In den vergangenen Jahren hat sich im Fernsehen eine neue Beschäftigungsform für Prominente entwickelt. Seit sich herumgesprochen hat, dass "The Masked Singer" ein schönes Format ist, stehen mehr oder weniger bekannte Menschen bei Sendern und Produktionsfirmen mittlerweile Schlange, um mit verzerrter Stimme und bis zur Unkenntlichkeit verkleidet die große Bühne zu betreten.

Doch wie das eben so ist, wenn sich plötzlich ein neuer TV-Hit am Horizont auftut, dauert es nicht lange, bis es erste Nachahmer gibt. Auf "Wer wird Millionär?" folgte eine ganze Welle an Quizshows und auch die Casting-Welle dauert bis heute an, auch wenn "Das Supertalent" nach dem Bohlen-Putsch neuerdings in der televisionären Bedeutungslosigkeit zu versinken droht.

Nun also "The Masked Singer" und die Geister, die ProSieben rief. Schon vor etwas mehr als einem Jahr ließ RTL nach im beim Publikum mäßig beliebten Abklatsch namens "Big Performance" nach dem "Star im Star" suchen, was dazu führte, dass sich Elton John am Ende der Show wie Frankensteins Monster in Morgenmoderator Wolfram Kons verwandelte oder Mick Jagger plötzlich zum Komiker Martin Schneider wurde.

Doch warum andere kopieren lassen, wenn man das auch ganz gut selbst erledigen kann? Das zumindest wird man sich bei ProSieben überlegt haben, wo neuerdings einige Wochen lang zur besten Sendezeit die Frage gestellt wird: "Wer ist das Phantom?". Da sitzt dann eine Person mit schwarzem Kostüm und Smileys anzeigender LED-Gesichtsmaske im Sessel und lässt ein dreiköpfiges Rateteam gut zwei Stunden lang darüber grübeln, wer er oder sie denn sein könnte.

Zu viele Nebensächlichkeiten

"Eine Person, die ganz Deutschland kennt", teasert Steven Gätjen gleich zu Beginn der Show, die er routiniert, aber ohne große Auffälligkeiten wegmoderiert. Am Ende der Premieren-Folge wird sich herausstellen, dass Lothar Matthäus als Phantom in Erscheinung getreten ist. Und dazwischen? Da rätseln Nora Tschirner, Karoline Herfurth und Edin Hasanovic munter vor sich hin und erspielen sich Runde um Runde neue Hinweise. Das ist zwar gut gemeint, doch weil die Spiele selbst gar nichts mit dem Promi-Phantom zu tun haben, muss das Publikum unspektakuläre Sortier- und Raterunden über sich ergehen lassen, ehe es zur Belohnung neue Indizien und Anhaltspunkte erhält.

Wer ist das Phantom? © ProSieben / Benedikt Müller Ratloses Rateteam: Edin Hasanovic, Karoline Herfurth und Nora Tschirner grübeln in der ersten Ausgabe, wer das Phantom ist.

Wo "The Masked Singer" mit schrillen, begeisternden und auch verstörenden Auftritten von sich reden macht, entpuppt sich "Wer ist das Phantom?" deshalb schnell als austauschbare Promi-Spielshow, in das Rätselraten zeitweise fast zur Nebensache gerät. Und wenn geraten wird, dann kommt oft nicht viel mehr dabei heraus als sprödes Name-Dropping, das im schlimmsten Fall dann auch noch zu einem Dialog wie dem Folgenden zwischen Steven Gätjen und Nora Tschirner führt:

Tschirner: "Ich glaube nicht, dass es 'ne Frau ist."
Gätjen: "Warum?"
Tschirner: "Weil ich glaube, dass es ein Mann ist."

Puh.

Das ist leider so langatmig, dass man sich zeitweise wünscht, die Tür ginge auf, Ruth Moschner stürmte mit ihrem Promi-Telefonbuch das Studio und zeigte den Anwesenden, wie es richtig geht. Mehr Tempo, mehr Phantome und vor allem ein klarer Fokus auf die Grundidee des Ratens und Enttarnens täten dem Neustart gut. Dafür aber müssten all die Nebensächlichkeiten weggelassen werden, die dem Ziel der von Constantin Entertainment produzierten Show im Wege stehen. So ist eine echte Spannungskurve, wie sie sich bei "The Masked Singer" im Laufe eines Abends aufbaut, Fehlanzeige. Eine Maskierung allein macht eben noch lange keine gute Show.

"Wer ist das Phantom?", dienstags um 20:15 Uhr, ProSieben