Vorfreude ist doch das Schönste. Als sich im noblen Münchner Viertel mehrere Paare zur exquisiten Dinnerparty treffen, bei denen man sich fragen muss, ob Freundschaft wirklich die passende Bezeichnung für die Beziehung zueinander ist, dann ahnt man bereits: Das kann nicht gut gehen. Noch so hohe Mauern, teure Möbel und schicke Kleidung vermögen den Schein nicht länger zu waren als der schmierige Immobilienmogul Nikolaus van der Bruck (gespielt von Heiner Lauterbach) mit vergifteten Freundlichkeiten den Abend sprengt, seine Gattin (Jeanette Hain) sich entblößt und die Herren an die Gurgel gehen. Eine höchst vergnügliche Szene, die das Publikum willkommen heißt im Herzogpark.
Was für ein flotter Einstieg in die Serie - wäre diese Szene nicht erst am Ende der zweiten Folge zu sehen. Glücklicherweise setzt sich danach die ansehnliche Gesellschaftssatire durchaus bissig fort, doch bis „Herzogpark“ erst einmal in Schwung kommt, braucht es viel zu lange. Dass dieser Herzogpark als edle Adresse über die Münchener Grenzen hinweg keine nennenswerte Bekanntheit hat, ist nicht das Problem. Wohl aber, dass die Serie die Bekanntheit voraussetzt und zum Einstieg versäumt, das Setting eindrucksvoll einzuführen.
So dauert es bis sich bei Nicht-Münchnern das wohl erwünschte Gefühl vermittelt, die dekadente Welt der meisten Herzogpark-Hauptfiguren hebt sich doch nochmal ab von dem leicht Versnobten was München allgemein als Image anhängt. Am Cast der Serie liegt es nicht. Heike Makatsch als vermeintliche Außenseiterin im Nobelviertel sowie Lisa Maria Potthoff, Antje Traue und Felicitas Woll sowie Jeanette Hain als Bewohnerinnen der menschlich weniger noblen Gegend bringen eine geballte Spielfreude auf den Bildschirm, die ein Stück weit über die Drehbuchschwächen hinweg zu vertrösten vermag.
Er habe das Screening von hinten im Saal verfolgt, erzählt Sascha Schwingel, der stellvertretende Chef von RTL und Vox, nach der Premiere von "Herzogpark" auf der Bühne des Münchener Gloria-Palast und bekennt, ihm sei - auch angesichts der weitgehend überstandenen Corona-Pandemie - jedes Mal das Herz aufgegangen als er endlich wieder einen ganzen Kinosaal habe lachen hören. Oft war das in den ersten 60-70 Minuten allerdings nicht. Nicht so oft jedenfalls, wie man es sich von einer Gesellschaftssatire erwarten würde, auch wenn die Lokalpresse am Tag danach der Münchener Premiere einer Münchener Serie wenig überraschend einen begeisternden Aufschlag bescheinigt.
Produzentin Yoko Higuchi-Zitzmann hat unter Drehbuchberatung von Ex-„Bunte“-Chefredakteurin Patricia Riekel eine Serie geschaffen, die man wirklich mögen möchte weil sie sich über Genre und die Vielzahl der Frauenfiguren so wohltuend abhebt von der Vielzahl deutscher Serien-Produktionen. Mit dem Ende der zweiten Folge findet „Herzogpark“ dann auch endlich zu sich, macht Lust auf mehr und das nicht nur durch ein dann sehr überraschendes Staffelfinale. Worum es geht? Der von Lauterbach gespielte Immobilienmogul möchte ein Hochhaus ins Viertel bauen - und macht sich damit (aber nicht nur aus diesem Grund) Feinde. Über sechs Folgen erleben wir den Versuch ihn zu stoppen in schönen Bildern und mitunter sehr derbem Humor.
Für eine relevante Gesellschaftssatire fehlt "Herzogpark" leider die Tiefe, lässt sich aber nach dem späten Start gut schauen. Geradezu herrlich ist insbesondere Lisa Maria Potthoff. Man kann für alle Beteiligten nur hoffen, dass das Publikum nach dem sperrigen Einstieg dran bleibt. Silly good fun heißt es im Englischen so schön und beschreibt die Serie sehr gut. Ein bisschen mehr Schein als Sein - das ist eben „Herzogpark“ wie Herzogpark und damit „on brand“ wie man in der Werbesprache sagen würde.