Welches Gerücht macht gerade Hollywood verrückt?

Dass nach Paramount (bestätigt) nun auch möglicherweise Netflix (Gerücht) ein Kaufangebot für Warner Bros. Discovery prüft. Der Kontext: WBD plant die Aufspaltung in zwei börsennotierte Einheiten (Studios/Streaming vs. TV-Networks). Das erleichtert theoretisch Teilverkäufe an verschiedene Bieter. Paramount wird vermutlich für das Ganze bieten, um schnell zu sein. Für Netflix wäre sicherlich nur die Studios/Streaming-Einheit interessant. Beide Deals müssten so oder so sicherlich mit langwierigen und komplexen kartellrechtlichen Prüfungen rechnen. Aber warum könnte an dem Gerücht etwas dran sein? Nun, Warner Bros. brächte 100 Jahre Storytelling-DNA, Beziehungen zu Kreativen und einen der wertvollsten Kataloge der Welt mit ein. „Batman“ (das ganze DC Universum), „Harry Potter“, „Friends“, „The Sopranos“ – das sind wahrlich globale Marken. Und IP-Building war bisher nicht Netflix’ allergrößte Stärke. Auf der anderen Seite gibt es gute Argumente, die gegen einen solchen Deal sprächen. Erstens ist Netflix ein fokussiertes, schlankes Unternehmen. WBD ist da ein ganz anderes Kaliber. Integration kostet Zeit, und da Netflix bislang nicht als größerer Käufer aufgetreten ist, ist fraglich, ob es jetzt in das Geschäft der Integration eines Major Studios einsteigen will. Zweitens ist die Bewertung von Netflix sehr hoch (Donnerstag 513,4 Milliarden US-Dollar). Man könnte also argumentieren, dass der Erwerb von WBD (48,97 Milliarden US-Dollar) diese Bewertung verwässern und akquisitionsbedingte Risiken erhöhen könnte. Und drittens gibt es die politische Dimension. Reed Hastings ist ein lautstarker Unterstützer der US-Demokraten. Es wäre nicht schwer vorstellbar, dass Wettbewerbsbedenken genutzt würden, um das Vorhaben auszubremsen. Es bleibt natürlich dennoch spannend, ob es zu einem Bieterwettstreit kommt. Und ob es dann, wie es ein amerikanischer Kommentator ausdrückte, so kommt, dass Warner-CEO David Zaslav „walks away laughing all the way to the bank.“ Die Warner-Aktie feiert derzeit auf jeden Fall eine Kursrallye: seit dem 10. September +58,1 % in zehn Handelstagen.

Seinen Ursprung hatte das Netflix-Gerücht übrigens hier

Und welche strategischen Moves macht derweil das Silicon Valley?

Na solche, die die M&A Bestrebungen weiter im Süden Kaliforniens fast wie Peanuts aussehen lassen. Das wertvollste Unternehmen der Welt (am Donnerstag 4,326 Billionen US-Dollar), der weltgrößte Anbieter von KI-Prozessoren, Nvidia, hat zuletzt gleich zweimal aufhorchen lassen. Vergangene Woche mit der Ankündigung eines fünf Milliarden Dollar schweren Einstiegs beim kriselnden Chip-Rivalen Intel (die Nvidia-Aktie legten nach Bekanntgabe des Vorhabens deutlich zu). Und nun folgte diese Woche ein „Letter of Intent“ für eine weitere Großpartnerschaft. OpenAI soll mindestens 10 GW Nvidia-Systeme beziehen. Im Gegenzug plant Nvidia Investitionen von bis zu 100 Milliarden US-Dollar in OpenAI, die parallel zur Auslieferung der Systeme fließen sollen. Das nenne ich mal kluges „circular financing.“ Fokus der Zusammenarbeit ist das Training und Serving der nächsten OpenAI-Modelle. Kurz gesagt: Nvidia vertieft mit Intel die Hardware-Ko-Entwicklung und sichert sich mit OpenAI einen Mega-Abnehmer samt Kapitalbindung. Es baut quasi einen doppelseitigen Burggraben, über System-Kontrolle (Intel-Partnerschaft) und Nachfragelock-in (OpenAI-LOI). Eine clevere Strategie - für Nvidia. Für die verbliebenen Wettbewerber (ja, es gibt welche) sind das indes keine guten Nachrichten. Und die Abhängigkeit der KI-Branche von dem einen, übermächtigen Anbieter steigt so weiter ins nahezu Unermessliche.

Mehr zu der Zusammenarbeit mit OpenAI hier

Doch zurück nach Hollywood.

Welches weitere, asiatische Popkultur-Phänomen erobert die Welt gerade im Sturm?

Nach den koreanischen „K-Pop Demon Hunters“ bei Netflix, über die ich hier schon berichtet habe, kämpft jetzt der japanische Film „Demon Slayer: Kimetsu no Yaiba - Infinity Castle (Part1)“ im globalen Kino (internationaler Vertrieb Sony Pictures/Crunchyroll) gegen das Böse. Trotz des mehr als sperrigen Titels ist der Siegeszug zum weltweit erfolgreichsten Anime-Film aller Zeiten bereits nach kurzer Zeit vollendet. Worum geht es? „Demon Slayer: Infinity Castle“ ist der neueste Teil eines Anime-Franchises, das auf einem beliebten Manga basiert und die TV-Serie „Kimetsu no Yaiba“ sowie mehrere miteinander verknüpfte Filme umfasst. Das Projekt wurde 2024 in Japan als erster Teil einer neuen Film-Trilogie angekündigt. In den USA eröffnete der Film nun mit einem Rekord-Startwochenende von rund 70 Millionen US-Dollar und liegt mittlerweile bei etwa 100 bis 105 Millionen US-Dollar Domestic Box Office. Weltweit steht der Film, je nach Quelle, bei rund 560 bis 666 Millionen US-Dollar. Hierzulande startete er am 18. September auch direkt auf Platz 1. Den Inhalt erspare ich euch, da den wohl nur Fans des Franchise verstehen. Aber die sind völlig aus dem Häuschen. Ein deutscher Fanboy schreibt bei YouTube: Der Film sei „nichts Geringeres als die Königsklasse des Anime-Kinos. Dieser Film zeigt in jeder Einstellung, in jeder Bewegung, in jedem Detail, was dieses Medium leisten kann, wenn Vision, Technik und Herzblut in absoluter Perfektion verschmelzen.“ Und Hollywood? Reibt sich zum zweiten Mal innerhalb kürzester Zeit die Augen. Aber ja, auch asiatisch kulturkodierte Stoffe können global rocken. Ein Studio-Boss sagte wohl verwundert: "What is going on with this ‚Demon Slayer‘ thing?“ Nun, über K-Pop und Anime wissen sie spätestens jetzt Bescheid.

Mehr Details zum Erfolg hier

Was fand ich diese Woche lustig und mutig zugleich?

Den „Weimatar.“ Der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), Staatsminister Wolfram Weimer, hat den „Weimatar“ vorgestellt, einen KI-Avatar, der Weimer in Videos mehrsprachig „vertritt.“ Das Ziel sei eine schnellere, skalierbare Regierungs-Kommunikation nach außen (mehrsprachige Statements in sozialen Medien) und die praktische Nutzung nach innen (z. B. Schulungsvideos). Technische Basis ist Synthesia, eine in London ansässige Enterprise-Plattform für KI-Videos. Das erste Video adressiert u. a. die Gefahren von TikTok (auf Chinesisch), einen Antisemitismus-Verdacht in Gent (Flämisch), die deutsch-polnische Freundschaft (Polnisch) sowie die Rolle von arte und der Deutschen Welle gegen Desinformation (Französisch). Offiziell wird betont: dies sei kein Deepfake, sondern ein politisches Experiment mit „fairer KI“ im Dienst demokratischer Öffentlichkeit. Soweit so gut. Die Reaktionen auf den Linkedin-Post des BKM sind gemischt, von gelungen und mutig bis bemüht und peinlich. Nun, ich finde es richtig auch in der Kommunikation neue Wege zu gehen. Etwas auszuprobieren. Und ich begrüße, dass Weimer KI umarmt, ohne dabei gegenüber der Technologie unkritisch zu sein. Ich bin gespannt, ob das Experiment Schule macht. Und was dann ein möglicher „Merzatar“ über Donald Trump zu sagen hätte.

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Und womit ist möglicherweise wirklich technologisch endlich ein Durchbruch gelungen?

Mit der „Meta Ray-Ban Display“ Smart-Brille, vorgestellt im September auf der „Meta Connect 2025“. Es ist die erste Ray-Ban-Brille von Meta mit integriertem, halbtransparentem In-Lens-Display (rechtes Auge). Sie zeigt Benachrichtigungen, Übersetzungen, Wegweiser, Foto-Previews und gibt natürlich auch Antworten von Meta AI. Das kann also alles mit einem „kurzen Blick“ konsumiert werden, Handy-Zücken ab sofort überflüssig. Und, dein Gegenüber kann nicht sehen, ob du das Display an hast oder nicht (was ich ein bißchen creepy finde). Mit im Paket kommt das sogenannte Meta Neural Band (EMG-Wristband) für die Gesten-Steuerung der Brillen-Funktionen auf den Markt. Ende September in den USA, weitere Länder dann erst 2026. Interessant finde ich der Startpreis. Mit „nur“ 799 US-Dollar zielt man offensichtlich auf alle Apple-Tech-Aficionados, die schon für manches ihrer iPhones mehr bezahlt haben dürften. Ob sich das Produkt durchsetzen wird, steht natürlich auf einem anderen Blatt, und somit auch die möglichen gesellschaftlichen Folgen. Wird die Menschheit endgültig zu digitalen Zombies mutieren, die im öffentlichen Nahverkehr stumm, bebrillt mit ihren Händen komische Bewegungen machen? Oder werden viele diesen Schritt nicht mitgehen, weil es ihr Smartphone weiter tut, und weil „Disconnectivity“ digitale Detoxifikation und somit auch Freiheit bedeutet? Die Zukunft wird es zeigen.

Eine ausführlichere Besprechung, was die Brille kann, findet ihr hier