In diesem Frühjahr ist es um das Verhältnis zwischen ProSiebenSat.1 auf der einen und ARD/ZDF auf der anderen Seite nicht unbedingt gut bestellt gewesen. Weil man in Unterföhring ohne Rücksprache die Mediatheken der Öffentlich-Rechtlichen bei Joyn eingebunden hatte, entbrannte ein großer Streit. Bei ProSiebenSat.1 sprach man von einem Beta-Test, den man nach dem vielen Staub, der aufgewirbelt wurde, wieder beendete. Zuletzt bekam die ARD in erster Instanz vor dem Landgericht Köln Recht (DWDL.de berichtete).
Nun hat sich Bert Habets nochmal zur Sache geäußert. Der ProSiebenSat.1-CEO hatte gerade erst seinen Vertrag verlängert, er wird die Sendergruppe also auch in den kommenden Jahren führen. Habets verweist in einem Interview mit der Nachrichtenagentur dpa darauf, dass es bereits seit mehr als zwei Jahren Gespräche über mögliche Kooperationen gebe. Außerdem bringt er auch den sogenannten Reformstaatsvertrag ins Spiel, in dem die Öffentlich-Rechtlichen zu verstärkten Kooperationen mit den Privaten verpflichtet werden. "In Verbindung mit den Signalen, die wir bekommen haben, war es für uns logisch, einen Beta-Test einzuleiten und neue Dinge auszuprobieren."
Von der "harschen Reaktion von ARD und ZDF", so bezeichnet es Habets, sei man überrascht gewesen. Dennoch scheint Habets mit dem Experiment zufrieden zu sein. "Unterm Strich bin ich aber froh, dass wir es gemacht haben, weil es den Dialog intensiviert und uns in der Konkretisierung der Zusammenarbeit weiterbringt. Ich hoffe, dass wir zu einer guten und partnerschaftlichen Lösung kommen." Auf die Frage, ob man die Programminhalte von ARD und ZDF bei Joyn einbinde, sobald der Reformstaatsvertrag am 1. Dezember in Kraft ist, antwortet Habets: "Ja, aber auf eine kooperative Weise." Man arbeite intensiv daran, eine gemeinsame Lösung zu finden. Spannend dürfte es werden, wenn man bis zum Inkrafttreten des Reformstaatsvertrages keine Lösung gefunden hat.
In dem Interview mit der dpa geht es aber natürlich auch um das zweite große Thema, das bereits seit Jahren über ProSiebenSat.1 schwebt: Großaktionär MFE. Zum zuletzt angekündigten Übernahmeangebot machte Habets wenig überraschend keine Aussagen. Er verwies auf die gesetzlich vorgesehene, begründete Stellungnahme, die man abgeben werde, wenn alle Prozesse des Verfahrens abgeschlossen sind (DWDL.de berichtete).
Generell sagt Habets zu MFE, dass sich der Dialog mit den Italienern "positiv" entwickelt habe. Grundsätzlich sei es zudem gut, dass man Großaktionäre habe, die selbst im Entertainment-Business tätig seien. "Wir verfolgen alle dieselbe Strategie, aber mit unterschiedlichen Perspektiven. Unsere DNA ist Entertainment und unser Ziel ist klar: Marktführer im deutschsprachigen Raum sein. Ich setze deshalb alles daran, Joyn so schnell wie möglich, so groß wie möglich zu machen und gleichzeitig unsere Sender weiter zu stärken."
Zuletzt war in Medienberichten außerdem noch von einem weiteren Stellenabbau im Konzern die Rede. Den hat Habets nun bestätigt und erklärt, man wolle das "auf jeden Fall im Rahmen eines Freiwilligenprogramms umsetzen". Man sei aktuell in Gesprächen mit Arbeitnehmervertretungen. Voraussichtlich im Mai werde man die Neuaufstellung dann intern kommunizieren. Ende Mai findet außerdem die nächste Hauptversammlung von ProSiebenSat.1 statt - ziemlich sicher wird dann schon bekannt sein, von wie vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sich Habets trennen will.
Zwischen all den Baustellen bleibt Habets im Interview mit der dpa aber auch noch Zeit, einen kleinen Seitenhieb in Richtung RTL unterzubringen. Als der ProSiebenSat.1-CEO gefragt wird, wie er die Shows von Stefan Raab bei RTL finde, sagt er, dessen Verpflichtung durch den Konkurrenten sei ein "großer Marketing-Stunt" gewesen. Habets: "Raab wird weiterhin eine gewisse Fanbasis haben. Aber das Zuschauerinteresse sinkt schneller als ich dachte."