Oliver Polak besitzt eine wunderbare Gabe. Er kann in einem Moment warmherzig und lieb sein und seinem Gegenüber im nächsten Moment verbal eins überbraten. Das war schon Polaks Stärke in der WDR-Sendung "Das Lachen der Anderen", in der er zusammen mit dem Autor Micky Beisenherz in gesellschaftliche Nischen eintauchte, um sich am Ende über sie lustig zu machen. Bei seiner neuen Netflix-Show "Your Life is a Joke", ebenfalls produziert von SEO Entertainment, funktioniert das ganz ähnlich. Nur, dass er diesmal einen Tag mit Prominenten verbringt, bevor er sie abends auf der Bühne roastet.

In der ersten Folgen lässt sich Schauspieler Christian Ulmen auf den Roadtrip in Polaks goldenem Opel Manta ein, und alles beginnt, wie auch in den beiden weiteren Ausgaben mit der Rapperin Nura und der Sängerin Jennifer Weist, ganz beschaulich. Unvermittelt setzt in der Karre die Musik ein und der Komiker beginnt zu singen: "Zeig mir alles, was du magst, oder auch was an dir nagt", lässt er die Gäste im Titelsong seiner Show wissen, während diese etwas ungläubig daneben sitzen. Und: "Keine Sorge, es wird schon okay. Doch vielleicht tut es auch etwas weh."

Vermutlich ist der Beginn von "Your Life is a Joke" einer der schönsten, den eine deutsche Fernsehsendung in jüngster Zeit hervorgebracht hat. In jedem Fall aber trifft der Song mit seiner Mischung aus Melancholie und versteckter Boshaftigkeit ganz gut den Kern der folgenden halben Stunde, in der man erstaunlich viel über die Menschen an Polaks Seite erfährt. Und über ihn selbst: Dass er in Folge einer Krebserkrankung keine Hoden mehr besitzt, verrät Oliver Polak eher beiläufig, als er sich mit Christian Ulmen im Baumarkt zwischen Rollrasen und Kettensägen befindet.

Oliver Polak © Netflix/Sascha Hilgers Oliver Polak moderierte schon in der Vergangenheit besondere Gesprächsformate, darunter "Das Lachen der Anderen" (WDR) und "Applaus und raus" (ProSieben)

Ulmen selbst lässt ebenfalls tief blicken, spricht über fehlende Ziele im Leben, seine Freude daran, alleine zu sein, und über seine Definition von Glück. Irgendwann stehen Polak und Ulmen im Potsdam im Heiligen See und umarmen sich, weil es furchtbar kalt sein muss. "Ich finde", sagt Polak in diesem Moment gänzlich frei von Ironie, "das ist auch Glück, dass wir jetzt einfach hier sein können." Vielleicht ist es diese Harmlosigkeit, die Polak ausstrahlt, die dazu führt, dass sich seine Gäste so schnell öffnen. Ganz sicher aber macht Polak das Fernsehen mit seiner Empathie und Herzlichkeit um eine Facette reicher.

Gewissermaßen als Ausgleich dazu dient sein späteres Stand-Up, das den Tag noch einmal Revue passieren lässt und damit gewissermaßen als Klammer des Formats dient. Und das plötzlich den anderen, bissigen Oliver Polak zeigt. "Du warst total offen, total redselig, total nachdenklich, aber auch sehr bestimmend", erzählt er dem Publikum von seinem Ausflug mit Christian Ulmen, der freilich ebenfalls anwesend ist. Kurzes Durchatmen. "Also genau das Profil, das man von einem Amokläufer kennt."

Kurz darauf berichtet Polak über vermeintliche Gemeinsamkeiten, die er entdeckt haben will. "Du siehst aus wie ich mich fühle." Bloß: "Ich fühle mich wie ein trauriger, lediger Sexmesse-Besucher." Es wäre ein Leichtes, ihm diese Späße als Boshaftigkeiten auszulegen, doch wer die Reaktionen seiner "Opfer" sieht, weiß, dass sie nach dem gemeinsamen Tag mit Oliver Polak sehr gut damit leben können. Schließlich löst er damit nur das Versprechen ein, das er zu Beginn beim Singen der Titelmelodie gab: Es tut etwas weh, aber es wird schon ok. Das Leben als Witz zu sehen – wahrscheinlich nicht die schlechteste Einstellung.

"Your Life is a Joke", bei Netflix