Weil es heutzutage in den meisten Fällen nicht mehr reicht, als Quizshow einem Kandidaten oder einer Kandidatin schlicht Fragen zu stellen, müssen die Teilnehmenden immer häufiger gegen bestimmte Gegner antreten. Besonders beliebt ist es dabei, eine Person gegen ein ganzes Land spielen zu lassen. Das erhöht die potenzielle Fallhöhe. So ist es auch beim neuen RTL-Quiz "Schlauer als Alle", das diesen Kniff sogar im Untertitel der Sendung trägt: "Schlägst du Deutschland?", heißt es da. 

Doch was kann das von Sonja Zietlow moderierte Quiz wirklich? Und vor allem: Ist es besser als andere Formate aus diesem Genre? 

Die gute Nachricht für alle Quiz-Fans: "Schlauer als Alle" ist durchaus gut gemachtes Fernsehen. Die Sendung sorgt für kurzweilige Unterhaltung und basiert auf einem simplen Spielprinzip. Die Teilnehmenden treten nacheinander gegen 10 aus insgesamt 40 verschiedenen Bevölkerungsgruppen an. Von denen sitzen ausgewählte Vertreterinnen und Vertreter im Studio, also etwa Influencer, Journalisten, Beamte, Katzenbesitzer, Lottospieler oder auch Polizisten. Dabei können sich die Einzelkämpfer aussuchen, in welcher Kategorien sie gegen die jeweilige Bevölkerungsgruppe antreten - am Ende müssen sie immer eine Frage mehr richtig beantwortet haben als der Schnitt der Gruppe. Im Finalspiel winken 100.000 Euro. 

Die eigentlichen Spielrunden sind gut umgesetzt, weil RTL und die zuständige Produktionsfirma Tresor TV (das Format stammt aus dem Katalog von Tresor-Mutter Keshet) auf Tempo setzen. Die Kandidatinnen und Kandidaten müssen innerhalb von 90, 75 oder auch nur 60 Sekunden 10 Fragen möglichst richtig beantworten - Hauptsache sie haben mehr als die Personen aus der ausgewählten Bevölkerungsgruppe. Und so geht’s für die Teilnehmenden unter anderem gegen Lottospieler, LKW-Fahrer, Influencer, IT-Spezialisten und Krankenschwestern, gespielt wird in Kategorien wie Stadtstaaten, Filmsagen, Haustiere oder auch Weltmeere, deutsche Moderatoren und Gewürze. 

Zu viele Balken und Gespräche

Das ist alles flott gemacht und lässt sich gut ansehen. Tempo verliert "Schlauer als Alle" leider unnötigerweise an anderen Stellen. So wird vor jeder Runde ein Balken eingeblendet, der zeigt, wie viele Antworten die ausgewählte Bevölkerungsgruppe erzielt hat. Der langsam größer werdende Balken wäre zwei oder drei Mal nett gewesen, weil er aber immer wieder zum Einsatz kommt, stört er irgendwann, weil dadurch nur bedingt Spannung erzeugt wird. Auch die langwierigen, weil einstudierten Gespräche zwischen den Spielrunden könnten gerne gestrafft werden. 

Optisch macht das neue RTL-Quiz durchaus etwas her, weil sich vor Zietlow und den jeweiligen Kandidaten eine große LED-Wand erstreckt, auf der das Spielgeschehen für alle schön übersichtlich dargestellt wird. Und auch der Cast stimmt: Die drei Teilnehmenden der ersten Folge sind eine gute Mischung aus Nerds und unterhaltsamen Charakteren. Das liegt auch daran, weil sie teilweise in Quizvereinen spielen und daher auch ab und zu schon mal im Fernsehen zu sehen gewesen sind. Als der erste Spieler sagt, Lottospieler seien gute Gegner, weil sie wenig mit Fakten am Hut hätten, geht ein Raunen durchs Publikum. Und Beamte? Die haben natürlich viel Zeit, um sich auf eine solche Sendung vorzubereiten. 

Schlaue als Alle © RTL / Ralf Juergens Die große LED-Wand macht einiges her

Es ist natürlich auch eine Sendung, die mit Klischees und Vorurteilen spielt. Das ist insofern ganz schön gemacht, weil man dadurch auch seine eigenen Vorurteile gegenüber bestimmten Bevölkerungsgruppen abklopfen kann. Und immer wieder kommt es zu vermeintlichen Überraschungen, wenn zum Beispiel in der Kategorie Märchen plötzlich die Heavy-Metal-Fans die stärkste Bevölkerungsgruppe sind. Dabei liegt es in der Natur der Sache, dass es gewisse Gruppen gibt, über die es mehr Vorurteile gibt als andere. Oder durch was zeichnen sich Linkshänder und Brillenträger aus?

Rundere Sache als "Die perfekte Reihe"

Sonja Zietlow führt grundsolide durch die Sendung, auch wenn ihre Gespräche mit den Kandidatinnen und Kandidaten nicht immer sehr authentisch wirken. Immerhin erfährt man, was ihr Lieblingsgewürz ist und wieso selbst sie Günther Jauch nicht duzen darf. Als in der Kategorie Models Heidi Klum, Kate Moss und Naomi Campbell als Antwortmöglichkeiten zur Auswahl stehen, sagt Zietlow: "Nicht die aktuellsten". Bei ProSieben würde man das vermutlich anders sehen, das bemerkt auch die Moderatorin schnell und ruft: "Das schneiden wir raus!"

Um im Hinblick auf die lineare Ausstrahlung der ersten Folge von "Schlauer als Alle" nicht zu viel zu verraten, nur so viel: Auch den Cliffhanger am Ende des Auftaktepisode hat Tresor TV gut hinbekommen. Und in jedem Fall ist die Show spannender inszeniert und lädt mehr zum Mitmachen ein als "Die perfekte Reihe". Das Hartwich-Quiz hatte RTL in den zurückliegenden drei Wochen getestet - das Ergebnis war allerdings enttäuschend. Nun darf Sonja Zietlow ihr Glück am Montagabend versuchen. Und wenn das alles nichts hilft, nimmt man bei RTL demnächst einfach wieder Günther Jauch ins Programm.  

Zwei Folgen von "Schlauer als Alle" zeigt RTL im linearen Programm am Montagabend ab 20:15 Uhr. Die erste Ausgabe gibt es bereits bei RTL+ zu sehen.