Es sind zwei Handvoll Taurus World Stunt Awards, die die Kölner Fernsehproduktionsfirma Action Concept in den vergangenen rund zwei Jahrzehnten für unterschiedliche Produktionen, darunter mehrmals "Alarm für Cobra 11", aber auch "Der Clown" oder "Wilde Engel", einheimste. Dass sich das vor mittlerweile 31 Jahren von Hubschrauber-Berufspilot und Stuntman Hermann Joha gegründete Unternehmen in Sachen Action selbst auf internationalem Parkett nie verstecken musste, stand nie in Frage. Sieben Jahre ist es etwa her, dass die Firma mit "Out of Control" einen nicht zuletzt für den chinesischen Markt umgesetzten Stoff gemeinsam mit Dreams of Dragons Pictures herstellte. In erster Linie stand und steht Action Concept aber für "Alarm für Cobra 11", die ikonische RTL-Serie, die auf ihren 30. Geburtstag zugeht und in dieser Zeit ein ums andere Mal lehrreich für Action Concept selbst war.

 

Umso überraschender ist vielleicht, dass weltweit agierende Streamer bisher noch recht zaghaft agierten, was die Beauftragung einer deutschen Hochglanz-Actionserie der Firma von der Hürther Hasenkaule angeht. Dass die Kreativen im Hause durchaus in der Lage sind, auch horizontal und zugleich tiefschürfend zu erzählen, bewiesen etwa Sven Frauenhoff und Andreas Brune in der bis dato vorletzten Serienstaffel von "Alarm für Cobra 11", als deutlich weniger Autos als früher durch die Luft flogen, dafür Charakterentwicklung ebenso im Vordergrund stand wie eine Geschichte rund um rechtsextreme Tendenzen innerhalb der Polizei.

Brune und Frauenhoff gehören nun auch dem Autorenteam einer neuen Action Concept-Serie von Produzent Heiko Schmidt an, die die paneuropäische Sky-Gruppe bestellt hat. Das einst unter dem Arbeitstitel "Autobahn" gelaufene und nun als "Drift – Partners in Crime" on air gehende Projekt versteckt seine Herkunft schon namentlich nicht, knüpft aber ein Stück weit an genau diesem Storytelling der Original-Autobahnpolizei an. Die neue Sky-Serie folgt Alois Zeller, den alle nur Ali nennen. Ali arbeitet beim Kommissariat für Operative Maßnahmen in München und soll einen Gefangenen überstellen. Dabei kommt es – wie soll es anders sein – zu einer Verfolgungsjagd an deren Ende fünf Menschen tot sind.

Sie sind Opfer einer tragischen Verkettung unglücklicher Umstände, die nach einem Crash mitten auf einer Autobahnbrücke ihren katastrophalen Höhepunkt finden. In bewährter "Cobra 11"-Manier brennt nach dem Unfall natürlich ein Laster, der von Ali weg von der Brücke in die Tiefe befördert wird und gewaltig explodiert, während die von Fabian Rösler ("Biohackers") geführte Kamera in wahrlich beeindruckenden Aufnahmen an zunehmend rissigem Asphalt entlang fährt, ehe das Ächzen von Metall Überhand nimmt und ein ganzer Brückenteil der Schwerkraft nachgibt.

Die Action an sich präsentiert das in Staffel 1a von Tim Trachte inszenierte "Drift" aber dosierter und zugleich unter die Haut gehender, weil noch realistischer als die "Cobra". Die Sky-Serie arbeitet deutlich realitätsnäher, sofern das auf eine Action-Serie überhaupt zutreffen kann. Auch die in Beschreibungen rund um die Serie angepriesene "internationale Verschwörung", in die Ali Stück für Stück gerät, arbeitet Gott sei Dank nicht mit abgedroschenen und Digitalanzeige tickenden Hochglanzbomben sowie klassisch abgrundbösem Antagonist. Wenngleich die Motivation der Gangster auch in dieser Serie nicht unbedingt nachvollziehbar wird - eines der generellen Genre-Probleme.

Um so manches Klischee kommt "Drift" obendrein nicht herum. Auch im neuen Sky-Original kommen Elektro-Taser zum Einsatz, auch hier bleibt es dabei, dass Tiefgaragen und Parkhäuser unheilvolle Orte sind, in denen man immer leicht überfallen werden kann. Und natürlich wird auch die "Drift"-Geschichte rund um ein reichlich ungleiches Paar gestrickt. Da ist der glaubhaft von Ken Duken gespielte Ali, der "Brückenbomber", der "Scheißemagnet", bei dem mehr und mehr Probleme zu Tage kommen, wie man spätestens dann erahnt, als man ihn bei illegalen Käfigkämpfen zusieht (spätestens seit "The OC" ein deutliches Anzeichen für innere Zerissenheit einer TV-Figur). Auf der anderen Seite ist Alis Bruder Leo (stoisch: Fabian Busch), interner Ermittler beim LKA und eher ruhiger Gegenpol zu seinem strauchelnden Bruder.

Wegen eines Unfalls mit einem Rallye-Auto, bei dem der Vater der beiden Brüder ums Leben kam, steht es um ihr Verhältnis alles andere als gut. Doch die Geschehnisse rund um den Brückeneinsturz und die sich daraus ergebenden Konflikte führten schnell – und wohl zu einfach – wieder zusammen, nicht zuletzt auch, weil sie schon allzu bald auf sich allein gestellt sind. Auch hier wandelt "Drift" auf bekannten Pfaden, ähnelt an der ein oder anderen Stelle großen Vorbildern wie "24" oder anderen Leinwandhits, in denen ganze Polizeieinheiten von Gangstern unterwandert waren.

Ein Vergleich mit solchen Formaten darf als Lob und Kritik zugleich verstanden werden. Hätte sich "Drift" von ihnen noch mehr abgehoben, dann wäre es wirklich gelungen, ganz eigene Akzente zu setzen. So wirkt manches, was den beiden Brüdern auf ihrem Weg, der sie unter anderem auch ins bildstark in Szene gesetzte Athen führt, passiert, durchaus altbekannt. Sei's drum: Für die Macher an der Hürther Hasenkaule dürfte indes feststehen: Mit "Drift" ist ihnen ein stark produzierter, in großen Teilen spannender, immer temporeicher und an einigen Stellen gar tiefgehender Fiction-Aufschlag bei Sky gelungen. Und damit auch der Eintritt in Märkte, die Action Concept bisher nicht erreicht hat; UK etwa, wo Leo und Ali ab Anfang März unterwegs sein werden. 

Sky zeigt die ersten fünf Folgen von "Drift" ab Freitag, 24. Februar um 20:15 Uhr auf Sky One und auf Abruf.