Die Frage, ob klassische Studioproduktion im KI-Zeitalter noch eine große Zukunft hat, scheint für Tyler Perry längst beantwortet. Der amerikanische Filmstar, Produzent und Studiobetreiber wollte seinen bestehenden Komplex in Atlanta eigentlich um zwölf weitere Studios vergrößern und 800 Millionen Dollar in die Expansion investieren. Doch Mitte Februar stoppte er abrupt seine Pläne – nachdem er eine Demonstration des Videogenerators Sora von ChatGPT-Betreiber OpenAI gesehen hatte. Er sei geschockt, sagte Perry dem "Hollywood Reporter". Künftig brauche es keine physischen Dreharbeiten mehr, das werde alles im Büro am Computer zu erzeugen sein.
Weitaus weniger radikal klingt es, wenn der Kölner Studioboss Nico Roden über die KI-Zukunft spricht. Darauf, dass die neuen Tools den Produktionsprozess in Film und Fernsehen massiv verändern werden, stellen sich die von ihm geleiteten MMC Studios bereits ein. Schon heute komme in der Postproduktion regelmäßig künstliche Intelligenz zur Nachbearbeitung von Bild und Ton zum Einsatz, sagte Roden als Gastgeber der Veranstaltung "Coloneum Connects". Dass man als Studiobetreiber auf absehbare Zeit überflüssig werde, könne er sich hingegen nicht vorstellen.
Ganz im Gegenteil: Die MMC setzt verstärkt auch auf den Gegenpol zur fortschreitenden Virtualisierung – auf das menschliche Bedürfnis nach persönlicher Begegnung. Eines der 23 Studios im Köln-Ossendorfer Coloneum – das 940 Quadratmeter große Studio 50 – wurde daher aus der TV-Vermarktung herausgenommen und wird fortan ausschließlich als Event-Location angeboten. Neben der Nähe zu Shows wie "Let's Dance" oder "The Masked Singer" will man vor allem mit dem praktischen Vorzug punkten, dass Licht, Sound und LED-Wände nicht erst umständlich eingebaut werden müssen. Erster Kunde war der Kofferhersteller Rimowa, der im Studio 50 schon am Tag vor der offiziellen Einweihung eine Betriebsversammlung abhielt.
Die abendliche Eröffnung mit 650 geladenen Gästen aus der Medien- und Eventbranche nutzte Roden, um Technologieoffenheit zu demonstrieren: "Wir umgeben uns gezielt mit Leuten, die sich mit K I auskennen und uns sagen können, was Sinn macht und was nicht." Konkret arbeite man etwa an einer KI-basierten Stromregulierung für die TV-Studios, wo es je nach Einsatz von Licht und Klimaanlage immer wieder zu kurzfristigen Spitzenbelastungen kommen kann. "Teuer wird es, wenn wir theoretisch bis zu 800 Kilowatt brauchen könnten und diese dann die ganze Zeit vorhalten", so Roden. "Eine dynamische, daten- und verlaufsbasierte Bedarfsplanung könnte Abhilfe schaffen."