"Willkommen im Tempel", wird die Neue im roten Strickjäckchen begrüßt, als die Tore der Strafvollzugsanstalt Tempelhof sich wieder geschlossen haben, jeder einmal misstrauisch geguckt hat, was da für ein zitterndes Nervenbündel in Handschellen angekommen ist, und die Postproduktion die Kamerabilder so lange ausgewrungen hat, bis nur noch minimal Farbe drin ist. Da muss sie jetzt durch, die Bea – durch zehn Folgen der neuen Knastserie "Block B", mit der RTL an den Erfolg seiner alten Knastserie "Hinter Gittern" anknüpfen will. Nur zeitgemäßer, abgebrühter. So, dass endlich alle mal sagen: Wow, RTL.

Am Anfang sagt die stellvertretende Knastkommandeurin Chris erstmal: "Alle Mädels hier wissen, dass sie tun sollten, was ich sage, wenn sie überleben wollen. Verstanden?" Bea hat verstanden, tut wie ihr geheißen, und erarbeitet sich prompt die Props ihrer Mitinsassinnen, indem sie einen schmierigen Drogenkurier im Besuchsraum als Kumpel ausgibt und knutscht, damit der ihr das reingeschmuggelte Meth zuschlabbern kann.

Fortan ist genügend Zeit, um per Rückblicksstakkato zu erklären, wie die Hauptprotagonistin überhaupt hier hingeraten ist (Indem sie versucht hat, ihren gewalttätigen Gatten ins Jenseits zu befördern.) Was die Knastleitung eigentlich den ganzen Tag so treibt (Sich um die Anstaltsleitung zu zoffen) und wer hier eigentlich der Boss ist. Nämlich Katrin Sass, die als Knastteufel mit dem bedrohlichen Seriennamen Rita Plattner nach 36 Auftaktfolgeminuten vorzeitig aus der Isolierhaft entlassen wird, um hardrockuntermalt in die ungläubigen Gesichter der Knastmannschaft zu grinsen und gleich wieder Kommandos zu geben: "Wir leben in einem freien Land. Aber ich akzeptiere kein Nein."

Es ist nicht ganz klar, was RTL geritten hat, noch eine Gefängnisserie produzieren zu lassen, nachdem im vergangenen Jahr bereits "Der Knastarzt" sang- und klanglos in der Versenkung verschwand – noch dazu, obwohl er ähnlich erzählt war.

Mag sein, dass es das Ziel war, dem Publikum endlich mal zu zeigen, dass auch deutsche Serien drastisch, dreckig und tabulos sein können. Mit gleichgeschlechtlichem Sex, korrupten Wärtern und kotzenden Charakteren, "Bitch!" Das große Bemühen, diese Serie endlich anders aussehen zu lassen als die vielen egalen Vorgänger, von denen die meisten weder in Erinnerung noch im Programm geblieben sind, ist ja auch erkennbar. In "Block B" sind die Schnitte härter, die Musik ist rockiger, der Umgang ist rauer. Allerdings führen die ständigen Zeitlupen, die Vergangenheitsblitze, Unschärfen und das pochende Herzklopfen bei wiederholtem Einsatz schnell dazu, dass die Serie mit dem Effektgezitter völlig überladen wirkt.

Jede Episode erzählt mit besagten Stilmitteln von einer anderen Protagonistin: wie sie im Knast landete und welches persönliche Schicksal sie zu durchleiden hatte. Sonderlich originell ist das leider nicht. Vor allem, weil untendrunter immer noch die Soaphaftigkeit der Geschichten von "Hinter Gittern" hervorguckt. Kein Wunder, immerhin basierte "Hinter Gittern" auf der australischen Soap "Prisoners", die wiederum Vorlage war für die (ebenfalls australische) Neuauflage "Wentworth", von der sich nun "Block B" inspiriert sieht.

Wobei "Inspiration" das falsche Wort ist, weil es sich bei der deutschen Version nahezu um eine 1:1-Adapion handelt. In der ersten Folge gleicht "Block B" "Wentworth" sogar bis ins Detail. Komplette Einstellungsfolgen hat die Produktionsfirma UFA Serial Drama übernommen, die Dialoge sind dieselben, einen neuen Vornamen für die Hauptfigur hat sich auch niemand auszudenken brauchen, sogar die Frisuren der relevanten Charaktere gleichen den Vorbildern exakt. Die größte Eigenleistung scheint darin zu bestehen, ein schönes Knastgelände zum Drehen gefunden zu haben. Das Jahr, in dem RTL uns endlich davon überzeugen will, dass deutsche Serien es mit ihren internationalen Vorbildern aufnehmen können, startet also mit der exakten Kopie des Remakes einer alten australischen Knast-Soap. Was für eine Enttäuschung.

Die Serie liefere "die Radikalität, nach der das deutsche Feuilleton unter Bezugnahme auf amerikanische Serien-Produktionen gerne ruft", heißt es im Begleittext des Senders. Vielleicht hätte das Feuilleton noch dazu rufen können, dass das Nachdrehen von Serien aus dem Ausland damit eher nicht gemeint war. Oder, anders formuliert: Wow, RTL.

"Block B" läuft donnerstags in Doppelfolgen um 21.15 Uhr bei RTL.

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