Zumindest eine der eigentlich drei geplanten Säulen der Filmförderreform hat es kurz vor Jahresende und trotz des Auseinanderbrechens der Ampel-Koalition noch durch den Bundestag geschafft. Am späten Donnerstagabend ist die Reform des Filmfördergesetzes mit den Stimmen von SPD, Grünen und FDP im Bundestag beschlossen worden. Die anderen Parteien stimmten dagegen, CDU/CSU bemängelten etwa, dass es nicht zum "großen Wurf" mit den drei Säulen gereicht habe.
Der eigentliche Durchbruch war am Tag zuvor im Kulturausschuss gelungen. Dort hing die Einigung bis zuletzt am seidenen Faden. Letztlich machten Grüne und SPD Last-Minute-Zugeständnisse an die FDP, um den Gesetzesentwurf noch zu retten. So wurde der eigentlich vorgesehene Diversitätsbeirat wieder aus dem Gesetzentwurf gestrichen, auch Zusätze wie die Aufgabe, auf ökologische Nachhaltigkeit hinzuwirken, sind nicht mehr im Filmfördergesetz enthalten. Die FDP rühmt sich damit, "bürokratische Beiräte" verhindert zu haben.
Weitere Änderungen betreffen die Anrechenbarkeit von Medialeistung auf die Filmförderbeiträge, die eigentlich komplett gestrichen werden sollen. Nun dürfen Fernsehsender weiterhin einen Teil der an die FFA zu zahlenden Filmabgabe durch von Werbezeiten für Kinofilme ersetzen, allerdings künftig nur noch für 15 statt bislang 40 Prozent. Das Recht wird obendrein zudem auch Streaming-Anbietern eingeräumt. Die Streichung war zunächst vorgesehen, um die Fördertöpfe mit ausreichend Geldmitteln auszustatten - gleichzeitig ist die wirtschaftliche Lage der Sender allerdings aktuell auch angespannt. "Ja, wir mussten Kompromisse eingehen, aber die Reform ist und bleibt ein wichtiger Erfolg", kommentierte BKM Claudia Roth.
Generell wird durch die Reform des Filmfördergesetzes die Vergabe der Fördermittel stärker automatisiert. Über die Förderung entscheidet künftig Referenzmodell, das auch die wirtschaftlichen und kulturellen Erfolge früherer Filmproduktionen berücksichtigt. Die bisherigen Förderkommissionen, die über eine Förderung entschieden haben, werden hingegen abgeschafft. Die Filmförderungsanstalt FFA wird gestärkt, sie ist künftig sowohl für die abgabefinanzierte Filmförderung als auch für die kulturelle und jurybasierte Filmförderung verantwortlich.
Eine gute Nachricht hatte Claudia Roth, Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, zudem noch im Gepäck. In ihrer Rede vor dem Bundestag sagte sie: "Für 2025 werden wir eine Brücke bauen, indem wir den Deutschen Filmförderfonds und den German Motion Picture Fund verlängern und zum 1. Februar 2025 die Anreizförderung auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau von 30 Prozent anheben."
Am heutigen Freitag steht nun noch die Behandlung im Bundesrat an. Für die gebeutelte Filmbranche ist mit Inkrafttreten des neuen Filmfördergesetzes zumindest ein Ziel erreicht - wenngleich das so sehnlich herbeigesehnte Steueranreizmodell ebensowenig beschlossen wurde wie auch die Investitionsverpflichtung, die die Produktionslandschaft ebenso wünscht, die von Sendern und Plattformen aber scharf kritisiert wird.
Produktionsallianz-Chef Björn Böhning zeigte sich trotzdem geradezu euphorisch: "Was für ein Meilenstein für die deutsche Film- und Fernsehbranche! Die Erhöhung der bestehenden Förderung des Bundes auf 30 Prozent ohne Kappungsgrenze ist ein hervorragendes Signal für die Produktionsunternehmen und Studios in Deutschland und gleichzeitig eine mehr als beruhigende Nachricht für tausende Beschäftigte, die in großer Sorge waren. Mit dieser neuen Film- und Fernsehförderung kann Deutschland im Wettbewerb der internationalen Produktionsstandorte endlich wieder mithalten. Im Namen der deutschen Produktionswirtschaft danken wir der Bundesregierung und den unterstützenden Parlamentarier*innen für ihren Einsatz für die ganze Branche."
Böhning weiter: "Die neue Klarheit beim DFFF I und II sowie GMPF schafft Planungssicherheit für die Produktionen und nicht zuletzt steigert es die Attraktivität für Investitionen aus dem Ausland. Zusammen mit dem neuen FFG sind wir der großen Filmreform mit drei Säulen sehr nah: Bessere Förderung, ein international wettbewerbsfähiges Anreizmodell und zusätzlich noch eine Investitionsverpflichtung, die fairen Wettbewerb schafft. Mit der heutigen Ankündigung ist viel davon erreicht. Unsere Branche kann mit neuer Zuversicht auf das kommende Jahr 2025 blicken."
Beim Produzent*innenverband klingt man etwas verhaltener. Auch dort sieht man "einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu einem neu strukturierten Fördersystem", forderte die Parteien aber "mit Nachdruck dazu auf, die noch fehlenden Gesetzesentwürfe für das Steueranreizmodell und die Investitonsverpflichtung" zeitnah vorzulegen. Die Anhebung der Förderhöhe auf 30 Prozent bezeichnete Marcel Lenz, Mitglied des Vorstands des Produzent*innenverbands, als "großen Hoffnungsschimmer".
Alexandra Krampe fügt aber an: "Wir weisen darauf hin, dass auch mit der Verabschiedung des neuen Filmförderungsgesetzes die Planungsunsicherheit in der Branche anhält. Denn dieses Gesetz ist nur ein Element und die ausgestaltenden Richtlinien sind noch nicht veröffentlicht." Krampe weiter: "Trotz der Erleichterung über die Verabschiedung des neuen FFG üben wir Kritik an den vor allem parteipolitisch getriebenen Änderungen der FDP in letzter Minute. Wir bedauern, dass im FFG nun die Belange der Diversität, Geschlechtergerechtigkeit, Inklusion, Antidiskriminierung und Nachhaltigkeit in der Film- und Kinowirtschaft keine angemessene Berücksichtigung finden. Wir werden uns dafür einsetzen, dass nicht nur unsere Mitglieder, sondern die gesamte Film-, Fernseh- und Streamingbranche den angedachten Weg hin zu mehr Geschlechtergerechtigkeit, Teilhabe und Vielfalt auch ohne gesetzliche Regelungen fortsetzt."