Auf der Pressemappe zum Film steht vorne drauf „Ein Lena-Odenthal-Tatort“. Das ist fein. Da weiß ich gleich: Muss man nicht gucken. Guckt man trotzdem, bereitet die einem Beipackzettel ähnliche Warnung den Zuschauer zumindest auf das vor, was ihn erwartet: Eine großäugige Kommissarin, die versonnen in die Gegend blickt, bevor sie guckt und dann wieder schaut, um hernach gleich wieder zu gucken. Für Menschen, die Ulrike Folkerts als Lena Odenthal heiß und innig lieben, ist das prima. Für alle anderen sind es sehr harte Zeiten.
Die Zeiten werden noch härter, wenn der Film erst einmal Fahrt aufgenommen hat. Nein, so kann man das nicht sagen, denn dieser „Tatort“ zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass er niemals Fahrt aufnimmt. Er versinkt sehr rasch in einem Brei aus Bedeutungshuberei und Möchtegern.
Zu Beginn wird die Leiche des 19-Jährigen Ron präsentiert. Erschossen. Ron, das lernt man schnell, war hochbegabt und hundsgemein. Er hat Lehrer und Mitschüler gleichermaßen getriezt. Kein Wunder also, dass die Liste der Verdächtigen lang ist. Viele hatten Grund, diesem Ron Böses an den Hals zu wünschen.
Auf seinem Handy finden die Kommissare ein von Ron selbst programmiertes Videospiel. In dem flitzen eklige Spinnenmonster durch die Flure seiner Schule. Daraus schließen die Kommissare messerscharf, dass Ron, der offenbar auch über ein Gewehr verfügte, einen Amoklauf plante. Spätestens an dieser Stelle sollte man spätestens den Film verlassen, denn es ist schier unerträglich, wie die Autoren hier die Assoziationskette Hochbegabt-Videospiel-Schule-Amoklauf rasseln lassen.
Wer all diese Warnungen ignoriert, muss sich darauf einstellen, dass Odenthal und ihr öliger Assistent Kopper immer wieder mal erzählen, was denn so Stand der Dinge ist. Dabei haben sich Ulrike Folkerts und Andreas Hoppe offensichtlich lange schon davon verabschiedet, Schauspieler sein zu wollen, irgendetwas zu personifizieren. Sie stehen die meiste Zeit herum und sondern Sätze ab – fertig. Das fällt besonders auf, weil ein paar junge Akteure das mit dem Schauspiel sehr schön hinbekommen. Joel Basman als Rons Freund Manu und Leonie Benesch als von Ron erpresste Julia führen den Platzhirschen am Tatort vor, wie das so gehen kann, wenn man eine Rolle mit Leben und Glaubhaftigkeit füllt. Müsste man unbedingt einen Grund finden, diesen „Tatort“ trotzdem zu schauen, könnten die beiden einer sein.
Die Story verästelt sich wie üblich noch ein bisschen, damit auch Rons nichtsahnende Eltern ihren Platz bekommen, damit auch Odenthals dusselige Sekretärin ein paarmal auftreten darf. Odenthal selbst schießt dann aber irgendwann mittendrin den Vogel ab. Sie steht allein in einer leeren Turnhalle und hält einen Monolog. „Wie geht das. Was geht denn in so einem Kopf vor. Ich versteh das nicht“, deklamiert sie.
Natürlich geht es um Ron, aber genau in dem Moment weiß man als Zuschauer sehr genau, welche Fragen man an die Produzenten dieses Machwerks hat.