Über welche Firma wollte ich hier schon längst mal geschrieben haben?

Über die, die „Business Insider“ so beschreibt: „Das stillste Einhorn der Welt lebt im Schwarzwald“, aka Black Forest Labs. Sie ist ein Paradox unserer KI-Zeit. Ein Unternehmen aus Freiburg, das ohne Klamauk die Schlagzeilen dominiert. Während Google seine Modelle in die eigene Plattform-Ökonomie einwebt und Midjourney sich als geschlossene Community-Erfahrung inszeniert, setzt BFL bei seinem Bild-KI-Modell FLUX auf zwei Eigenschaften, die in der Praxis zählen: Konstanz (Figuren, Stile, Logos bleiben über Prompts hinweg stabil) und präzises Prompt-Following, inklusive schneller, zielgenauer Edits und sauberem Text im Bild. Das wirkt weniger spektakulär als die großen Demos der Konkurrenz, löst aber genau die Probleme, an denen Marken, Agenturen und Studios täglich scheitern. BFL verdient sein Geld ziemlich geradlinig: Unternehmen können FLUX wie eine Art Stromzähler nutzen und pro Einsatz bezahlen – ideal, wenn man schnell starten will. Wer mehr Kontrolle über Daten, Markenrichtlinien und Abläufe braucht, holt sich FLUX als lizenzierte Version ins eigene System und betreibt es intern. Ergänzend steht FLUX in großen Cloud-Shops wie bei Microsoft, wodurch der Einkauf so unkompliziert wird wie bei Standard-Software. Für große Marken schneidet BFL das Modell zudem auf Maß zu, damit Bildwelten, Logos und Stile zuverlässig konsistent bleiben, so wie im vielzitierten Beispiel der Deutschen Telekom, die ein eigenes, markenspezifisches FLUX nutzt. Kurz: weniger „AI-Show“, mehr operativer Nutzen, der sich in Asset-Pipelines vielfältig monetarisieren lässt. Rund um die Firma kreisen seit Ende September Gerüchte, eine neue Runde über 200 bis 300 Millionen US-Dollar sei auf dem Weg, bei einer Bewertung von sage und schreibe um die vier Milliarden. Nun, bestätigt ist das nicht. Bemerkenswert ist es trotzdem, weil es BFL in die Spitzengruppe europäischer KI-Player katapultieren würde. Und es erklärt, warum man in Freiburg so still bleibt. Wer liefert, muss nicht trommeln. Während die Giganten um Benchmarks und Reichweiten wetteifern, verkauft BFL das, was Kreativ- und Marketingabteilungen wirklich brauchen: schnelle, wiederholbare Ergebnisse, mit der Ruhe eines Teams, das aus der Forschung kommt und seine Produkte sprechen lässt. Ich finde das sehr sympathisch.

Welche Zahlen haben mich beeindruckt?

Alphabet (Google) hat die Quartals-Schallmauer durchbrochen: 102,3 Milliarden US-Dollar Umsatz, getrieben von einer wieder beschleunigten Suche und einer Cloud, die mit plus 34 Prozent auf 15,2 Milliarden zulegt. Psychologisch bemerkenswert: Apple liegt mit 102,5 Milliarden im Fiskal-Q4 praktisch gleichauf. Zwei Wege zu einem Gipfel? Ein genauerer Blick lohnt. Bei Alphabet ist der Plan KI im Vollausbau, Infrastruktur, Modelle, Produkte, und erstmals sichtbare Effekte in der Nutzung. Der „AI Mode“, inzwischen mit mehr als 75 Millionen täglich aktiven Nutzer*innen, erhöht die Zahl der Suchanfragen. Die nächste Bewährungsprobe scheint weniger der Traffic als dessen Monetarisierung. Entsprechend dreht CEO Sundar Pichai die Investitionsschraube auf: ein CapEx von 91 bis 93 Milliarden US-Dollar für 2025, das ist eine Ansage. Apple spielt dasselbe Thema jedoch in einer anderen Tonart. iPhone und Services liefern Rekorde, On-Device-KI verstärkt den Lock-in-Effekt und hebt den Nutzerwert, mit einem selbstbewussten Blick nach vorne ins Feiertagsquartal. So unterschiedlich die Architekturen sind, die Equity-Story konvergiert in einer Tatsache: KI steigert Nutzung, Nutzung bindet, Bindung monetarisiert. Bei Alphabet über Werbung plus Cloud-Attach, bei Apple über das Services-Treppchen im Ökosystem. Zwei Hunderter, zwei Strategien, ein gemeinsames Ziel. KI mit Profitabilität. Diese zwei Tech Giganten bleiben also auf Wachstumskurs. Und finden Brücken. Denn jetzt kommt der Knaller: Apple steht Gerüchten zufolge offenbar kurz vor dem Abschluss einer wegweisenden KI-Partnerschaft mit Google. Bei der langerwarteten Überarbeitung des Sprachassistenten Siri soll auf ein hochleistungsfähiges KI-Modell von Alphabet zurückgegriffen werden. Der Beginn einer wunderbaren Freundschaft?

Worüber muss ich mich hier schon wieder freuen?

Über den Erfolg deutscher Kinofilme am heimischen Box Office. Ein Wochenende für die Geschichtsbücher liegt hinter uns. Erstmals stammen alle Filme der deutschen Top 5 aus hiesiger Produktion bzw. sind mit deutscher Beteiligung. Vorneweg „Pumuckl und das große Missverständnis“ als neuer Spitzenreiter mit rund 210.000 Tickets, auf besten Wege zu den 500.000. Das ist der stärkste Start für einen Marcus-Rosenmüller- und überhaupt einen „Pumuckl“-Film, getragen von einem bayerischen Heimvorteil, der bundesweit Schule macht. Dahinter hält „Die Schule der magischen Tiere 4“ Kurs auf die 3-Millionen-Marke (bereits 2,6 Millionen), inzwischen der vierterfolgreichste Film des Jahres und schon über Teil 3 hinaus. „All das Ungesagte zwischen uns – Regretting You“ stabilisiert sich als potenzieller Langläufer mit minimalem Minus in Woche 2, „No Hit Wonder“ legt für Florian David Fitz auch sehr gut los, und Fatih Akins „Amrum“ knackt als neunter Akin die 500.000 Tickets. Bemerkenswert: sechs deutsche Titel in den Top 8, keine nennenswerte US-Produktion in Sicht. Während Evergreens wie „Das Kanu des Manitu“ weiter in Richtung fünf Millionen Besucher marschieren und Event-Kino (Depeche Mode, Springsteen) sowie etwas Halloween-Horror („Black Phone 2“) zusätzliche Farbe ins Bild bringen. Unterm Strich: ein starkes Heimspiel für Constantin & Co. und ein Signal, dass Familien-Franchises, lokale Stars und kluges Event-Programm die Kasse immer noch auch ohne die amerikanischen Tentpoles füllen können.

Und passend dazu, welche Entwicklung entbehrt nicht einer gewissen Ironie, ist aber trotzdem richtig?

Netflix, lange der lauteste Totengräber des Kinos, nutzt die Leinwand plötzlich als größten Werbeträger der Welt. Noch im April nannte Co-CEO Ted Sarandos das Kino ein „outdated concept.“ Und jetzt? Kurze, kuratierte Runs schaffen Buzz, Gemeinschaft und kulturelles “Proof of Work”, und fungieren nun als Hebel für den eigentlichen Hauptakt auf der Startseite daheim. Beispiele stapeln sich jüngst: K Pop Demon Hunters zieht an seinem Ein-Wochenende-Release 20 Millionen US-Dollar, Guillermo del Toros „Frankenstein“ läuft limitiert, Greta Gerwigs „Chroniken von Narnia“ bespielt nächstes Jahr 1.000 IMAX-Säle, und das „Stranger Things“-Finale feiert Silvester gleichzeitig Kino- und Streamingpremiere. Das ist weniger die Rückkehr zur alten Religion, sondern vielmehr ein Ritual für Konversion. Der einstige Box-Office-Zielstrich eines Films wird nun zum Startschuss des Stream-Events. Die Leinwand wird zum Display, nicht zur eigentlichen Distribution. Und, das Kino liefert soziale Beweisführung („das ist wichtig“), PR-Druck und Knappheit, die den Onlinedrop aufwertet. Ironie des Ganzen: Netflix hat das alte Kinomodell mit dem Abo geschwächt, und macht es jetzt zur Lebensversicherung, indem es den Saal zur Erlebnispromo umbaut. Eigentlich ein „win-win“ also. 

Und welche Kampagne hat mich nachdenklich gemacht?

Ein schwarzes („Film“-) Plakat, weiße Typo im Blocksatz, groß die Frage „Gebrochene Versprechen?“ – darunter, als Schurken inszeniert, die Adressaten Weimer, Klingbeil und Merz. Der Absender ist die Produktionsallianz. Das Ziel: das im Koalitionsvertrag zugesagte Gesetz zur Investitionsverpflichtung für Streamer und Sender. Verbindlich, nicht freiwillig, idealerweise mit Rechterückbehalt, damit IP und Wertschöpfung in Deutschland bleiben. Nach Steueranreiz-Hängepartie und Sperrvermerk soll die Kampagne Planbarkeit zurückholen. Doch die Branche singt keinen Chor. Dienstleister, wie z.B. der Verband Technischer Betriebe für Film und Fernsehen (VTFF), warnen: Eine EU-konforme Pflicht schafft Umsatz „irgendwo in Europa“, aber nicht zwingend hier, wo Studios, Post und VFX um Auslastung ringen. Ihre Forderung: freiwillige, öffentlich bezifferte Produktionszusagen für Deutschland plus sofortige Entsperrung der Fördermittel. Pragmatismus statt Paragraphen also. Man kommt zu dem Ergebnis, dass hier zwei Soli statt ein Ensemble gesungen werden. Produzenten kämpfen um Entwicklung, Rechtefairness und Serienfähigkeit. Studios/Post/VFX ums tägliche Brot vor Ort. Nun ist tatsächlich die Politik gefragt, der „Herbst der Entscheidungen“ gilt auch für die Filmwirtschaft. Kommt es zum Showdown mit dem BKM oder bleibt das Thema Filmförderung eine „Unendliche Geschichte?“ Der November wird es wohl zeigen.