format in den vergangenen Staffeln "auch mal etwas aufgeweicht und gelernt, dass gewisse Elemente riskant sein können".

Der "Das könnte ich sein"-Faktor

Jetzt, 2024 und somit 25 Jahre nach dem Start der international ersten Staffel des Großen Bruders, sieht Tobias auch in Deutschland die Zeit wieder reif für das Comeback des Ur-Formats. "Menschen, die nicht im Rampenlicht stehen, lösen schließlich eine besondere Faszination beim Publikum aus: Hohes Identifikationspotential, der 'das könnte ICH im Haus sein'-Faktor und unendlich viele spannende Geschichten."

Genau das wäre Grundlage dafür, dass die Quote steigt – nicht nur die Im TV, sondern auch die Zehn-Jahres-Quote des Formats. Mit durchschnittlich nur einer neuen "Big Brother"-Staffel alle fünf Jahre besteht hier Luft nach oben, auch wenn Tobias die in diesem Zeitraum jährlich gelaufene Marke "Promi Big Brother" anspricht. Für die Zukunft gibt er sich optimistisch, was weitere "Big Brother"-Staffeln angeht. "Wir beschäftigen uns intensiv mit dem Zeitgeist des Entertainments und dieser spricht für authentische Reality – aber am Ende entscheidet es das Publikum. Wir haben über unsere starke internationale Vernetzung durch die Banijay Group echte Insights, wie das Format gerade weltweit performt: Es ist aktuell in sechs Ländern on air und hat in UK die beste Quote seit 2010 erreicht", sagt er. "Rainer Laux und sein Team waren sowohl in UK, als auch in den Niederlanden vor Ort und pflegen einen intensiven Austausch mit den 'Big Brother'-Profis weltweit." Kopieren wolle man nicht, sagt Tobias, aber profitieren, etwa von Insights, was Technik und Abläufe angeht, sagt Tobias wohl wissend, dass die Konkurrenz auf dem Reality-Sektor heute eine völlig andere ist als noch vor 20 Jahren.

"Big Brother" wird, so wie es 2024 konzipiert ist, weiterhin als Generalist unter vielen sehr spitzen Realityformaten daher kommen. Mit einem Cast, der fast 30 Jahre Altersunterschied mit sich bringt, mit Menschen aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Schichten – womöglich auch mit unterschiedlichen Zielen – eine klare Abgrenzung zu Dating-Realitys oder den diversen Promi-Reality-Shows, die zu Hauf produziert werden. "'Big Brother' kann seine Position dann am besten ausspielen, wenn wir große Geschichten über Liebe, Freundschaft, Intrigen, Spannungen und Konflikte im Container erzählen. Genau das stellt doch die Stärke von 'Big Brother' dar: Alle Reality Genres, die das Publikum vor den Bildschirm lockt, in einem Format vereinen zu können", sagt jedenfalls Fabian Tobias. Und dann, gäbe es da ja auch noch "Big Brother" als Hausherr, der wie immer eine diebische Freude daran haben werde, die Geschicke im Haus zu beeinflussen. 

Zumindest in begrenztem Maße. Denn "Big Brother" bleibt auch 24 Jahre nach seinem Start in Deutschland ein Experiment mit unklarem Ausgang. Allen Castings, allen Überlegungen und allen Konzepten zum Trotz: Die Dynamik der 14. Staffel wird sich auch diesmal nicht vorhersagen lassen. Ohne Risiko bleibt "Big Brother" somit nicht. Auch das macht diesen 4. März für die Marke "Big Brother", national wie international, so bedeutsam.