Eigenproduktionen von ZDFneo blicke ich seit einiger Zeit mit einer gewissen Skepsis entgegen. Das hat nicht zuletzt mit der völlig unterirdischen Sitcom "The Drag and Us" zu tun, die ich mir anschauen musste und für die sich bis heute kein Verantwortlicher aus Mainz bei mir entschuldigt hat. Aber man soll schlechte Erinnerungen ja bekanntlich schnell hinter sich lassen und das Leben fortsetzen. Und so habe ich mir mit "Start the fck up" die neueste Serie des Spartensenders angesehen - und siehe da: ZDFneo kann Comedyserien auch in gut. 

Die Prämisse der Serie ist schnell erklärt: Die junge Informatikerin Jana hat zusammen mit ihrem Freund und ihrer besten Freundin ein neues soziales Netzwerk gegründet. Doch als es zum Streit zwischen den drei Freunden kommt, wird Jana aus dem Unternehmen gedrängt und muss zusehen, wie ihre beiden ehemaligen Wegbegleiter von Erfolg zu Erfolg eilen. Desillusioniert vom Leben begibt sie sich in einen Coworking-Space, um dort an einer neuen Idee zu arbeiten. 

Und genau dort setzt die Serie an: Jana bezieht einen kargen Arbeitsplatz im Großraumbüro und muss fortan mit einigen sehr eigenwilligen Personen zusammenarbeiten. Etwa einer Influencerin to be, zwei Öko-Startupperinnen und einem jungen Mann, der zwar vor Ideen nur so sprudelt, aber noch keine wirklich zündende Idee hatte. Und dann wäre da auch noch Concierge Joachim, der immer einen schlauen Spruch auf den Lippen hat ("Der Coworking Space, in dem aus Schnapsideen Dax-Ideen werden", "Meine Mutter ist jetzt an einem besseren Ort… sie ist jetzt Flugbegleiterin"). 

Überzeichnete Figuren, lustige Dialoge

Einige Figuren sind gnadenlos überzeichnet, neben dem Concierge auch die Ideenmaschine Kenny, der immer etwas zu aufgedreht ist, oder sein Kompagnon Jens, der sich unsterblich in die Influencerin verliebt hat, sich aber nicht traut, sie anzusprechen. Dass die Serie dennoch gut funktioniert, liegt einerseits an der Leistung von Jana, gespielt von Olga von Luckwald. Sie bringt die Verzweiflung ihres Charakters immer wieder zum Vorschein, sei es wegen des Rauswurfs in ihrem ersten eigenen Unternehmen oder dann, als sie von Kenny eine Idee klaut. Jana behilft sich anfangs ob ihrer scheinbar aussichtslosen Situation mit einer gehörigen Portion Sarkasmus, kann sich dem Leben und der Dynamik im Co-Working-Space aber schon bald nicht mehr entziehen. Und so arbeitet sie an einer neuen App, an der Mark Zuckerberg wohl auch großes Interesse hätte. 

Punkten kann "Start the fck up" außerdem mit einigen überraschenden Gastauftritten und pointierten Dialogen. Da taucht auf einmal Mai Thi Nguyen-Kim in einem Video auf, spielt sich selbst und spricht über das Umweltproblem Plastik. Später steht auch Ingolf Lück im Großraumbüro und spielt sich selbst - einen alternden Schauspieler, der bei jungen Menschen vor allem deshalb bekannt ist, weil ihre Eltern ihn kennen. Hier hat es sicherlich geholfen, dass mit der btf und Network Movie zwei etablierte Produktionsfirmen hinter der Serie stehen. Beide haben schon bewiesen, dass sie auch ungewöhnliche Serien können, die nicht zwangsläufig nach dem Schema F ablaufen. Ungewöhnlich ist auch "Start the fck up" immer mal wieder. Etwa dann, wenn die Protagonistinnen und Protagonisten mit einer künstlichen Intelligenz sprechen, um sie zu verfeinern (und die immer gnadenlos ehrliche Antworten liefert). 

Eher "Silicon Valley" als "The Drag and Us"

Aber auch der Writers Room, der unter der Leitung von Patrick Stenzel und Andi Wecker geschrieben hat, hat ganze Arbeit geleistet. "Start the fck up" ist eine Comedyshow, die diese Bezeichnung verdient. "Geht das auch ohne den Abschluss an der Laura-Müller-Universität für Influencing?", fragt da eine Person die andere, als es um Instagram-Kram geht. In einem anderen Moment wird der imaginäre Artikel "5 Gründe, warum wir das Klima nicht retten müssen" eingeblendet. Autor: Jan Fleischhauer. Und natürlich gibt’s auch einen Spruch gegen Kai Pflaumes Anbiederung an die Generation Instagram. 

Bei ZDFneo war man offenbar schon vor der Ausstrahlung angetan von der Serie, sodass die Verantwortlichen von btf und Network Movie bereits an der zweiten Staffel sitzen. Der Sender hat einen Entwicklungsauftrag erteilt. Jetzt müssen aber erst einmal die acht Folgen der ersten Staffel überzeugen. Die Voraussetzungen sind gut, denn "Start the fck up" erinnert dankenswerterweise eher an "Silicon Valley" als an "The Drag and Us". 

"Start the fck up" ist ab dem 2. November immer am späten Dienstagabend bei ZDFneo zu sehen. Ab 10 Uhr stehen zudem alle Folgen in der Mediathek zum Abruf bereit.