Kann der amtierende NDR-Intendant früher in den Ruhestand gehen, wie er es nun schon seit einiger Zeit anstrebt? Und wer führt die öffentlich-rechtliche Anstalt in der Zukunft? Mit diesen Fragen beschäftigt sich am heutigen Freitag der Rundfunkrat des NDR. Nachdem Anfang April die vom Verwaltungsrat vorgeschlagene Ex-Bertelsmann-Managerin Sandra Harzer-Kux im Rundfunkrat nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit erhielt, ist es nun der zweite Anlauf. 

Wie schon vor einigen Wochen steht auch jetzt nur eine Person zur Abstimmung: Hendrik Lünenborg. Mit ihm setzt der Verwaltungsrat jetzt auf einen deutlich weniger kontroversen Namen. Harzer-Kux fiel schon alleine deshalb auf, weil sie keine öffentlich-rechtliche Erfahrung hatte - was kein Nachteil sein muss. Im Rundfunkrat wurde ihr das hier und da aber eben doch als solcher ausgelegt. Hier muss sich Hendrik Lünenborg keine Sorgen machen. 

Lünenborg absolvierte bereits um die Jahrtausendwende sein Volontariat im NDR und stieg danach immer weiter auf, zunächst zum Chef von Dienst und stellvertretenden Programmchef, später war er Leiter der Intendanz und Programmchef von NDR 90,3 sowie stellvertretender Direktor des Landesfunkhauses Hamburg. Seit Mitte 2023 ist er Direktor des Landesfunkhauses Hamburg. Nun will er also Intendant werden - und ist dabei für den Verwaltungsrat nur die zweite Wahl, was erst einmal eine schiefe Optik verursacht. Seine Chancen auf das Amt muss das aber nicht schmälern, die Entscheidung liegt beim Rundfunkrat. 

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Sicher ist die Wahl Lünenborgs aber keinesfalls - trotz seiner jahrelangen Erfahrung im NDR. Dass es spannend ist, hat mehrere Gründe. So muss auch Lünenborg zwei Drittel der abgegebenen Stimmen der Rundfunkrätinnen und Rundfunkräte auf sich vereinen, das ist per se kein Selbstläufer. Und dann gibt es nach wie vor Mitglieder in dem Gremium, die unglücklich mit der grundsätzlichen Konstellation sind. Sprich: Dass sie nur über eine Person abstimmen können. 

NDR-Staatsvertrag sorgt für Verwirrung

Anders als zuletzt unter anderem im WDR haben die Rundfunkrätinnen und Rundfunkräte des NDR keine echte Wahl, weil sie der Personalie Lünenborg nur zustimmen oder sie ablehnen können. Grund dafür ist der NDR-Staatsvertrag, der sowohl in den Gremien, aber auch in der Politik, äußerst unterschiedlich interpretiert wird. Während die einen das Papier so auslegen, dass der Verwaltungsrat dem Rundfunkrat nur eine Person für die Wahl vorschlagen darf, glauben andere, dass es auch aktuell schon möglich ist, dem Rundfunkrat mehrere Personen vorzuschlagen. 

Im April, kurz nach der gescheiterten Wahl von Sandra Harzer-Kux, gingen die Wellen ziemlich hoch. Der DJV-Chef bezeichnete die Wahl als ein "Fiasko" und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Form des Redaktionsausschuss, des Gesamtpersonalrats und des Personalrats Hamburg forderten ein gänzlich neues Auswahlverfahren. Dazu ist es nicht gekommen, die NDR-Gremien bewegen sich mit ihrem aktuellen Vorgehen aber innerhalb der Leitplanken, die der Staatsvertrag setzt.

Wählt der Rundfunkrat heute mit der erforderlichen Mehrheit einen neuen NDR-Intendanten, ist die Sache mit der gescheiterten Wahl im April schnell vergessen. Nur eins ist auch klar: Scheitert auch Hendrik Lünenborg an diesem Freitag, dürfte das die ARD-Anstalt in der Führungsfrage endgültig ins Chaos stürzen. Der vorzeitige Ruhestand von Joachim Knuth würde dann außerdem in weite Ferne rücken. Er wäre eigentlich noch bis Anfang 2026 im Amt, will aber bereits Ende August aufhören. 

DWDL.de berichtet heute ab 11:30 Uhr in einem Liveticker von der Sitzung des NDR-Rundfunkrates.