Wenn es um prominente Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Unterhaltungsformaten geht, macht Amazon Prime Video so schnell niemand was vor. Schon bei "Last One Laughing" ("LOL") hat man einen mit großen Namen nur so überquellenden Cast zusammengestellt, der alle in ihn gesetzten Hoffnungen erfüllte. Und auch beim neuen "Celebrity Hunted" hat Prime Video einige Personen verpflichtet, die man noch nie in einem solchen Format gesehen hat. Mit dabei sind unter anderem Wladimir Klitschko, Vanessa Mai, Tom Beck, Kida Khodr Ramadan oder auch die beiden Influencerinnen Diana und Melisa. 

Rainer Laux © Endemol Shine Rainer Laux
Ob "Celebrity Hunted" am Ende aber den gleichen, durchschlagenden Erfolg wie "LOL" haben wird, muss sich erst noch zeigen. Die Vorschusslorbeeren sind jedenfalls groß. Volker Neuenhoff, Leiter Unterhaltung bei Amazon Studios Deutschland, sagte vor dem Start des Formats bei einem Gespräch mit Journalistinnen und Journalisten, die Sendung erfülle sämtliche Kriterien, die man an ein Unterhaltungsformat habe. Es sei innovativ, der Cast sei breit und hochwertig und der Production Value "unfassbar hoch". Und Rainer Laux, Geschäftsführer Rainer Laux Productions und Executive Director Endemol Shine Germany, der das Format umgesetzt hat, spricht gar von der "größten Realityshow, die in der Form in Deutschland umgesetzt wurde". 

Das Konzept geht so: Zehn Promis tauchen, teilweise einzeln, teilweise im Team, in Deutschland unter und werden anschließend von Profi-Ermittlern gejagt. 200 Menschen sitzen im sogenannten Headquarter, um den untergetauchten Promis auf die Spur zu kommen. Chef dieses Teams ist Erich Vad, ehemaliger Sicherheitsbeauftragter von Angela Merkel. Schaffen es die Promis nach zehn Tagen zu einem erst später in der Sendung verratenen Ziel-Ort, haben sie das Spiel gewonnen. Die Promis bekommen ein Handy gestellt und dürfen mit einer EC-Karte maximal 50 Euro am Tag von der Bank abheben. Das Problem für die Teilnehmenden: Die Ermittler können auf alle Methoden zurückgreifen, die auch die Polizei in der Realität hat. Man habe deutsches Recht "simuliert" -  und hier wird es problematisch. 

Wie realistisch ist das Format wirklich? 

Denn so richtig wird im Verlaufe der ersten zwei Folgen, die Amazon Journalistinnen und Journalisten zur Verfügung gestellt hat, nicht klar, wie die Ermittler an ihre Erkenntnisse gelangen. (Dass es eine Spielleitung gibt, die entscheidet, welche Infos die Ermittler wann bekommen, erfahren nur die Journalistinnen und Journalisten im direkten Gespräch mit den Verantwortlichen.) Das Format sei "sehr realistisch", sagte Vad beim Pressetermin. Wenn die Promis nun also zum Bankautomaten gehen, bekommen die Ermittler davon Filmaufnahmen. Ebenso, wenn Handys benutzt werden (dann sind es Ton-Aufnahmen und GPS-Daten). Aber auch so ziemlich alle anderen Kameraaufnahmen, die im öffentlichen Raum von den Promis gemacht werden, landen irgendwann bei den Ermittlern. Dabei wird immer betont, dass die Kameraüberwachung nur bei bestimmten Verdachtslagen eingesetzt werde. 

Das wirkt an vielen Stellen schlicht unauthentisch. Auch deshalb, weil man natürlich nicht die echten Kameraaufnahmen hat, die den Ermittlern zur Verfügung gestellt werden, aber immer so tut, als seien sie echt (und nicht durch die Produktion selbst entstanden). Die Ermittler lassen manchmal auch Kennzeichnung "zur Fahndung ausschreiben", weil die Promis natürlich auch mit Autos unterwegs sind. Als sich Stefanie Giesinger verkleidet in einen Zug setzt, wissen die Ermittler auch das, weil man sie mittels "Gesichtserkennung" identifiziert habe. Da müssen die Zuschauerinnen und Zuschauer schon extrem viel Transferleistungen erbringen und darüber hinwegsehen, dass einem die ganze Zeit suggeriert wird, dass das, was man sieht, echt sei. 

Seltsame "Verhöre"

In gewisser Weise ähnelt "Celebrity Hunted" dem RTL-Format "Schnapp Dir das Geld!", in dem Passanten einen Koffer voller Geld verstecken mussten und den Inhalt behalten durften, wenn Ermittler ihn nicht innerhalb eines bestimmten Zeitraumes gefunden hatten. Hier wie da sind die Sendungen temporeich erzählt, aber beiden Formaten steht die Überinszenierung im Weg. Und auch, wenn Macherinnen und Macher sowie Promis immer wieder betonen, dass das, was sie erlebt haben, sich sehr echt angefühlt hätte (was ich ihnen auch gar nicht absprechen will) - das Problem ist halt: Vor dem Bildschirm macht sich ein anderes Gefühl breit. 

Auch das von Rainer Laux hochgelobte Headquarter, das aufgrund der Größe (200 Mitarbeiter!) schwer zu koordinieren gewesen sei, erweist sich als Problem. Auf die Tatsache, dass die Personen hier keine Schauspielenden sind, sondern Menschen, die tatsächlich in diesem Bereich arbeiten, ist man bei Amazon und Endemol Shine hörbar stolz. Doch leider wirken die hier geführten Dialoge aufgrund der undurchsichtigen Methoden einerseits und aufgrund der hüftsteifen Protagonistinnen und Protagonisten andererseits oft unauthentisch. Als man einen Fluchthelfer eines Promis zum "Verhör" einbestellt, wird es besonders kurios. Denn weil es ja um eine Show geht und nicht etwa ein echtes Verbrechen, wird die Person garantiert nichts sagen. Als die Ermittlerin das merkt, versucht sie ihn noch bei der Ehre zu packen: "Ob deine Mutter stolz auf dich wäre?". Hä?

Ein Fehler in der Matrix auch: Wenn die Ermittler Straßenzüge durchkämmen, um die Promis zu finden, ist es wohl eher kontraproduktiv, wenn die ein doch eher auffälligeres Kamerateam bei sich haben. In der zweiten Folge von "Celebrity Hunted" sagt Stefanie Giesinger wie glücklich sie darüber sei, endlich mal "alleine unterwegs" zu sein. Auf der Pressekonferenz dann die Entwarnung: Durch das Team, das hier und da auch mal ausgeholfen habe, sei man ja nie so ganz alleine gewesen. 

Die Promis sind ein Lichtblick

"Celebrity Hunted" ist aber durchaus seine guten Momente, was vor allem mit den Promis steht und fällt. Schauspieler Kida Khodr Ramadan und Rapper Summer Cem etwa bilden ein Team und sind alleine schon durch ihre zur Schau gestellte Lässigkeit sehr unterhaltsam. Und auf der anderen Seite sind Tom Beck und Axel Stein, die als Duo unfassbar gut funktionieren, sich immer wieder necken und sich auch nicht aus der Ruhe bringen lassen, wenn sie während ihrer Flucht auf einem kleinen Mofa von einem Fahrradfahrer überholt werden. 

Die neue Amazon-Reality ist opulent und temporeich inszeniert und einige der Protagonistinnen und Protagonisten machen Spaß. Hier und da kann durchaus das Gefühl einer rasanten Verfolgungsjagd aufkommen. Um alle sechs Folgen durchzuhalten, muss man aber über viele Logikfehler hinwegblicken und damit leben, dass es eben doch keine echte Verfolgung ist. Sondern eine TV-Show, die eine Verfolgung simuliert. Dass sich klassische, lineare TV-Sender bislang gegen das Format gesträubt haben, ist angesichts dessen vielleicht doch ein wenig verständlich. 

Die ersten Folgen von "Celebrity Hunted" sind ab sofort bei Prime Video verfügbar. Die restlichen Ausgaben werden wöchentlich veröffentlicht.