Wer in diesen Tagen ein neues TV-Format startet, hat es in der öffentlichen Wahrnehmung nicht gerade leicht, schließlich zieht das Dschungelcamp noch immer viel Aufmerksamkeit auf sich, auch wenn inzwischen die 13. Garde zum Madenessen nach Down Under geflogen ist. Vielleicht erklärt das ein Stück weit, weshalb das neue ProSieben-Format "My Hit. Your Song." in der vorigen Woche mit einigen Anlaufschwierigkeiten zu kämpfen hatte. Kaum mehr als eine Million Zuschauer schalteten ein – und um es klar und deutlich zu sagen: Diese Show hätte mehr verdient, viel mehr.

Mit "My Hit. Your Song." ist ProSieben einer der vielversprechendsten Show-Neustarts der Saison gelungen. Natürlich lässt sich nun mit einigem Recht monieren, dass im deutschen Fernsehen oft genug gesungen wird, doch dieser Sendung gelingt es auf geschickte Weise, bekannte Elemente so miteinander zu verbinden, dass ein äußerst innovatives Konzept herauskommt. "My Hit. Your Song." ist eine Castingshow ohne Casting und erinnert an "Sing meinen Song", ohne den Vox-Erfolg abzukupfern. Das muss man erst mal schaffen.

Was vielleicht etwas kryptisch klingt, ist in Wahrheit ganz einfach: Jeweils zwei Künstler spielen die Songs eines Stars vor dessen Augen und Ohren in ihrem ganz persönlichen Stil. Danach entscheidet das Musik-Idol, welches Cover ihn am meisten begeistert und wer ins Finale kommt, wo zwei weitere Interpreten auf die Siegprämie in Höhe von 25.000 Euro hoffen. Gelungen ist die Show vor allem, weil "My Hit. Your Song." vollkommen offen ist für Musikrichtungen aller Art, was in der ersten Ausgabe dazu führte, dass sich eine Volksmusik-Band an Hits von Sasha probierte und eine Punk-Truppe "Dear Darling" von Olly Murs zum Besten gab.

Gleichzeitig war aber auch Platz für talentierte Einzelkämpfer wie die 19-jährige Florentina, die den Weltstar Jason Derulo mit ihrer Interpretation seiner Songs zu überzeugen versuchte, oder einen Schweizer, der mit seinen Interpretationen Sasha ins Staunen versetzte. "Das war eine Version, wie ich sie mir selber nicht hätte ausdenken können", sagte der Profi ehrfürchtig, als er gehört hatte, wie Kandidat James "If You Believe" zu seinem ganz eigenen Titel machte. Am Ende war es jedoch eine Augsburger Folk-Pop-Rock-Band, die bei der abschließenden Publikumsabstimmung das Rennen machte.

My Hit. Your Song.© ProSieben/Benedikt Müller

Der Dreikampf um das Preisgeld ist ein schöner Schlussakkord unter die Show, die streng genommen auch ohne diesen Wettbewerb Spaß macht, weil man den Musikerinnen und Musikern auf der Bühne gerne zusieht und noch lieber zuhört. In fast jeder Minute lässt sich erahnen, wie viel Freude die Sendung den Beteiligten im Studio macht – und zwar nicht nur den Stars und den Musikern, sondern auch dem Publikum und der Moderatorin Jeannine Michaelsen, die sich für die dosiert eingesetzten Talk-Parts als gute Besetzung erweist. All das überträgt sich dann auch sehr schnell aufs heimische Sofa.

Zwischen den Auftritten haben ProSieben und die Produktionsfirma Constantin Entertainment glücklicherweise auf alles verzichtet, was an typischen Castingshows oft stört: Bei "My Hit. Your Song." gibt es weder ausufernde Jury-Entscheidungen noch wochenlange Recall-Phasen und erst recht keine tränenreichen Homestorys. Nach nicht einmal zwei Stunden gibt's einen Sieger, alle haben sich lieb und dann ist das Ganze auch schon wieder vorbei. Was bleibt, ist das schöne Gefühl, gut unterhalten worden zu sein.

In dieser und der nächsten Woche haben die Zuschauer noch Zeit, das Format für sich zu entdecken. Hoffentlich spricht es sich herum.

ProSieben zeigt "My Hit. Your Song." donnerstags um 20:15 Uhr.