Als vor knapp drei Jahren angekündigt wurde, dass der wunderbare Coen-Film "Fargo" zur Serie gemacht wird, war bei nicht wenigen Verehrern des Meisterwerks der erste Gedanke: "Warum?" Zu oft schon wurden Filmklassiker zu schäbigen Remakes verdonnert. Wer die erste Staffel mittlerweile aber auf Netflix gesehen hat, oder dies ab heute Abend auf ZDFneo nachholt, wird mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit zu einem Gedanken kommen, der da lautet: "Mehr!" Mehr von dieser turbulenten, kuriosen und völlig faszinierenden Geschichte! Die gute Nachricht ist, dass eine zweite Staffel ebenfalls schon zur Verfügung steht man streng genommen also nicht warten muss, bis ZDFneo diese irgendwann ins Free-TV bringt. Und dank gleichbleibender Qualität wird es in naher Zukunft sogar zu einer weiteren Fortsetzung kommen.
Zunächst beginnt die Geschichte rund um "Fargo" jedoch mit dem Killer Lorne Malvo an (alleine schon Grund genug, einzuschalten: Billy Bob Thornton), der in eisiger Kälte mit einem Reh kollidiert. Kurz darauf flieht ein nur mit einer Unterhose bekleideter Mann aus dem Kofferraum in den dunklen Wald. Bizarre Bilder, die bereits nach Sekunden die Frage aufwerfen, was zur Hölle hier denn los ist. Mit der Zeit wird jedoch klar, dass bei einem wie Malvo eigentlich gar nichts klar sein kann. Er ist ein laufendes Fragezeichen und es bedarf schon eines recht ausgeprägten Interpretationsgeschicks, um ernsthaft aus ihm schlau zu werden. Eigentlich ist aber es auch egal, wie seine Vergangenheit aussieht, wie sein Innenleben tickt und welches Ziel er ganz am Ende verfolgt.
Seine Person fasziniert - und zwar auf eine Art und Weise, die selten ist, denn eigentlich stellt er als kaltblütiger Killer nicht gerade einen Sympathieträger dar. In der Tat wirkt diese Figur sogar wie der personifizierte Teufel. Mit seinem magenumdrehenden Blick schafft es Malvo, die Atmosphäre im heimischen Wohnzimmer derart ins Beängstigende zu ziehen, dass man den armen Seelen, die ihm über den Weg laufen, nur zurufen möchte, dass sie ihn einfach machen lassen sollen, was er eben gerade möchte.
"Because some roads you shouldn't go down."
Lorne Malvo
Dann gibt es da noch Lester Nygaard (genauso überragend wie Thornton: Martin Freeman). Er könnte vom Auftreten her nicht unterschiedlicher sein. Im Gegensatz zu Malvo, der sich alleine mit seiner Präsenz einen Ausweg aus brenzligen Situationen bahnen kann, schwitzt und stottert sich Lester gerade so, wenn überhaupt, aus der Affäre. Die eigentlich charmante Person des Martin Freeman wird vollkommen über Bord geworfen und gegen einen heuchelnden, unmoralisch agierenden Nervzwerg eingetauscht, dem man sein eigenes, ebenfalls bösartiges Handeln wünscht.
Dass sich Showrunner Noah Hawley ("Bones") für diesen Weg entschieden und die tolle Vorlage der Coen-Brüder so detailiert studiert hat, verpasste der Serienwelt frischen Schwung. Die Unausgewogenheit zwischen Gut und Böse in "Fargo" ist der entscheidende Faktor für einen der treibendsten Krimis, der es in den letzten Jahren zu uns auf die Bildschirme geschafft hat. Neben biblischen Plagen, unfähigen Chiefs und Kartellkillern gibt es nämlich nur wenige Helden, die sich dagegen aufstellen. Allen voran Deputy Solverson (Allison Tolman, "Mad Dogs"). Die einzige Person, die es in dem Kuhkaff vermag, analytisch zu denken und dem großen Ganzen somit auf der Spur sein könnte. Über die Story wird an dieser Stelle bewusst rein gar nichts verraten.
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"Fargo" genießt man am besten mit einem Dauerlächeln auf den Lippen - in Schockzustand bei gleichzeitigem Runzeln der Stirn. Daraus resultiert zwar ein durchgehend gruseliges Grinsen, welches in Mordszenen noch abstrakter wirkt. Doch so verinnerlicht man diesen bösartigen Humor auf geradezu ideale Weise und fühlt sich am Ende indes selbst ein bisschen wie der Charakter Lou Solverson (Keith Carradine, "Deadwood"), der mit Schrotflinte bewaffnet auf der Veranda sitzt und seine Liebsten vor Malvo schützen möchte. Und wer denkt, dass dieses Gefühl unmittelbar nach dem Abspann aufhören wird, sieht sich getäuscht. Nein, mit großer Wahrscheinlichkeit werden Sie noch eine Zeit lang an die vorbeiziehenden Schneestürme und durchdringende Geschichte von "Fargo" denken müssen.
ZDFneo zeigt "Fargo" jeweils donnerstags um 23:00 Uhr in Doppelfolgen als Free-TV-Premiere. Nach der TV-Ausstrahlung stehen die Folgen über die "funk"-App zum Abruf bereit. Die ersten beiden Staffel gibt es außerdem bei Netflix.