Das TV-Geschäft ist durch die digitalen Möglichkeiten viel komplexer geworden. Man hatte lange den Eindruck, der klassische Rundfunk war damit überfordert oder hat das Netz zunächst als Bedrohung statt als Chance gesehen. Hat sich das geändert?

Absolut! Es gibt eine ganze Reihe an traditionellen Fernsehanstalten, die ihr Programm auch wie selbstverständlich online anbieten und verstanden haben, dass ihre Zuschauer Inhalte nun auf verschiedenen Bildschirmen konsumieren. Die fortschrittlichen unter ihnen gehen sogar soweit, dass sie traditionelle Arbeitsabläufe mit denen für die Produktion von Online-Videos komplett verschmelzen. Für die Auslieferung der Inhalte bedeutet das salopp gesagt: Es müssen „weniger Knöpfe gedrückt“ werden, um den richtigen Inhalt für den entsprechenden Bildschirm bereitzustellen.

Für die Branche ist OTT (Over-the-top-Content) längst kein Trendthema sondern Alltag. Aber als vergleichsweise junge Medienform immer noch stark in Entwicklung. Worum geht es aktuell?

Richtig, Online-Video ist kein Trend mehr, es ist alltäglich geworden. Medienunternehmen und Sendeanstalten müssen sich mit OTT auseinandersetzen, um ihre Zuschauer zu erreichen. Drei Aspekte sind dabei aktuell für viele Unternehmen im Fokus: Die drastische Verbesserung der Nutzererfahrung, die Steigerung des Umsatzpotentials und Senkung der Betriebs- und Bereitstellungskosten von Online-Videos. Es gibt keinen Zweifel daran, dass der Konsum von Videoinhalten auf immer mehr Endgeräten nicht aufzuhalten ist.

Und jetzt lassen Sie mich raten: Brightcove will dabei helfen. Wie denn und worauf liegt Ihr Fokus bei der NAB Show in Las Vegas?

Brightcove ist ein Pionier der Monetarisierung von Online-Video. Wir helfen Sendeanstalten dabei ihre Umsätze im Digitalgeschäft zu maximieren.  Durch den Einsatz von dynamischer und serverseitiger Integration von Werbemitteln (Dynamic Ad Insertion, kurz DAI und Server-Side Ad Insertion, kurz SSAI) umgehen wir das Problem mit den Ad-Blockern und helfen dabei, die Werbung besser auf den Nutzer zuzuschneiden. Auf der NAB Show in Las Vegas präsentieren wir unser neues Produkt „Brightcove Live“. Diese ganzheitliche Lösung hilft bei der Erstellung und Verwaltung von linearen Live-Übertragungen online sowie der Umwandlung von Live-Videos in Video-on-Demand-Inhalte. Darüber hinaus zeigen wir mit Brightcove Dynamic Profiles, ein neues Feature unserer VideoCloud-Plattform. Mit diesem Tool lassen sich Speicher- und Bereitstellungskosten für Online-Videos erheblich senken. Gleichzeitig verbessert sich die Videoqualität für Nutzer mit limitierter Bandbreite durch automatisierte Videooptimierung.

Aber Sender stehen immer noch vor der Herausforderung, dass sich ein Zuschauer im Netz schlechter monetarisieren lässt als ein Zuschauer im linearen Fernsehen. Klingt nach Henne-Ei-Problem: Muss erst die Monetarisierung ein höheres Level erreichen oder muss erst der Content da sein, damit es dazu kommt?

Die „Entweder-Oder-Frage“ stellt sich für Broadcaster gar nicht. Sicher, es ist richtig zu sagen, dass ein signifikanter Teil des Umsatzes immer noch mit Werbung im klassischen TV-Angebot gemacht wird. Allerdings ist es genauso richtig, dass ein signifikanter Teil der Zuschauer auf internetfähige, mobile Endgeräte abwandert oder diese zumindest zum TV-Konsum hinzufügen. Sich diesen neuen Bildschirmen und möglichen Monetarisierungsstrategien zu verschließen, bedeutet sich der Zuschauerreichweite der Zukunft zu verschließen. Auch wenn die Umsatzmodelle von Online-Video noch nicht an die der traditionellen Medienkanäle herankommen, repräsentiert der Digitalumsatz einen Bereich, der in kommenden Jahren exponentiell wachsen wird.

Welche Bedeutung hat der deutsche Markt für Brightcove?

Wir sehen großes Potenzial für Brightcove in Deutschland. Unsere europäischen Kunden, die wir über die Region hinweg betreuen, nutzen verschiedenste Tools aus unserer Suite. Unser Portfolio ist so gestaltet, dass wir für jedes Geschäftsmodell individuelle, dynamische Lösungen anbieten können. Auch wenn die „Early Adopter“ in der Regel nicht in Deutschland sitzen, so entwickeln sich auch deutsche Medienunternehmen und Rundfunkanstalten weiter. Ihre Angebote sind dabei jedoch oft noch nicht ausgereift. Wir brennen daher auf den Austausch mit potenziellen Kunden, um zu verstehen, wie Brightcove ihnen helfen kann, ihre Pläne in die Tat umzusetzen.

Abgesehen von den bereits angesprochenen Themen: Was glauben Sie, werden die größten Themen auf der NAB Show?

4K-Auflösung und Virtual Reality erhalten mit Sicherheit die größte Aufmerksamkeit auf der NAB Show 2017. Wir sind gespannt auf den Austausch zu diesen Themen und haben Lösungen im Portfolio um diese atemberaubenden Technologien zum Leben zu erwecken. Auch wenn bereits einige Hürden bei der Bereitstellung und Lizensierung von 4K-Online-Videos genommen wurden, sind wir davon überzeugt, dass die bereits verfügbaren HD-Inhalte noch deutlich weiterentwickelt werden müssen. Durch den Einsatz fortschrittlicher Technik, wie der bereits angesprochenen dynamischen Auslieferung, glauben wir Sendeanstalten in Sachen HD-Content weiterbringen zu können, während sie bereits an den 4K-Angeboten von morgen arbeiten.

Eine Frage noch. In Zeiten der ortsunabhängigen, globalen Kommunikation: Wie wichtig ist eine Messe wie die NAB Show für Sie?

Die NAB Show ist neben der im September stattfindenden IBC in Amsterdam, sehr wichtig für uns. Auf diesen beiden Events treffen wir Kunden und potenzielle Neukunden aus aller Welt, um im persönlichen Austausch unsere Neuerungen vorzustellen, mehr über die Probleme und Herausforderungen zu lernen und neue Ideen zu diskutieren.

Herr Smith, herzlichen Dank für das Gespräch.

Matt Smith ist Vice President und Principal Media Evangelist der Media Business Unit bei Brightcove. Zuvor war er in verschiedenen Rollen bei anderen Branchenunternehmen tätig.