Selbst Branchenkennern fällt der Name Karin Brieden wohl nicht auf Anhieb ein, wenn sie an die Führungsspitze des ZDF denken. Dabei bekleidet sie in Mainz den Posten der stellvertretenden Intendantin, und zwar schon seit 2014. Vor allem aber ist sie Verwaltungsdirektorin des Senders; dementsprechend ist weder das Programm noch die Medienpolitik ihr Tätigkeitsfeld, sie wirkt nach innen, nicht nach außen. Zugleich ist sie in der sechsköpfigen Geschäftsleitung des ZDF die einzige Frau.

Eine Intendantin gab es in der Geschichte des Senders bislang ebensowenig wie eine Programmdirektorin oder Chefredakteurin. Kaum vorstellbar, dass das im Jahr 2022, wenn die Führungsspitze nach dem Abtritt von ZDF-Intendant Thomas Bellut neu aufgestellt wird, so bleiben kann. Das ZDF muss an der Spitze weiblicher werden, sichtbar weiblicher. Und deswegen wäre es sicherlich falsch, den jetzigen Programmdirektor Norbert Himmler zum fast schon gesetzten Nachfolger für Belluts Stelle auszurufen - quasi in der Tradition von Dieter Stolte, Markus Schächter und Thomas Bellut, die ebenfalls vom Programmdirektor zum Intendanten befördert wurden.

Hoch gehandelt wird auf dem Lerchenberg schon seit einiger Zeit auch ein weiterer Name: Bettina Schausten. Auch sie hat schon eine lange ZDF-Karriere hinter sich und kennt das Haus bestens: Sie leitete die Hauptredaktion Innenpolitik, später das Hauptstadtstudio und ist seit 2019 stellvertretende Chefredakteurin und Leiterin der Redaktion Aktuelles des ZDF. Auch ihre eher konservative Ausrichtung dürfte einigen zupass kommen. Doch einen Automatismus, der sie zur Favoritin macht, gibt es natürlich ebenso wenig.

Denn auch ein männlicher Kandidat könnte mit einem Gesamtkonzept für die weiteren Schlüsselpositionen des Senders auf die geringe Frauenquote reagieren. Und da wären wir wieder bei Norbert Himmler, der  tatsächlich ebenfalls gute Argumente für seine Beförderung auf den Intendantenposten vorbringen kann: Er kennt die Anstalt bestens, hat ab 2009 zunächst mit ZDFneo eines der inzwischen überaus erfolgreichen Beiboote des Hauptprogramms verantwortet und seit 2012 als Programmdirektor maßgeblichen Anteil an den Erfolgen des Senders. Dazu gehört nicht nur die haushohe Marktführung des Senders beim Gesamtpublikum, das ZDF hat sich früher als etwa die ARD auch modernisiert und etablierte beispielsweise mit den "Neoriginals" eine eigene Marke für jüngere, kantigere Serien. Und er musste sich schon bislang ausführlich mit den Gremien des ZDF auseinandersetzen, was auch als Intendant zu seinen wichtigen Aufgaben gehören würde.

Dadurch würde der Posten des Programmdirektors frei, für den sich - neben möglichen externen Bewerberinnen und Bewerbern natürlich - auch innerhalb des ZDF etliche geeignete Kandidatinnen finden würden. Natalie Müller-Elmau etwa, die derzeit beim ZDF für 3sat verantwortlich ist. Sie war in der Vergangenheit unter anderem schon als Referentin des Programmdirektors tätig, ist auch jetzt in der Programmdirektion angesiedelt - und die Fähigkeit zum Koordinieren, die man als Programmdirektor mitbringen sollen, beherrscht sie als Verantwortliche einer 3-Länder-Anstalt sowieso. Oder Nadine Bilke, die 2018 aus dem Bereich "Neue Medien" an die Spitze von ZDFneo wechselte.

Und Bettina Schausten? Wäre in dem Fall sicherlich erste Wahl bei der Besetzung des Chefredakteurinnen-Postens. Denn auch diese steht im kommenden Jahr neu an: Der Vertrag von Peter Frey, der seit 2010 Chefredakteur des Senders ist, läuft aktuell bis 2022. Da er dann 65 Jahre alt wird, steht auch dort ein Generationswechsel bevor. Wie das Rennen um den Posten der Intendantin oder des Intendanten auch immer ausgehen wird: Dass das ZDF 2022 an der Spitze ingesamt jünger und weiblicher aufgestellt sein wird, dürfte jetzt schon gesetzt sein.