Mit Geschenken ist das ja manchmal so eine Sache. Nicht jedes ist ein Volltreffer und manches entpuppt sich gar als Rohrkrepierer. In letztere Kategorie fällt definitiv "Me & Myself", eine neue Sky-Show, in deren Mittelpunkt Dieter Hallervorden steht, der an diesem Dienstag seinen 88. Geburtstag feiert. Darin trifft der Komiker auf sein früheres Ich, für dessen Erschaffung der Pay-TV-Sender offenkundig weder Kosten noch Mühen gescheut hat (im Gegensatz zur Kulisse, bei der es sich schlicht um das Bundesliga-Studio von Sky handelt).

"Das jüngere Ich von Dieter Hallervorden wurde mit Hilfe einer Deepfake-Technologie erschaffen, wofür umfangreiches Material aus den späten 70er bis frühen 90er Jahren gesammelt wurde", lässt Sky in einer Erklärung wissen. Und weiter: "Dies umfasste alte Auftritte, DVDs, Blu-Rays und andere Quellen, aus denen Einstellungen ausgewählt wurden, in denen das Gesicht von Dieter Hallervorden gut sichtbar und in verschiedenen Winkeln und Beleuchtungspositionen zu sehen war. Mit den fertigen Trainingsdaten konnte eine digitale Maske von Dieter Hallervorden aus dem Jahr 1987 erstellt werden, auf welche der wahre Hallervorden in 'Me & Myself' trifft."

Dieter Hallervorden im Jahr 1987 © IMAGO / United Archives So sah Dieter Hallervorden im Jahr 1987 wirklich aus
Das Ergebnis mag zwar technisch beeindruckend - überzeugend ist es gleichwohl nicht. Herausgekommen ist nämlich eine etwas pausbackige Hallervorden-Kopie mit vollem Haar. Dumm nur, dass offenbar niemand auf die Idee gekommen ist, einfach mal die Fotoarchive zu durchforsten. Dann hätte den Verantwortlichen möglicherweise auffallen können, dass Dieter Hallervorden vor 36 Jahren ganz anders aussah als es der vermeintliche Deepfake, der auf das Gesicht des Schauspielers René Sydow programmiert wurde, dem Publikum weismachen möchte. Irgendwie beruhigend, dass die KI hier an ihre Grenzen stößt.

Aber sei's drum. Tatsächlich ist die Optik des jungen Didi noch das kleinste Problem dieser Show, für die Sky immerhin Michael Mittermeier als Gastgeber verpflichten konnte. Doch auch er kann das Unglück letztlich nicht verhindern, weil die Teams von Sky und die Produktionsfirma SEO Entertainment offensichtlich so verliebt in die Idee des künstlichen Promis waren, dass die Kreativität bei der inhaltlichen Ausgestaltung auf der Strecke blieb. "Es ist schon riskant, sich selber zu treffen", unkt Mittermeier direkt zu Beginn und Hallervorden wünscht dem Moderator vorsichtshalber schon mal "Toi, Toi, Toi", bevor es losgeht mit einer nicht enden wollenden Lobhudelei, die nicht nur jegliche Spontaenität im Austausch zwischen altem und jungem Hallervorden vermissen lässt - sondern auch eine Erklärung dafür, was zum Teufel das alles überhaupt soll.

Me & Myself © Sky Deutschland/SEO Entertainment/Benedikt Müller Dieter Hallervorden und René Sydow, dem nachträglich mittels einer Deepfake-Technologie das vermeintliche Äußere des 52-jährigen Hallervorden verpasst wurde.

"Ist dir der Erfolg nicht zu Kopf gestiegen?", will der 52-Jährige vom 88-Jährigen wissen, woraufhin dieser prompt antwortet: "Damit einem der Erfolg zu Kopf steigen kann, muss ja der dafür benötigte Hohlraum vorhanden sein. Und diese leere Birne wirst du mir ja hoffentlich nicht unterstellen wollen." Als der echte Hallervorden seinem jüngeren Ich wenig später die eigene Stasi-Akte überreicht, zeigt sich dieser überrascht: "Die DDR gibt's nicht mehr? Jetzt hauen 'se aber einen raus!" Hallervordens dritte Ehefrau, die auch noch zum kurzen Plausch geladen ist, bekommt von ihrem Gatten aus der Vergangenheit die Frage gestellt: "Wo, wie und wann werden wir uns denn kennengelernt haben?"

"Vielen Dank für unser Leben" 

Besonders absurd wird es immer dann, wenn der der Deepfake-Dieter philosophieren darf, wie denn wohl die Zukunft verlaufen wird. "Ich kann mir nicht vorstellen, den Didi ein ganzes Leben lang zu spielen", sagt er dann. Oder er äußert den Wunsch, irgendwann noch einmal in seiner Heimatstadt Dessau auf der Bühne zu stehen - ein Traum, den sich Hallervorden im wahren Leben tatsächlich erfüllt hat, indem er dort vor einigen Jahren ein Theater eröffnete. In solchen Momenten wünscht man sich "Kessler ist..." zurück, das zwar mitunter ebenfalls arg an den Haaren herbeigezogen wirkte, aber sich zumindest Mühe gab, den Anschein von Tiefgründigkeit zu wahren.

Über fast 40 Minuten zieht sich dieses unangenehme Aufeinandertreffen, das mit eingespielten Lachern und erkennbar unpassenden Zwischenschnitten ins Publikum zusätzlich irritiert und schließlich in einer Art Laudatio des jungen auf den alten Dieter Hallervorden gipfelt. "Ich bin jetzt Dickkopf genug, um zu wissen, dass meine grundlegenden Überzeugungen die gleichen bleiben werden, aber man weiß ja nicht, ob sich alle großen Wünsche auch so erfüllen lassen", sagt er, während sich Hallervorden im Hintergrund ein müdes Lächeln abringt. "Aber man kann ja an mir und vor allem an dir sehen, dass Fleiß, Disziplin und Hartnäckigkeit sich auszahlen." Und überhaupt: "Vielen Dank für unser Leben."

Leider wirkt fast alles bei "Me & Myself" wie ein Pilot, der nie zur Ausstrahlung gedacht war. Arbeitstitel: "Nonstop Nonsens" - im wahrsten Sinne des Wortes. Hätte der junge Hallervorden den älteren doch bloß vor dieser Show gewarnt. Es wäre ihm und dem Publikum einiges erspart geblieben.

"Me & Myself - Mein jüngeres Ich und Ich" um 20:15 Uhr auf Sky One