Für den Spruch, dass früher alles besser war, werden im bekannten Phrasenschwein fünf Euro fällig. Dass der deutsche Fußball in den 60ern und 70ern noch ein ganz anderer war, ist aber unbestreitbar – und die neue RTL/RTL+-Serie "Gute Freunde - Der Aufstieg des FC Bayern" profitiert maximal davon. Die UFA-Produktion erzählt gleichermaßen kurzweilig wie liebevoll vom Aufstieg jenes deutschen Fußballklubs, der inzwischen ein Abonnement auf die deutsche Meisterschaft hat. Kein Zufall: Kein anderer Verein hat hierzulande eine größere Strahl- und Anziehungskraft als der Club von der Säbener Straße. Der Verein von Ikonen wie Franz Beckenbauer, Sepp Maier, Uli Hoeneß, Paul Breitner oder Gerd Müller. Der FC Bayern München. 

Den Autor dieses Textes darf man getrost als Sympathisant der Roten bezeichnen. Nicht mehr, aber nicht weniger. Als jemand, der sich über Siege freut, inzwischen aber auch nicht mehr böse ist, wenn Spiele daneben gehen, weil es der (lange fehlenden) Spannung in der Liga gut tut. Das war Mitte der 60er Jahre noch ganz anders. "Gute Freunde" fokussiert sich auf knapp zehn Jahre, eine Zeit, in der das Fundament für den überragenden Erfolg des FCB gelegt wurde. Als die Geschichte beginnt, spielen die Bayern noch in der Regionalliga und ein gewisser Gerd Müller steht vor seiner Profi-Debütsaison.

Gute Freunde - Der Aufstieg des FC Bayern © RTL / Frank Dicks Gnadenlos klar seine Figur, gnadenlos gut sein Spiel: Maximilian Brückner als Manager Robert Schwan.

Fünf der sechs Folgen nehmen je eine Persönlichkeit ganz besonders in den Fokus. Zum Auftakt ist es der bescheiden-schüchterne Gerd Müller, der bis zur Ankunft von Harry Kane ganz unbestritten der beste Stürmer war, der jemals das Bayern-Trikot trug. Sympatisch eingepflegt in die Handlung hat das vielfach gelobte und prämierte Autoren-Trio HaRiBo die Bodenständigkeit Müllers, der parallel zu seinen ersten Schritten im Fußballgeschäft (wohl gemerkt in Schuhen der Größe 41, obwohl ihm eigentlich 38er gut passten) noch Möbel schleppte. Nein, gut bezahlte Fußballmillionäre gab es damals in München nicht. Ein München, in dem übrigens ein anderer Stachel bei den Roten tief saß. Der Erfolg der Blauen, der 60er.

Wieder und wieder wird auf köstliche Art und Weise darauf angespielt, wer damals noch die Vormachtstellung in München hatte. Dabei ist es eine Freude, dem stets grantelnden und zu Ausbrüchen neigenden Präsident Wilhelm Neudecker, ganz wunderbar verkörpert von Michael A. Grimm, zuzusehen und das Zusammenspiel mit dem nicht weniger brillanten Maximilian Brückner in der Rolle von Manager Robert Schwan zu genießen. Ellbogenmentalität, die gab es damals schon zu Genüge beim noch deutlich kleineren FC Bayern. Das bekam auch Trainer Cajkovski zu spüren, der mindestens in den ersten Folgen als heimlicher Star der Serie bezeichnet werden kann. Sascha Gersak meistert es bestens, den Spagat zwischen Ruppigkeit nach außen und dennoch liebevollen Zügen darzustellen.

Inhaltlich begleitet die Serie in erster Linie die Menschen hinter den immer erfolgreicher werdenden Fußballern. Sie ist daher auch ein Programm für alle, die deutlich weniger mit dem runden Leder anfangen können als der Autor dieses Textes. Natürlich sind die ersten Titel, die Weltmeisterschaft, der Europa-Pokal der Pokalsieger und anderes präsente Themen. Es geht ja um den Aufstieg jenes Vereins, der heute Fußballdeutschland dominiert. Doch im Fokus dieser Erfolge stehen immer die handelnden Personen. Dass "Gute Freunde" alles andere als ein kritischer Blick auf den FCB geworden ist, darf man weder Autoren noch Regisseur David Dietl vorwerfen. Wer über Aufstiege, gesellschaftlicher oder sportlicher Natur, erzählen will, der formt eben Erfolgsgeschichten. Kritik nur des Kritisierenswillen würde die Handlung verwässern.

Im vorliegenden Fall sind es Erfolge junger Männer, die die RTL-Kernzielgruppe von heute, also Personen unter 60, zumeist nur noch von Nacherzählungen kennen. Diese so wunderbar zu auf die Schirme zu bringen, ist auch dem klugen strukturellen Aufbau zu verdanken. Durch die Fokussierung auf immer einen Akteur lassen sich alle Ausgaben sehr gut auch versetzt schauen, auch Folge 6, in der alle gleichermaßen vorkommen, steht für sich: Hier geht es im Kern um die WM im Jahr 1974.

So ist "Gute Freunde" eine ganz wunderbare Serie geworden, die zwar nirgends aneckt, dennoch aber liebevolle Einblicke liefert in eine Zeit, in der der Fußball vielleicht nicht unbedingt besser, in jedem Fall aber bodenständiger und ehrlicher war. 

"Gute Freunde - Der Aufstieg des FC Bayern", ab 18. November bei RTL+. RTL zeigt drei Folgen am 22. November zur Primetime.