Eigentlich hätte diese Sendung nach einer guten halben Stunde beendet sein können. In etwa so lange brauchten RTL-Reporterin Marlena Busch und ihr Kollege Burkhard Kress bis zur Rettungsbarke, die ihnen bei ihrer Wattwanderung von Neuwerk nach Cuxhaven wieder sicheren Halt unter den Füßen verschaffte. Unter dem Titel „Gefangen im Meer“ hatte der Sender die beiden zuvor für ein „Live-Experiment“ in die ansteigende Nordsee geschickt, glücklicherweise nicht nur begleitet von zahlreichen Kameras, sondern auch von einem Team der DLRG.

Die Absicht von RTL ist ansich eine gute: Zur besten Sendezeit soll das „Extra Spezial“ zeigen, wie schnell die Gefahren des Wattenmeeres unterschätzt werden können. Und so wird also fleißig gewarnt vor Prielen und unberechenbaren Schlickfeldern, vor einsamen Spaziergängen und bedrohlichen Unterkühlungen. Im besten Fall rettet diese Sendung also tatsächlich Leben. 

Dass das „Live-Experiment“ trotz allem mitunter unfreiwillig komische Momente bot, hängt vor allem damit zusammen, dass es stellenweise so wirkte, als habe RTL vor allem seine erfahrensten Landratten von Köln an die Nordsee entsandt. Da ist etwa der Reporter Emrah Elden, der sich in diversen Beiträgen im Jenke-Stil auf verschiedene Wasser-Experimente einlässt, aber schon zu zittern beginnt, als er nur den kleinen Zeh ins kalte Nass hält. Oder Michael Begasse. Eigentlich als Experte für blaues Blut zuständig, hat RTL seinen Reporter an diesem Abend auf ein Boot der DLRG verfrachtet, um über blaue Lippen zu sprechen und die Rettungsaktion der aus nächster Nähe zu begleiten. 

Euphorischer als Begasse ist an diesem Abend niemand. „Diese Bilder sind wirklich faszinierend“, schwärmt er, „einmalig in Deutschland.“ Und auch sonst gibt der Reporter alles. „Burkhard, Burkhard, Burkhard“, ruft Begasse während einer Schalte aufgeregt aus der Ferne, um sicherzugehen, dass es Burkhard Kress und seiner Kollegin auch wirklich gut geht. Das tut es zwar, doch vielleicht hätte ihnen im Vorfeld zumindest jemand erklären können, wie sie die Rettungsdecken richtig überziehen. „Silber nach innen“, mahnt der Fachmann später an Land und fragt den geretteten Reporter live nach seinem Geburtsdatum und seiner Adresse - die dieser glücklicherweise nicht ins Mikrofon spricht, was wohl als gutes Zeichen zu werten ist.

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Dass die Rettung erst beginnen konnte, nachdem der Werbeblock über den Sender ging, gehört ebenfalls zu den amüsanten Randnotizen dieses Abends, in dem Moderatorin Nazan Eckes, ungewohnt fahrig, immer wieder betont, dass „in wenigen Minuten“ bestimmt noch etwas Spannendes passieren wird. Das Problem: So richtig spannend wird es eben nicht - zum Glück möchte man sagen, weil alles andere bedeutet hätte, dass RTL seine Reporter in ersthafte Lebensgefahr gebracht hätte. 

So allerdings bleibt die Frage, ob eine Live-Sendung wirklich die beste Sendeform für dieses Experiment gewesen ist, weil das Publikum über eineinhalb Stunden hinweg kaum mehr zu sehen bekommt als zwei Rettungsboote, die Richtung Land unterwegs sind. Doch dann wird es plötzlich kurz vor dem Ende doch noch einmal aufregend. Die besten Bilder des Abends flimmern gerade, unterlegt von dramatischer Musik, über den Bildschirm, da stockt Michael Begasse kurz die Stimme. „Oh“, erklärt er, „Marlena hat einen Krampf.“