Streng genommen baut die neue Sat.1-Show mit Faisal Kawusi auf einer Lüge auf. Diese war am späten Freitagabend unter dem Titel "Das Quiz, für das Jörg Pilawa keine Zeit mehr hatte" zu sehen – doch wer betrat schon nach wenigen Sekunden die Bühne? Richtig, der Quizonkel höchstpersönlich. "Junge, ich hab Zeit!", schimpfte Pilawa zum Spaß und riss sogleich die Moderation der Sendung an sich. Erst nahm Ausbilder Pilawa den Comedian als "Quiz-Azubi" unter seine Fittiche und machte sich die Show schließlich zu Eigen – zumindest zwei Runden lang stellte er die Fragen, während Kawusi vor allem als Stichwortgeber diente.

Für Pilawa war es gewissermaßen eine Rückkehr zu seinen Wurzeln, immerhin begann seine bis heute währende Quiz-Karriere 19 Jahre zuvor in Sat.1. Mit einem klassischen A-B-C-D-Quiz, wie es Pilawa seither schon unzählige Male präsentierte, hat das neue Format allerdings herzlich wenig zu tun. Stattdessen gleichen die Runden einem Glücksspiel, weil die Kandidaten ausschließlich anhand der Optik erraten müssen, welche Hobbys oder Fähigkeiten die Menschen besitzen, die ihnen gegenüberstehen.

Die Kandidaten, das sind in der Premieren-Folge Moderatorin Ruth Moschner und Comedian Simon Pearce – und sie zeigen gleich mal, wie schwierig es ist, bei der Beurteilung alleine nach Äußerlichkeiten zu gehen. Selbst nach drei Versuchen gelingt es keinem von ihnen, einen richtigen Tipp abgegeben. Moschner liegt sogar beim Vierten falsch, obwohl sie sich nur noch zwischen zwei Personen entscheiden muss. Im weiteren Verlauf der Show holt die Moderatorin aber doch noch auf und macht das Duell am Ende sogar noch einmal spannend. 

"Spannend" ist bei "DQFDJPKZMH", wie Faisal Kawusi die Show regelmäßig abkürzt, allerdings ein wenig übertrieben, denn ein echtes Ziel verfolgt die Brainpool-Produktion nicht. Dass Pearce gewinnt, interessiert zum Schluss fast niemanden mehr. Stattdessen stehen sich die beiden Komiker kurz vor dem Abspann im Sumo-Gewand gegenüber, weil eine junge Frau zuvor als Sumoringerin entlarvt wurde. Andere Kandidaten entpuppten sich im Laufe des Abends als Klärbeckentaucher, Tatortreiniger oder Weltrekordhalter im 100-Kilometer-Rückwärtslaufen.

Das Quiz, für das Jörg Pilawa keine Zeit mehr hatte

Die größte Stärke der neuen Sendung, die übrigens aus einer Rubrik der "Faisal Kawusi Show" hervorging, ist ihr Tempo. Ohne langes Hin und Her kommt die Rateshow schnell zur Sache und lädt dazu ein, auch vor dem Fernseher mitzuraten. Denn natürlich sind es oft nicht die optisch naheliegendsten Personen, die sich später als die Gesuchten herausstellen. Dass manche von ihnen im Studio ihre Talente präsentieren, sorgt für zusätzliche Abwechslung und mitunter sogar für einen kleinen "Wetten, dass..?"-Moment, wenn beispielsweise ein Mann zahlreiche Karotten mit Spielkarten durchschneidet.

Kawusi selbst macht seine Sache auch dann noch gut, als Pilawa die Bühne längst verlassen hat. Ein Satz wie "The stage is yours, Bruder" wäre dem Lehrmeister aber wohl kaum über die Lippen gekommen. Ohnehin lebt die Show nicht zuletzt von Kawusis direkter Art. Dass ein Bungeejumper im wahren Leben Bürokaufmann ist, findet er "langweilig", und als besagter Rückwärtsläufer auf das Übergewicht des Comedians anspielt, kontert dieser prompt und direkt: "Die Kategorie heißt 'Sympathisch wahnsinnig'! Warum fickst du dich denn jetzt so?" Den Mann, der mit einem Schwert im Hals einen neuen Seilsprung-Weltrekord aufstellt, fragt er schließlich nach seinem Vorbild und gibt die Antwort gleich selbst: "Micaela Schäfer?"

Kurzum: "Das Quiz, für das Jörg Pilawa keine Zeit mehr hatte" bietet eine Stunde lang kurzweilige Unterhaltung, ohne sich selbst sonderlich ernst zu nehmen. Zum Mitraten und Spaß haben eignet sich die Show dadurch gerade zum Start ins Wochenende allemal. Ob mit oder ohne Jörg Pilawa.

Sat.1 zeigt "Das Quiz, für das Jörg Pilawa keine Zeit mehr hatte" jeweils freitags um 22:35 Uhr.