Der erste Arbeitstag von Mina Bäumer beginnt gleich turbulent. Eine Putzfrau droht damit, sich vom Dach zu stürzen – und eigentlich hat die Polizeipsychologin gerade überhaupt keine Zeit, um lange, einfühlsame Gespräche zu führen. Schließlich wartet ihre Tochter darauf, pünktlich zum Musikunterricht gefahren zu werden. Und so begibt sich die resolute Mina direkt nach oben. "Haben Sie eine Minute, oder ist es gerade schlecht?", fragt sie die suizidgefährdete Dame, um schon kurz darauf zusammen mit ihr beherzt nach unten zu springen, wo die Einsatzkräfte bereits ein Rettungskissen bereitgelegt haben. 

Fall erledigt, weiter geht’s mit Blaulicht.

So laufen sie ab, die ersten Minuten der neuen RTL-Serie "Die Klempnerin", und sie zeigen schon ganz gut, wie die Hauptfigur tickt. Mina Bäumer schaltet schnell, ist empathisch und agiert unkonventionell – und sie könnte nach dem "Letzten Bullen" der nächste Serien-Star aus Essen werden. Hier, mitten im Ruhrpott, sind die Geschichten angesiedelt, was ganz gut ist, weil die Macher um Headautor Boris von Sychowski sehr darum bemüht sind, der Serie so etwas wie Bodenständigkeit zu verleihen. Wo ginge das besser als hier?

Tatsächlich kommt die Hauptfigur äußerst bodenständig und authentisch daher, auch wenn letzteres Wort von Fernsehmachern vermutlich schon viel zu oft verwendet worden ist. Mina Bäumer ist geschieden und muss sich um zwei Kinder kümmern, wenn diese nicht gerade Zeit mit ihrem Vater verbringen, in dessen Leben neuerdings wieder eine Frau eingekehrt ist. Was Mina am Ende der ersten Folge mit einem Glas in der Hand einigermaßen trocken kommentiert: "Soll passieren, dass Frauen auf euren Vater reinfallen."

Dass sogar schon eine Hochzeit geplant und ein Schwesterchen unterwegs ist, schlägt dem Sohnemann auf den Magen und führt zu zwischenzeitlicher Sprachlosigkeit. Gleichzeitig bekommt auch Minas nächste Klientin, eine Bankangestellte, kein Wort mehr heraus, nachdem sie im Schalterraum überfallen wurde und und offenkundig eine Verbindung zum Täter hat. Sowohl privat als auch im Job sind also Minas Fähigkeiten als Seelenklempnerin gefragt – was dann im Übrigen auch den ungewöhnlichen Serien-Titel erklärt, für den sich RTL zusammen mit der kleinen Produktionsfirma Amalia Film entschieden hat.

Die Klempnerin© MG RTL D / Frank Dicks

Dass die Frau erst wieder zu sprechen beginnt, als sie von Mina einen Joint gereicht bekommt, unterstreicht die bisweilen skurrilen Methoden, zu denen die Polizeipsychologin greift – freilich sehr zur Verwunderung der skeptischen Kollegen, unter denen vor allem der ebenso junge wie gut aussehende Hauptkommissar Thomas Waldeck (Jan Kittmann) hervorsticht, der immer dann zur Stelle ist, wenn's doch mal etwas brenzlig wird. Das dürfte nach allen Gesetzen der Serie häufiger vorkommen und so muss man vermutlich kein Hellseher sein, um zu erkennen, dass sich zwischen ihm und Mina noch etwas anbahnt, das weit über das Berufliche hinausgeht.

Trotz aller Vorhersehbarkeit gehört "Die Klempnerin" zu den besseren RTL-Neustarts der jüngeren Vergangenheit, weil der Serie in vielen Momenten der Spagat zwischen Übertreibung und Reife gelingt. Daran hat besonders Yasmina Djaballah einen großen Anteil, deren Spiel der Hauptfigur Warmherzigkeit und Tiefe verleiht. Die erste Folge offenbart also reichlich Potenzial. Man kann nur hoffen, dass sich die neun weiteren Episoden möglichst viel davon zu Eigen machen.

"Die Klempnerin" läuft dienstags um 21:15 Uhr bei RTL.