Manchmal entstehen durch die Coronakrise ungeahnte Möglichkeiten. Die TVNow-Realityshow "Are You The One?", bei der es sich um eine Adaption des gleichnamigen US-Originals von MTV handelt, sollte eigentlich nur am Rande des RTL-Programms ausgestrahlt werden. Doch viele Menschen sind derzeit noch immer zu Hause, schauen fernsehen und etwas anderes Neues hatte RTL ohnehin nicht anzubieten. Deshalb wird die 20-teilige (!) Produktion nun zur besten Sendezeit im Hauptprogramm ausgestrahlt. Seit Mitte April ist "Are You The One?" zwar schon bei TVNow zu sehen, dennoch dürfte es noch viel ungehobenes Reichweiten-Potenzial geben. 

Und während man beim Sender durch die prominente Platzierung bei RTL austesten kann, wie sich Ausstrahlung im linearen Programm sowie Online-Nutzung ergänzen, erwartet die Zuschauer ab sofort eine Datingshow, die dem Genre zumindest teilweise einen frischen Anstrich verpasst. Ausnahmsweise geht es nicht für eine einzige Person darum, aus einer Masse an anderen Menschen die vermeintlich große Liebe auszuwählen. Es geht auch nicht darum, dem Partner in einer TV-Show auf den Zahn zu fühlen. 

"Are You The One?" hebt sich ab

In "Are You The One?" treffen je zehn Single-Männer und Single-Frauen in einer Villa in Kapstadt aufeinander. Zuvor hat ein vermeintliches Experten-Team die Singles genau unter die Lupe genommen und sogenannte "perfect Matches" erstellt. Zu jedem Topf passt in diesem Format auch ein Deckel. Der Clou: Die Kandidaten wissen nicht, wer in der Theorie zu wem passt. Sie müssen sich nun kennenlernen und herausfinden, wem die Experten wem zugeordnet haben. Haben sich nach der 20. Folge alle Paare gefunden, winken 200.000 Euro Siegprämie für alle Teilnehmer. 


Bei Kuppelshows der immer gleichen Machart sticht "Are You The One?", produziert übrigens von RTL Studios, da schon heraus und das tut merkbar gut. Den einen geht es vor allem darum, das Geld zu gewinnen, die anderen legen mehr Fokus auf ihr vermeintliches "perfect Match" oder wollen schlicht bekannt werden. An anderen Stellen unterschiedet sich das neue Format dann aber auch wieder nicht von ähnlichen Shows. Die Männer etwa haben alle einen so großen Bizeps, das man auf die Idee kommen könnte, sie seien alle aus dem nächstgelegenen McFit-Studio weggecastet worden. Da hat es die eine Single-Dame, die zu Protokoll gibt, überhaupt nicht auf "so Kühlschränke" zu stehen, nicht leicht. 

Rollrasen und Melonen-Herzchen

Natürlich vergeht auch quasi keine Minute, in der nicht extrem viel nackte Haut im Bild zu sehen ist. "Ich bin Aleks und Sex ist mir sehr wichtig", ist das erste, was eben dieser Aleks in die Kamera sagt. Es muss heutzutage in solchen Formaten offenbar viel um nackte Haut und Geschlechtsverkehr gehen. Das ist längst kein Tabu mehr, aber halt auch nicht so spannend, als das man es dauernd betonen müsste. In der ersten Folge passieren aber auch durchaus amüsante Dinge. Die ersten beiden Herren etwa, die einziehen und dabei streckenweise selbst wirken wir ein "perfect Match", spazieren durch die Villa und sind sehr fasziniert von Rollrasen und Melonen in Herzform. Oder als es um die Verteilung der Zimmer geht und eine der Damen eine sehr pragmatische Lösung vorschlägt, um die Männer auf dem Wunschraum zu vertreiben: "Leckt einfach alles an", sagt sie. Mit einem großen Staunen lässt einen auch der Anblick einer Kandidatin zurück, die sich aufs Bett setzt und dann ihre Haarverlängerung heraus nimmt und aufs Bett legt - was anderen Menschen das T-Shirt, ist dieser Frau offenbar ihre Haarpracht.

Are You The One?Nach einem anstrengenden Tag befreit sich diese Kandidatin erst einmal von ihren Haaren. 

Ausgestrahlt werden übrigens immer zwei Ausgaben am Stück, die auch thematisch zusammen gehören. Zumindest am Anfang macht das Sinn, vergehen doch erst 20 Minuten, bis alle Teilnehmer im Haus angekommen sind und rudimentär vorgestellt wurden. In den Folgen danach zieht sich der Spannungsbogen dann teilweise doch sehr - wobei die Matching-Night, bei der die Singles erfahren, ob sie sich in den richtigen Konstellationen zusammengefunden haben, doch mitunter recht spannend ist. Hier gibt es Klarheit, wie viele "perfect Matches" sich gefunden haben - verschwiegen wird aber, um wen es sich handelt. Einmal pro Doppelfolge können die Kandidaten zudem ein Pärchen auswählen, das fix erfährt, ob es in der Theorie zusammengehört oder eben nicht. Für zusätzlich Spannung sorgt, dass den Teilnehmern 20.000 Euro abgezogen wird, sollte sich einmal kein einziges Paar richtig zusammenfinden. 

Und dann wäre da ja auch noch Jan Köppen, der als Moderator der Show fungiert, dessen Auftritte sich naturgemäß aber in Grenzen halten. Er ist bei den wenigen Challenges dabei und eben bei den Matching-Nights. Dass RTL hier nicht auf ein "klassisches" Kuppel-Gesicht zurückgegriffen hat, ist ein Pluspunkt. Köppen führt routiniert und mit einem Zwinkern durch die Sendung. Er bohrt auch nicht pseudo-investigativ nach und schaut dabei ganz ernst, so wie es andere ModeratorInnen bei ähnlichen Formaten machen. Das alles macht das Format besser. Insgesamt ist "Are You The One?" gut gemachtes Realityfernsehen, dem man sich in den kommenden Wochen ohne großes Nachdenken hingeben kann. Ob die Sendung aber ein "perfect Match" ist, muss jeder für sich selbst entscheiden. 

RTL zeigt "Are You The One?" ab sofort immer mittwochs ab 20:15 Uhr in Doppelfolgen. Bereits jetzt sind acht Ausgaben bei TVNow zu sehen - hier gibt es jede Woche zwei neue Folgen.