Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass es in der heutigen Flut an Serien kaum Erzählungen gibt, die nicht an Land spielen? Klar, in "Game of Thrones" wird alle sechs Folgen auch mal mit dem Schiff gereist, doch kaum einem Autoren scheint eine Geschichte einfallen zu wollen, die das blaue Nass involviert. Knapp 71 Prozent der Erde werden davon bedeckt, doch ein Quell für Inspiration sieht anders aus. Das Showrunner-Duo Eric Wald ("Flight Girls") und Dean White ("The 100") haben diese Unterversorgung erkannt und "Mysterious Mermaids" auf Film gebrannt. Eine Geschichte über Meerjungfrauen, die nicht weiter von Arielle entfernt sein könnten.

Hach, Arielle. Die kleine, sympathische, rothaarige Draufgängerin mit Schwanzflosse, die nicht mehr wollte, als ihren Prinzen zu finden. Das Äquivalent zu ihr stellt Ryn (Eline Powell, "King Arthur") dar, die sich das Disney-Vorbild einmal kurz anschaut, nur um es Sekunden später in der Luft zu zerfetzen. Wortwörtlich, denn die von Wald und White inszenierten Meerjungfrauen sind aggressiv und bedrohlich. Sie machen vor nichts Halt, was in ihrem Weg schwimmt.

Der US-Küstenort Bristol Cove hat eigentlich ein Bild des Fabelwesens, welches dann doch eher in die Richtung von Arielle geht. Einst sollen die flossigen Wesen in der Nähe des Dorfes gelebt haben, sogar von Beziehungen zu Menschen war die Rede. So lässt es sich Bristol Cove natürlich nicht nehmen, sich stolz als die "Meerjungfrauen-Hauptstadt" zu präsentieren, die gut als Tourismusmagnet leben kann.

Eines Tages findet ein Fischer-Team jedoch heraus, dass mehr hinter dem ganzen steckt, als eine bloße Erzählung. Meerjungfrauen gibt’s wirklich! Der Beweis dafür findet sich in ihrem Fangnetz, der nicht nur die kleinen Sardellen beinhaltet, die sie fangen wollten. Da zappelt noch etwas viel größeres und zum Leid der Besatzung auch etwas viel raubtierartigeres. Einer der Matrosen wird gebissen, ein Notruf folgt. Daraufhin folgt jedoch nicht die gewünschte Rettung der örtlichen Polizei, sondern ein Sondereinheitentrupp, der die Meerjungfrau und den schwer verletzten jungen Mann von Bord holen.

Nicht nur die Crew kann das kaum fassen, sondern auch die Schwester der entführten Kreatur. Ryn flieht an Land, was Meerjungfrauen anscheinend von Natur aus können, und läuft dem ortsansässigen Meeresbiologen Ben (Alex Roe, "Hot Summer Nights") in die Arme. Ben ist der Abkomme eines Mannes, der vor vielen Jahren ebenfalls mit Meerjungfrauen zu tun hatte und seine Brötchen vor allem damit verdiente, sie abzuschlachten. Hier schließt sich der Kreis zunächst.

"Myterious Mermaids", das im Original "Siren" getauft wurde, macht im Laufe der insgesamt zehn Folgen der ersten Staffel noch ein paar weitere Kreise auf. Deutlich ins Auge sticht hier vor allem die smarte Verknüpfung zum Problem der Überfischung unserer Ozeane. Immerhin wird der ganze Schlamassel in "Mysterious Mermaids" in erster Linie dadurch ausgelöst, dass die besagte Meerjungfrau nur dadurch versehentlich eingefangen werden konnte, weil sie ihre Nahrung nicht mehr in ihrer gewohnten Umgebung vorfand. An dieser Stelle muss Wald und White auf die Schulter geklopft werden. Dem Zuschauer wird dieser Fakt nämlich nicht mit ganz offensichtlichen Dialogen vor den Latz geknallt, sondern in verschiedenen Sequenzen so präsentiert, dass ihm früher oder später schlicht von alleine auffällt, dass er in Zukunft möglicherweise nicht mehr den 30-Cent-Thunfisch kaufen sollte.

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Dann wird es aber auch schon schwieriger, zählbare Pluspunkte für "Mysterious Mermaids" zu finden. Nun, von der Kritik befreien darf sich die Tatsache, dass diese übernatürliche Serie ganz klar an eine Zielgruppe gerichtet ist, die auch schon bei "Vampire Diaries" mitfiebern konnte. Ein gewisser Kitschanteil ist also ebenso smart kalkuliert, wie die Ansprache zu einem besseren Umweltbewusstsein.

Doch auch Kitsch kann in schönes Geschenkpapier gehüllt werden. Und ja, auch diese Bedingung wurde erfüllt. "Mysterious Mermaids" kann man durchaus ansehen, dass der Disney-Sender Freeform einiges an Geld in die Hand nahm, um die mystische Geschichte aufzuziehen. Viele der Szenen spielen zwar im Mantel der Dunkelheit, lassen Momente unter Wasser so aber noch bedrohlicher wirken. Thalassophobie heißt das übrigens, falls Sie Angst vor dem offenen, tiefen Meer haben.

Die gute Laune verschwindet leider, sobald man sich die Dialoge zu genau anhört. Hier haben die Schreiberlinge um Wald und White so tief in die Phrasen-Kiste gegriffen, dass ein Bullshit Bingo mit Tequila-Shots tödlich enden würde. Nach bereits fünf Minuten. Auch die eigentlich frisch wirkende Story wird in ein Muster gepresst, das in der Fiction nur zu oft herumgeistert. Twists, die eingeleitet werden, können bereits meilenweit vorher gerochen werden und auch die überraschenden Momente, die sehr rar gesät sind, wollen nicht aus der "Are you kidding me?"-Stimmung herausreissen.

Prinzipiell spricht natürlich auch absolut nichts dagegen, wenn ein junger, unerfahrener Cast eingesetzt wird. Serien wie "Stranger Things" haben mit Bravour bewiesen, dass es da draußen genügend unverbrauchte Talente gibt. "Mysterious Mermaids" setzt aber zu sehr auf die "Twilight"-Schiene, um ernst genommen zu werden. Wo schon Kristen Stewart abgesprochen wurde, überhaupt einen Nervenmuskel im Gesicht zu besitzen, kann Eline Powell als Meerjungfrau beweisen, dass es noch schlimmer geht. Findige Zuschauer werden feststellen, dass es freilich ihre Aufgabe ist, dermaßen bedröppelt dreinzuschauen. Ist aber trotzdem nervig. Und nein, nicht gut nervig wie King Joffrey in "Game of Thrones", sondern schlimm nervig wie Skyler White aus "Breaking Bad". Die deutsche, nicht wirklich gut gelungene Synchro, tut da ihr übriges.

Einen Versuch mit der auf ProSieben startenden Serie zu wagen, ist aber dennoch kein Fehler, der wirklich bereut werden muss. Dafür ist der Fun Fact, dass Robben vor Meerjungfrauen Angst haben und wie Wachhunde anfangen zu bellen, viel zu amüsant.

Die erste Staffel von "Mysterious Mermaids" ist ab heute um 20:15 Uhr bei ProSieben zu sehen. Jeden Mittwoch werden mehrere Episoden gezeigt.