Bei ProSieben ist am Dienstagabend TV-Geschichte geschrieben worden. Bei der neuen Show "Wer sieht das denn?!" handelt es sich um eine Adaption des kanadischen "Watch!", das im Herbst auf der MIPCOM vorgestellt wurde. ProSieben ist der erste Sender, der das Format auch wirklich auf den Bildschirm bringt. Und wenn andere Sender ebenfalls an einer Adaption arbeiten, haben sie nun ein Beispiel dafür, wie man es macht - oder eben nicht. Zum Auftakt war es nämlich noch nicht die locker-flockige Mischung aus Quiz und Show, die ProSieben angekündigt hatte. 

"Außergewöhnliche Showacts" hatte man ja versprochen. "Wir verbinden in der Show große Performances und Quizshow-Elemente", sagte ProSieben-Chef Daniel Rosemann. Tatsächlich hat man die beiden Elemente miteinander verbunden, das war aber weitaus weniger spektakulär, als man das nach den Ankündigungen hätte erwarten können. In den "Acts" tanzte ein älteres Ehepaar oder performten Turner und Akrobaten. Lustig wurde es vor allem, als Comedian Amjad Abu Hamid mit Donald-Duck-Stimme einen Vortrag hielt und auch Ruth Moschner danach ihre Quak-Qualitäten unter Beweis stellte. Im Anschluss an die Darbietungen müssen die zwei Promi-Teams bestehend aus Mario Basler und Olivia Jones sowie Til Schweiger und Axel Stein Fragen zu den jeweiligen Auftritten beantworten. 

Oft genug müssen aber auch die Kandidaten selbst ran. Da spielen sie dann im Sumoringer-Kostümen Scharade oder stellen berühmte Filmszenen nach - und die jeweils anderen müssen im Anschluss Fragen dazu beantworten. Das sind dann aber eben nicht die eigentlich angekündigten großen Showacts. Noch schlimmer wird es, als über jeden der Promis Beiträge laufen, die man sich so gut es geht merken muss. Im Schweiger-Clip wird eben dieser übrigens als "Kino-Gott" beschrieben. 

Keine Leanback-Unterhaltung

Immerhin startet "Wer sieht das denn?!" recht flott. Ruth Moschner begrüßt Teams und Zuschauer und schon geht’s mit einem Auftritt der Ehrlich Brothers los. Und gerade als man dachte, es sei damit nun endlich vorbei, droht die Moderatorin, die beiden Comedians und Zauberkünstler würden später noch einmal wiederkommen. Das schwebt natürlich wie ein Damoklesschwert über den Köpfen der Zuschauer. Wer es bis zum Ende aushält, sieht die Ehrlich Brothers dann tatsächlich noch einmal im Finale. 

Vielleicht krankt die neue ProSieben-Show, produziert übrigens von Talpa Germany, aber auch einfach daran, dass man sich hier nicht einfach zurücklehnen und genießen kann. Wer zu Hause mitraten will, muss aufmerksam zuschauen, um die Fragen später auch zu beantworten. Weil das aber alles so belanglos ist, stellt sich schon die Frage, wieso man überhaupt mitraten sollte. In jedem Fall geht der Show das fehlende Publikum ab. Der Applaus kommt zwar aus der Konserve, kann das Publikum vor Ort aber nicht ersetzen. Das liegt auch daran, weil die Show immer dann gut ist, wenn sich die Teams einen kurzen Schlagabtausch liefern. Und da ist es dann eben doch kontraproduktiv, wenn nach guten Gags die Stimmung wie auf dem Friedhof ist. 

Künstlich in die Länge gezogen

Den Protagonisten vor der Kamera kann man noch am wenigsten anlasten. Til Schweiger schaute hier und da mal etwas sehr gelangweilt, das verwundert aber nicht wirklich. Vor allem Basler und Stein lieferten sich zum Auftakt der neuen Show immer wieder kleine Sticheleien, die noch das unterhaltsamste an der Sendung waren. Extrem lang wurde die Sendung immer dann, wenn Ruth Moschner auf die seltsame Idee kam, mit den Kandidaten über Gott und die Welt (oder ihre kommenden Projekte) zu sprechen, etwa dann, wenn sich die anderen gerade umziehen mussten. Hätte man hier Hand angelegt, wäre die Show sicher um einiges kürzer ausgefallen und dadurch kein bisschen schlechter geworden. 

Ansonsten moderierte Ruth Moschner die Sendung trotz des schwachen Konzepts gut und war dabei so locker-sympathisch, wie man sie kennt. Weil ihr von den Sender-Verantwortlichen aber offensichtlich aufgetragen wurde, die Zuschauer gleich mehrmals penetrant auf den Red Button und das HbbTV-Angebot aufmerksam zu machen, wirkt auch sie stellenweise wie im falschen Film. Zusammen mit Schweiger, Stein, Basler und Jones hatte sie bei der Aufzeichnung sicher eine lustige Zeit - nur kommt das eben am Ende nicht bei den Zuschauern vor den Bildschirmen an, weil das Konzept keine mehr als zweistündige Show trägt. Und auch bei einer kürzeren Laufzeit wäre die Show wohl eher was für die Late Prime. Die Fallhöhe ist für 20:15 Uhr einfach zu niedrig. 

In Summe ist das, was "Wer sieht das denn?!" bietet, zu wenig für die ProSieben-Primetime. Dazu sind die Showacts nicht stark genug und das Format auch insgesamt zu lang. Der Sendungstitel ist aber durchaus berechtigt: Wer das Ganze sehen soll, bleibt aber auch nach der Premiere unklar. Die Antwort gibt es morgen gegen 8:30 Uhr. Dann liegen die Quoten der neuen Show vor.