In einem Interview mit dem "Stern" sprach Kultur-Staatsminister Wolfram Weimer unter anderem über die Pläne einer Abgabe für die Betreiber großer Online-Plattformen gesprochen, die im Koalitionsvertrag festgehalten wurden. Weimer kritisiert, dass die Medienvielfalt durch monopolähnliche Strukturen gefährdet sei und die Konzerne zugleich "enorm von der medialen und kulturellen Leistung sowie der Infrastruktur unseres Landes" profitierten, aber kaum Steuern zahlen würden. "Kurzum: Deutschland sollte einen Plattform-Soli einführen", so Weimer.

Auch wenn die Argumente schon seit Jahren auf dem Tisch lägen, müsse sich jetzt etwas ändern. "Wir haben ein Konzept erarbeitet, das Google und Co. einlädt, sich fortan stärker einzubringen und Teilhabe zu leisten. Es herrscht über die Parteigrenzen große Einigkeit, dass die Politik hier endlich handeln sollte." Dazu werde er das Gespräch mit den Tech-Riesen suchen - zugleich werde aber auch an einer Gesetzes-Vorlage gearbeitet. Dabei schwebt ihm eine Orientierung am österreichischen Modell vor.

"Österreich hat seit 2020 für sehr große Plattformbetreiber eine einfache und effektive Besteuerung von Onlinewerbeleistungen in Höhe von fünf Prozent eingeführt. Die österreichischen Erfahrungen mit einem Plattform-Soli sind aus meiner Sicht überzeugend", so Weimer im "Stern". Für Deutschland schwebt ihm ein Abgabesatz von zehn Prozent vor, dieser sei "moderat und legitim". "Wir sollten Google und Co. endlich fordern."

Die Reaktionen darauf fallen gemischt aus. Lob kommt vom Privatsender-Verband VAUNET. Der Vorstandsvorsitzende Claus Grewenig sagt: "Wir begrüßen, dass der Staatsminister für Kultur und Medien die Themen Level Playing Field mit Big Tech-Plattformen sowie Refinanzierung der Medien aktiv angeht und damit ein schnelles Zeichen für eine konsequente Umsetzung des Koalitionsvertrags setzt. Der VAUNET stimmt insbesondere dem Ziel zu, die gewachsene Medienvielfalt in Deutschland zu verteidigen. Nur so kann den dramatischen Verschiebungen in der Wertschöpfungskette zu Lasten der Medien, die nachhaltig journalistisch-redaktionelle Inhalte erstellen, entgegengewirkt werden. Dies ist umso dringlicher, als dass sich durch den Einsatz von KI seitens marktmächtiger Player das Zeitfenster immer schneller schließt."

Das gemeinsame Statement von Matthias Ditzen-Blanke und Philipp Welte, die die Verleger-Verbände BDZV und MVFP führen, liest sich etwas zurückhaltender: "Wir begrüßen, dass die neue Bundesregierung die Plattformmonopole im Interesse digitaler Medienvielfalt in die Pflicht nehmen will. Eine Steuer auf Onlinewerbeleistungen der Monopole ist dafür nur geeignet, wenn die Einnahmen nicht im Bundeshaushalt verschwinden, sondern unmittelbar für die Gegenfinanzierung der Unterstützung redaktioneller Medien verwendet werden, deren Wirtschaftlichkeit durch eben jene internationalen Technologieplattformen massiv angegriffen ist."

Sie dringen dafür weiterhin auf eine Reduzierung der Umsatzsteuer auf Presseprodukte. Auch bei VAUNET mahnt man eine "staatsferne Umsetzung bei der Verteilung" an, was schon impliziert, dass man die Einnahmen auch dort ungern "im Bundeshaushalt verschwinden" sehen würde. VAUNET betont außerdem, dass neben der Sicherung der Refinanzierungsfreiheit privater Medien vor allem auch die Weiterentwicklung der Plattformregulierung bei der Auffindbarkeit von Medieninhalten sowie die Möglichkeiten für Medienunternehmen zu Kooperationen im Wettbewerbsrecht weitere zentrale Bausteine für ein Level Playing Field sein müssten.

Christoph Schmitz-Dethlefsen, für Medien und Digitalwirtschaft zuständiges Mitglied des ver.di-Bundesvorstands, begrüßte die Pläne für die Abgabe ebenfalls - und fordert die Einnahmen zur Förderung von Digitaljournalismus eingesetzt werden sollten: "Eine Digitalabgabe würde endlich damit beginnen, die Marktschieflage zwischen in Deutschland tätigen Tech-Giganten und traditionellen Medienunternehmen auszugleichen. Die sich daraus ergebenden Erlöse sollten gezielt zur Förderung von Digitaljournalismus und demokratiefördernden publizistischen Projekten eingesetzt werden. Der Bedarf ist hoch und vielfach tun sich neue Angebote mit ihren Innovationen gegen die drückende Übermacht von Tech-Konzernen schwer. Eine Digitalabgabe könnte mehr Journalismus und Vielfalt ermöglichen, das ist die Chance aber auch die Aufgabe dieses Vorschlages von Staatsminister Weimer."

Der DJV-Bundesvorsitzende Mika Beuster sieht die Pläne als richtigen Weg, "die Plünderung des Onlinejournalismus durch Google und Co zu stoppen." Auch er fordert die Verwendung der Mittel zur Journalismusförderung. Dabei sollten aus Gewerkschaftssicht nur solche Medienunternehmen gefördert werden, die sich zur Tariftreue bekennen. Beuster: "Es ist nur gerecht, wenn die Big Tech-Konzerne, die unter anderem von journalistischen Medienangeboten leben, einen kleinen Teil ihrer gigantischen Umsätze zur Stärkung des Journalismus hergeben müssen."

Oliver Süme, Vorstandsvorsitzender von eco, dem Verband der Internetwirtschaft, übt hingegen Kritik an den Plänen und sieht darin einen "schweren Schlag für die Digitalisierung in Deutschland". Süme: "Eine solche Steuer stellt Unternehmen vor erhebliche Anforderungen in Bezug auf Dokumentation und Nutzerverfolgung zur korrekten Erfassung des Werbeaufkommens in Deutschland." Die Pläne könnten auch deutsche Unternehmen treffen. "Eine aufstrebende Digitalwirtschaft unterstützt man so nicht", so Süme, der sich obendrein wundert, dass sich Wolfram Weimer überhaupt um das Thema kümmert. "Wir haben jetzt seit wenigen Wochen ein Digitalministerium, das hier augenscheinlich gar nicht weiter berücksichtigt wird. Digitalpolitik aus einem Guss sieht anders aus", so Süme.