Am Ende war es ein großer Vertrauensbeweis: Hendrik Lünenborg ist am Freitag vom NDR-Rundfunkrat mit großer Mehrheit zum neuen Intendanten gewählt worden, er tritt sein Amt zum 1. September an. Noch-Intendant Joachim Knuth, eigentlich noch bis Januar 2026 im Amt, darf schon Ende August in den Ruhestand gehen. 50 Mitglieder des Rundfunkrates stimmten am Ende für Lünenborg, 36 Stimmen hatte er für die notwendige Zweidrittelmehrheit benötigt.
Die mehr als 94 Prozent Zustimmung (bei einer Nein-Stimme und zwei Enthaltungen) sind ein mehr als deutliches Ergebnis - und wohl auch Ausdruck der großen Ungewissheit, die eingetreten wäre, hätte auch Lünenborg die Wahl nicht geschafft. Anfang April erreichte die ehemalige Bertelsmann-Manager Sandra Harzer-Kux zwar die Mehrheit im Gremium, verpasste aber das nötige Quorum von zwei Dritteln der Stimmen. Mit der Wahl von Lünenborg jetzt ist das vergessen, in den kommenden fünf Jahren wird er den NDR leiten.
Lünenborg wurde aber nicht nur deshalb gewählt, weil der Rundfunkrat das ultimative Chaos in der NDR-Führung vermeiden wollte. Bei der Vorstellung vor dem Gremium machte er eine gute Figur und konnte, anders als Sandra Harzer-Kux, mehrfach auf seine Erfahrungen im NDR verweisen. Eine Nachfrage, ob nicht auch ein Blick von außen gut sei, parierte er mit einem Verweis auf seine verschiedenen Stationen im Sender.
Insgesamt gab sich der aktuelle Direktor des Landesfunkhauses Hamburg selbstbewusst. "Ich kenne den NDR sehr sehr gut", sagte er. Deshalb wisse er auch, was zu tun sei. Als Ziele kündigte er unter anderem verstärkten Dialog mit dem Publikum an - und auch mit solchen Menschen, die der NDR aktuell nicht mehr (so gut) erreicht. Außerdem will Lünenborg eine größere Unabhängigkeit von den großen Tech-Plattformen. Kooperationen oder zumindest Gespräche darüber kündigte der künftige Intendant vor dem Rundfunkrat in alle Richtungen an: Mit Verlagen, privaten Rundfunkanbietern und auch dem ZDF und anderen ARD-Anstalten. Gleichzeitig machte er deutlich, dass auch der NDR in der Formatentwicklung schneller werden müsse, um im Digitalen an Bedeutung zu gewinnen.
Ich werde mich gemeinsam mit allen NDR Mitarbeitenden dafür einsetzen, dass der NDR stark und vor allem unabhängig bleibt. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir uns verändern und die digitale Transformation konsequent vorantreiben.
Hendrik Lünenborg, designierter NDR-Intendant
Im Digitalen müsse man auch besser darin werden, Formate zu beenden, die nicht so gut funktionieren, erklärte der designierte Intendant im Anschluss an die Wahl vor Journalistinnen und Journalisten. Auf die ersten Projekte angesprochen, mit denen er sich befassen werde, verwies Lünenborg auf den Reformstaatsvertrag, der zum 1. Dezember in Kraft treten soll. Gerade erst hat das Papier den ersten Landtag passiert (DWDL.de berichtete). Der Reformstaatsvertrag werde einige schnelle Entscheidungen nötig machen, so Lünenborg.
Hendrik Lünenborg erklärte im Anschluss an seine Wahl: "Ich bedanke mich für das Vertrauen, das mir erst der Verwaltungsrat und dann der Rundfunkrat ausgesprochen haben. Ich werde mich gemeinsam mit allen NDR Mitarbeitenden dafür einsetzen, dass der NDR stark und vor allem unabhängig bleibt. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir uns verändern und die digitale Transformation konsequent vorantreiben. Damit der NDR auch in der digitalen Welt eine Selbstverständlichkeit wird."
"Kommunikationsstarker und führungserfahrener Teamplayer"
Nico Fickinger, Vorsitzender des NDR Rundfunkrates, sagte nach der Wahl: "Hendrik Lünenborg verfügt über einen klaren Kompass, wie den Herausforderungen des Reformstaatsvertrages zu begegnen, die nötige Transformation zu gestalten und die Regionaloffensive voranzutreiben ist. Er ist ein kommunikationsstarker und führungserfahrener Teamplayer mit fundierten journalistischen Kenntnissen, der authentisch den begonnenen Kulturwandel verkörpert und engagiert fortsetzen wird. Wir trauen ihm zu, dass er den NDR zukunftsfest aufstellen kann: mit Gestaltungsfreude und Durchsetzungskraft, aber auch mit viel Empathie, Leidenschaft für die Sache und der gerade in schwierigen Zeiten nötigen Zuversicht."
Hendrik Lünenborg ist ein Kind des NDR. Nach seinem Studium der Politikwissenschaften und Geschichte fing er 1994 als freier Mitarbeiter beim Sender an. Nach einem Volontariat im NDR war Lünenborg ab 2001 in der Redaktion Landespolitik/Wirtschaft im NDR Landesfunkhaus Niedersachsen in Hannover und beim Radioprogramm NDR Info in Hamburg tätig. 2009 wurde Lünenborg Chef vom Dienst und stellvertretender Leiter beim Radioprogramm N-JOY. Von 2012 bis 2016 war er Leiter der Intendanz des NDR. Zwischen 2016 und 2020 war er Programmchef der Hörfunkwelle NDR 90,3 Hamburg und stellvertretender Direktor des NDR Landesfunkhauses Hamburg. Anschließend war Lünenborg zuständig für die strategische Unternehmensentwicklung und erneut Leiter der Intendanz. Seit Juli 2023 ist er Direktor des NDR Landesfunkhaus Hamburg.
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