"Willy Brandt hat gesagt: Der beste Weg für die Zukunft ist, die Zukunft zu gestalten. Gestalten können wir, wenn wir miteinander sprechen. Gestalten wir können wir, wenn wir im Austausch bleiben. Und gestalten können wir, wenn wir neugierig aufeinander sind. Ein solcher Abend ist genau der richtige Ort dafür. Die besten Ideen entstehen, wenn man miteinander redet und wenn man mit Ideen jongliert", sagte Walid Nakschbandi, Chef der Film- und Medienstiftung NRW, zur Eröffnung des German MIP Cocktails.
Dieser traditionelle Branchentreff am Montag der Fernsehmesse MIPCOM wird seit vielen Jahren von der Film- und Medienstiftung NRW und dem Medienboard Berlin-Brandenburg gemeinsam veranstaltet. Medienboard-Chef Helge Jürgens wünschte zur Eröffnung allen "gute Geschäfte" und sagte: "Wir können ein bisschen positives Denken gebrauchen. Wir drücken euch die Daumen und sind an Eurer Seite."
Doch so gut die allgemeine Stimmung bei bestem Wetter zum Sonnenuntergang an der Côte d‘Azure auch war – die Sorgen aus der Heimat waren auch hier allgegenwärtig. Dass Vox unerwartet die Produktion von "First Dates" gestoppt hat, wie DWDL.de kurz vor der Abreise nach Cannes vergangene Woche vermeldete, war eines der großen Gesprächsthemen des Abends und sorgt im ohnehin angespannten wirtschaftlichen Umfeld für zusätzliche Verunsicherung in der Produktionslandschaft. "Wenn jetzt nicht mal mehr Erfolg vor solchen Entscheidungen schützt, dann ist das ein Problem für alle", brachte ein Produzent die Gemütslage auf den Punkt und verdeutlichte die Bedeutung über die direkt Betroffenen hinaus.
Es ist nur eine weitere Ungewissheit in einer Zeit, in der so vieles in der Schwebe ist wie selten zuvor. Bei RTL und Sky wartet man auf die Entscheidung des Kartellamts, bei den Öffentlich-Rechtlichen auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Rundfunkbeitrag, bei ProSiebenSat.1 auf erste konkrete Ansagen aus Mailand, wo man Treffen mit deutschen Politikern eine höhere Priorität einzuräumen scheint als einem großen Antrittsbesuch in Unterföhring. All das schlägt direkt auf Produktionslandschaft durch, die durch die Zurückhaltung der klassischen Auftraggeber unter verschärften Konsolidierungsdruck geraten ist. Dass stagnierende oder sinkende Budgets auf erhöhte Tarifabschlüsse stoßen, vergrößert die Sorge bei Produzenten dabei noch, wie am Abend in Cannes zu hören war.
Insofern kommt der Auftritt von YouTube, das sich bei dieser MIPCOM offensiv als Partner auch für klassische Produktionsfirmen und Medienhäuser positionieren wollte, zum richtigen Zeitpunkt. Wie sich die Video-Plattform präsentierte, stieß auf geteiltes Echo. YouTube gibt keine Produktionen in Auftrag, stattdessen gilt: Wer erfolgreich ist, kann dank der geteilter Werbeeinnahmen gute Geschäfte machen und sich von überraschenden Entscheidungen wie im Falle von "First Dates" unabhängig machen. Doch diese Wachstumschancen kommen auch mit entsprechendem Risiko: Floppen teure Produktionen, kann es YouTube egal sein, während das Kostenrisiko allein bei den Produktionsfirmen verbleibt. Nicht wenigen stieß daher das Wort "Partnerschaft", das YouTube so gerne bemüht, etwas sauer auf. Mehr denn je haben die Produktionshäuser ihr Glück aber selbst in der Hand. Und das ist ja auch nicht die schlechteste Ausgangslage.
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