Was würden Sie mit meiner Billion Dollar machen?

Mit dieser Frage sieht sich John Fontanelli konfrontiert. Ausgerechnet er, ein einfacher Fahrradkurier aus Berlin, der gerade noch das Nachtleben der Hauptstadt unsicher machte, ist Alleinerbe eines vor 500 Jahren angelegten Vermögens, dessen Wert sich im Laufe dieser langen Zeit auf eben jene Summe angewachsen ist. Eine Eins mit zwölf Nullen – kein Wunder, dass John zunächst an einen Scherz glaubt, als ihm dämmert, dass er quasi über Nacht der reichste Menschen der Welt werden kann.

Die einzige Bedingung, an die das Erbe geknüpft ist, hat es jedoch in sich: John soll nichts weniger als der Menschheit ihre verlorene Zukunft zurückzugeben. Das ist nicht nur vor dem Hintergrund des Klimawandels eine gewaltige Aufgabe, die John zusammen mit Franca, einer geheimnisvollen Nachfahrin, die ihr ganzes Leben der Umsetzung des Testaments widmete, möglichst gut bewältigen möchte. Um dem Ziel der Weltrettung möglichst nahe zu kommen, gründet John - nach einem noch intensiveren Partyleben als zuvor - einen Fonds namens Fontanelli Enterprises, der Firmenanteile globaler Unternehmen kauft, um deren Kurs zu beeinflussen. Mit ungewissem Ausgang, erst recht, weil nach anfänglichem Laissez-faire auch noch der dubiose Hegdefondsmanager Malcolm McCaine mitmischt.

Für den Streamingdienst Paramount+ ist "Eine Billion Dollar" die bislang größte deutsche Eigenproduktion – und noch dazu eine, die es wahrlich in sich hat. Die Produktionsfirma Wiedemann & Berg hat das gleichnamige Buch von Andreas Eschbach auf Hochglanz getrimmt und zusammen mit Regisseur Florian Baxmeyer und seiner Kollegin Isabel Braak eine rasante Serie realisiert, die schon alleine optisch internationale Vergleiche keineswegs scheuen muss. Im Gegenteil: Durch einen Sprach-Mix aus Deutsch, Englisch und Italienisch wirkt "Eine Billion Dollar" so kosmopolitisch wie kaum eine andere Serie, was ihr zu zusätzlicher Glaubwürdigkeit verhilft.

Dass Eschbachs Bestseller, immerhin vor mehr als 20 Jahren erschienen, überhaupt als Serie im Jahr 2023 taugt, ist auch die Leistung von Stefan Holtz ("Die Ibiza-Affäre"), Florian Iwersen und Esther Amuser, die als Autoren-Team ganze Arbeit vollbracht haben, um den Stoff in die heutige Zeit zu transportieren. Denn klar ist: Die Herausforderungen, vor denen die Welt inzwischen steht, sind ungleich gewaltiger als noch vor zwei Jahrzehnten. Da braucht es Antworten auf Fragen, an die Andreas Eschbach beim Schreiben seines Werks vermutlich kaum zu denken wagte.

Und doch fällt die Bilanz nach sechs Serien-Folgen durchwachsen aus – was auch daran liegt, dass "Eine Billion Dollar" das anfangs meisterliche Niveau zusehends verliert. So dicht und fesselnd erzählt die erste Hälfte auch ist, so sehr fällt die mitreißende Spannung danach ab, weil es den Machern nicht vollends gelingt, den Fokus zu wahren.

An Philip Froissant, der schon in der gerade mit dem International Emmy ausgezeichneten Netflix-Hitserie "Die Kaiserin" begeisterte, liegt es nicht: Er ist die Idealbesetzung des plötzlich steinreichen Fahrradkuriers. Gekonnt verkörpert er den jungen Mann, der sich nach anfänglicher Euphorie schnell einfinden muss in eine Welt, in der er lernen muss, dass er, aber auch seine Wegbegleiter zunehmend einer Gefahr ausgesetzt sind. Auch das Zusammenspiel mit Alessandra Mastronardi, die zu den gefragtesten italienischen Schauspielerinnen gehört, funktioniert ganz wunderbar.

Ihnen, aber auch Oliver Masucci, der den undurchsichtigen Geschäftsmann Malcolm McCain mimt, schaut man über viereinhalb Stunden hinweg gerne zu, auch wenn "Eine Billion Dollar" letztlich nicht ganz das hält, was die Serie anfangs verspricht. Ohne bleibt die fast schon drängendste Frage offen, um mal kurz die Welt zu retten? Daran glaubt im Übrigen nicht einmal mehr Autor Andreas Eschbach mehr: "Wenn ich das Buch heute schreiben würde, würde ich den Betrag wohl deutlich erhöhen. Dann würde es vermutlich um 100 Billionen Dollar gehen." Und: "Mit einer Billion rettet man mit etwas Glück bestenfalls eine Bank."

"Eine Billion Dollar", ab sofort bei Paramount+