Sie haben sich für Microsoft entschieden. Gibt es in dem Feld einen Wettbewerb bei dem Sie aus mehreren möglichen Partnern wählen konnten oder war allein Microsoft in der Lage, zu bieten, was sie brauchen?

Es gibt drei große Cloud-Anbieter: Google, Amazon und Microsoft. Aus UFA/Bertelsmann-Perspektive war das eine einfache Antwort. Bertelsmann ist Partner von Microsoft, es gibt seit langem sehr produktive Beziehungen. Hinzu kommt, dass man alle rechtlichen Fragen, die sich in diesem Bereich natürlich auch stellen, mit Microsoft sehr konstruktiv löst. Es ist sehr beeindruckend, mit welchem Pragmatismus und welcher Bodenständigkeit man dort mit komplexen Technologiethemen aus dem Medienbereich umgeht und wie schnell man Probleme löst. Das ist die Zusammenarbeit, die man sich mit solch einem großen Konzern wünscht.

Teil der Zusammenarbeit sind mit Interlake und Nexxt.tv auch zwei mittelständische Dienstleister…

Das ist Microsoft-Strategie. Microsoft arbeitet ausschließlich über sogenannte Channel-Partner. Das sind überwiegend kleine Firmen, die die Kundenbedürfnisse maßgeschneidert erfüllen können. Man braucht diese Channel-Partner, die individuell auf die Workflows und Bedürfnisse eingehen können. Die meisten Produktionsfirmen sind technisch nicht ganz so gut aufgestellt.

Harte Worte.

Aber es ist so. Die UFA ist schließlich eine der wenigen Produktionshäuser, die sich eine eigene Technologie-Abteilung leistet. Ich kenne ehrlich gesagt sonst keine andere. Für Produzenten war Technologie einfach nie ein Thema, da es nie ausschlaggebend für die Beauftragung eines Programms war. Hier war immer das kreative Know-How entscheidend. Das hat sich mit der Digitalisierung der Prozesse grundlegend gewandelt, auch weil sich Geschäftsmodelle wandeln.

Aber die UFA will ja jetzt nicht selbst ins VoD-Geschäft einsteigen oder? Weil diese Möglichkeit in ihrer Zusammenarbeit mit Microsoft so betont wird.

Als UFA haben wir bereits einen großen Rechte-Pool. Ein digitales Archiv besteht bereits seit acht Jahren. Dieses umfasst 25.000 Folgen Telenovelas und Dailys. In Deutschland haben wir zwar nicht die Rechte daran, dafür aber in 198 anderen Ländern. Wenn ich jetzt eine Cloud habe, die mir ermöglicht, in Echtzeit meine deutsche Telenovela in Brasilien mit portugiesischen Untertiteln zur Verfügung zu stellen, dann bin ich mir sicher, dass unsere Inhalte noch viel reisen werden. Die Bereitstellungskosten sind durch die Cloud drastisch gesunken. Und es gibt sogar nicht nur die Möglichkeit eine Folge zu sehen, sondern man kann sich darüber hinaus auch alle Szenen mit seinem Lieblingsdarsteller zusammenstellen lassen – also eine Art Playlist für Video, individuell zusammengestellt, auf der Basis von über 25.000 Assets. Das sind die Ideen, die wir momentan mit Microsoft entwickeln.

Also eine deutlich intensivere Nutzung von Meta-Daten als bislang?

Genau. Wenn man bedenkt, dass der komplette Videobereich noch im Zeitalter der CD stehen geblieben ist, ist das eigentlich dramatisch. Da ist man im Audio-Bereich viel weiter. Alles, was z.B. iTunes, Spotify und all die Playlisten bieten, gibt es im Videobereich noch nicht. Hier schlummert großes Potenzial. Unser digitaler Workflow liefert außerdem sehr viele Metadaten, von denen wir auch inhaltlich sehr viel lernen können, so zum Beispiel welche Darsteller, Handlungsstränge, Locations am meisten gesehen werden. Daraus lassen sich künftig wichtige Rückschlüsse für unser eigenes Storytelling ziehen - das ist ein noch völlig unbekannter Bereich.

Was war für Sie bei der NAB Show darüber hinaus im Fokus?

Neben der Cloud und dem HDR werden wir das Projekt „Gateway to Infinity“ mit dem Fraunhofer Institut vorstellen. Da haben wir rein aus technischer Sicht etwas gemacht, wo der Film vor 120 Jahren hin wollte. Er wollte keine 2D-Representation der Wirklichkeit darstellen, sondern die Realität abbilden. Und zusammen mit dem Fraunhofer Institut arbeiten wir nun daran. Wir befinden uns zwar noch in einem frühen Stadium, aber daraus kann sich eine neue Erzählform entwickeln, die alles andere in den Schatten stellt.

Ist Virtual Reality also nicht nur ein Hype-Thema wie einst 3D?

Dazu müsste man erst einmal den Begriff VR definieren. Ich rede nicht über 360 Grad-Videos und am Ende auch nicht über eine geschlossene Brille. Ich rede eigentlich über Mixed Reality. Die einzige Technologie, die in diese Richtung geht, kommt von Microsoft mit den HoloLens.

Könnte man zusammenfassend sagen: Fernsehen bzw. Fernsehproduktion wird grenzenloser?

So sieht es aus. Es fallen Grenzen in Produktions- und Distributionsabläufen, aber auch geografische Grenzen, weil sich dadurch international viel einfacher agieren lässt. Für uns Geschichtenerzähler brechen großartige Zeiten an, weil die Technik nahtloser funktioniert und damit der Fokus viel stärker auf die Kreativität gelegt werden kann. Die Zeiten waren nie besser.

Herr Feiler, herzlichen Dank für das Gespräch.