Sat.1 hat in seinem Vorabendprogramm einmal die Reset-Taste gedrückt und zu Beginn dieser Woche alles auf Anfang gestellt. Nachdem die Soap "Alles oder nichts?" scheiterte und eine tägliche Erfindershow in diesem schwachen Umfeld ebenfalls versenkt wurde, darf das Magazin "Endlich Feierabend" nun wieder eine volle Stunde ran, ehe "Genial daneben - Das Quiz" mit leicht überarbeitetem Konzept zu sehen ist. Anlass für uns, einen zweiten Blick auf diese große Problemzone von Sat.1 zu werfen.

Zunächst zum Positiven: "Genial daneben - Das Quiz" war schon zum Start im vergangenen Jahr eine ganz nett anzusehende Sendung, die Sat.1 fraglos gut zu Gesicht steht - und das hat sich auch bis heute nicht geändert. Das von freien Assoziationen lebende "Genial daneben" hat man dafür durch vorgegebene Antwortmöglichkeiten in ein engeres Korsett gezwängt, was es leichter auch nebenbei konsumierbar und damit Vorabend-geeignet machen soll. Das Rate-Panel, das neben Hella von Sinnen und Wigald Boning jeweils noch aus zwei weiteren Gästen besteht, hat sich damit inzwischen bestens arrangiert, auch so ergibt sich ein durchaus munteres Geplänkel, auch weil man durch die zwischenzeitliche Reduzierung der Anzahl der Kandidaten auf 6 weniger hetzen muss.

Zwei nun neu eingeführten Änderungen haben die Sendung allerdings nicht wesentlich weiter gebracht. Zum Einen verbleiben im Fall einer richtigen Antwort die 500 Euro nun nicht bei Sat.1, sondern werden an einen zufällige Studiogast verlost. Das ist schön für den Gewinner, aber weit von dem witzigen Einfall entfernt, den die Macher von "Wer weiß denn sowas?" hatten, indem sie das Geld so auf das Publikum verteilen, dass zum Schluss jeder mit einer eigentlich lächerlich geringen Summe nach Hause geht, die trotzdem frenetisch bejubelt wird.

Die zweite Änderung betrifft das Finale, in dem wie bislang die Kandidaten, die bereits 500 Euro gewonnen haben, um weitere 5.000 Euro spielen. Statt wie bislang von Boning, von Sinnen & Co. eine richtige und eine falsche vorgefertigte Antwort auf eine Frage vorgelesen zu bekommen, liest nun nur noch einer schlicht eine Behauptung vor, bei der die Kandidaten einschätzen sollen, ob sie falsch oder richtig ist. Das könnte mehr Tempo ins Finale bringen - wenn Hugo Egon Balder den gleichen Satz nicht eine Sekunde später mit dem gleichen Wortlaut nochmal vorlesen müsste. Vor allem aber löst es nicht das Kernproblem: Es ist dem Zuschauer herzlich egal, wer nun diese 5.000 Euro gewinnt, weil man in der Kürze der Zeit zu keinem der Kandidaten in irgendeiner Weise ein Bindung aufgebaut hat. Doch das sind letztlich Nebensächlichkeiten, das Finale macht ohnehin nur wenige Minuten der Sendung aus.

Dass "Genial daneben - Das Quiz" noch immer bei unbefriedigenden Quoten vor sich hindümpelt, liegt wohl nicht zuletzt auch am desolaten Umfeld, in dem Balder & Co. ran müssen - und dass Sat.1 jenen Zuschauern, die pünktlich um 19 Uhr einschalten erstmal sechs Minuten Werbung vorsetzt, erscheint dabei auch nicht unbedingt hilfreich. Ist nun also kurzfristige Besserung beim Vorlauf in Sicht? Das erscheint nach Ansicht der ersten wieder einstündigen Folge von "Endlich Feierabend" eher fraglich.

"Endlich Feierabend": Schade um die vergebenen Chancen

Den Erfolg des "Frühstücksfernsehens" in den Abend transportieren, sollte diese Sendung mal. Sat.1 versprach, die Zuschauer "mit einem guten Gefühl in den wohlverdienten Feierabend zu schicken". Und diese Themen haben sich die Gute-Laune-Beauftragten dann ausgesucht: Clan-Kriminalität, Tote in der S-Bahn, der tot geborgene Julen, eine Schlammlawine, ein geborgener verendeter Riesenwal, alles gerne unterlegt mit dramatischer Musik. Und nachdem man all das abgearbeitet hat, ist erst 18:09 Uhr. Immerhin: Zu Verhinderung vorzeitiger Depression schiebt Sat.1 immer mal wieder kurze Teaser ein, dass im weiteren Verlauf noch Britney Spears und ein Kosmetik-Test warten.

Nach neun Minuten dreht man "Endlich Feierabend" dann tatsächlich auf leichtere Themen, eben mit dem angesprochenen Billig-Schminke-Test mit Lidl-Produkten. Der endet zwar etwas unbefriedigend mit der Erkenntnis, dass die Inhaltsstoffe nicht angegeben sind, aber auch niemand auf die Idee kam, den Hersteller zu befragen oder es testen zu lassen, bietet aber trotzdem einen gewissen Nutzwert. Ab 18:15 Uhr driftet "Endlich Feierabend" dann aber postwendend in völlige Irrelevanz ab. Was folgt, ist ein Beitrag über ein Britney-Spears-Double aus den USA und Pfusch bei einer Schönheits-OP.

Satte 15 Minuten gibt's wenig ansehnliche Bilder der verpfuschten Körperpartien zu sehen. Schnell erscheint fraglich, wer auf die Idee käme, einen solch ausführlichen Beitrag für ein tägliches Magazin zu produzieren - und eine kurze Google-Suche bestätigt dann auch den Verdacht: Um die zusätzliche halbe Stunde zu füllen, verwertet Sat.1 kurzerhand eine Sendung aus der Reihe "Sat.1 Reportage" aus dem April 2018 wieder. Doch wenn man schon keine bessere Idee hat als einfach Archiv-Recycling zu betreiben (was teils womöglich der erst kürzlich beschlossenen Verlängerung geschuldet sein mag): Fand sich dann wirklich nichts Passenderes als die nun wirklich nicht ansehnlichen, aber in epischer Länge ausgebreiteten Bilder nach einer verpfuschten Schönheits-OP? Das soll die passende Unterhaltung zum Abendbrot sein? Na Mahlzeit.

Der Schluss der Sendung besteht dann aus einem Beitrag über das Comeback von Willi Herren, der künftig nüchtern vor sein Publikum treten will - und alles wirkt wie die Hinführung auf einen Studio-Talk, der dann allerdings erst fürs "Frühstücksfernsehen" am nächsten Morgen angekündigt wird. So bleibt den Moderatoren Annett Möller und Daniel Boschmann am Ende wieder nur eine kurze Verabschiedung - und das ist schade. Man hat für "Endlich Feierabend" ein tolles, großes, farbenfrohes, wohnliches Studio gebaut. Man hat ein sympathisches Moderatoren-Paar gefunden, das auch miteinander gut kann. Und dann degradiert man sie zu Beitragsansagern, denen man nicht zuzutrauen scheint, mehr als zwei Sätze am Stück vorzulesen. Spontaneität oder überhaupt Interaktion zwischen den beiden wird von vornherein unterbunden. Dazu bräuchte man keine Co-Moderation, dazu würde auch ein Moderationsroboter vor dem Green Screen reichen. Was könnte man aus einer einstündigen Live-Strecke am Vorabend nicht alles herausholen. Es wäre schön, wenn man noch nicht völlig kapituliert hätte.