"Wir binden einen bunten Blumenstrauß und jemand möchte nur die lachsfarbenen Rosen haben. So wird es nicht gehen." Als WDR-Programmdirektor Jörg Schönenborn auf das ungefragte Einbetten öffentlich-rechtlicher Inhalte auf der ProSiebenSat.1-Plattform Joyn zu sprechen kam, drohte für einen kurzen Moment auf dem Podium der ANGA COM doch noch Streit aufzukeimen zwischen ihm und Claus Grewenig, dem Vorstandsvorsitzenden des Privatsenderverbands VAUNET, der nur zwei Stühle neben ihm saß.

Doch Grewenig war erkennbar nicht auf Streit aus an diesem Nachmittag, schließlich sollte es in dem vom VAUNET organisierten Panel vor allem um den Umgang mit den mächtigen Plattformbetreibern gehen, mit denen es öffentlich-rechtliche wie private Medienhäuser gleichermaßen aufnehmen müssen.

Zwar habe TikTok den WDR bei einem Erklärkanal zur Europawahl "sehr stark unterstützt" und von YouTube habe man gar Begeisterungsstürme geerntet. "Die schlechte Nachricht ist, dass es der Willkür dieser Netzwerke obliegt, ob das so bleibt oder ob sich das ändert", sagte Schönenborn und forderte Transparenz "und zum Schutz unserer Gesellschsaft Klarheit", welche Inhalte auf den Plattformen auffindbar sein müssten. Eine neue Gefahr sei außerdem künstliche Intelligenz, wenn diese als Gatekeeper für Inhalte fungiere.

Claus Grewenig, zugleich Chief Corporate Affairs Officer bei RTL Deutschland, forderte dann auch von der Politik, nach dem Medienstaatsvertrag von 2021 nun die "zweite Stufe" zu zünden - etwa im Hinblick auf geltende Ausnahmen für Plattform bei Haftungsregeln. Mit Nathanael Liminski, dem nordrhein-westfälischen Medienminister und Chef der Staatskanzlei, weiß Grewenig einen mächtigen Mitspieler an seiner Seite. Wenn die Plattformen Selbstverpflichtungen nicht mehr einhielten oder sie sogar widerriefen, dann sei der Gesetzgeber gefragt, erklärte der CDU-Politiker in Köln, schließlich gehe es "um nichts weniger als unsere Demokratie". 

Liminski machte sich zugleich dafür stark, Stärke gegenüber Facebook & Co. an den Tag zu legen. "Wir haben allen Grund dafür, selbstbewusst zu sein in Europa", sagte er mit Verweis auf 450 Millionen Nutzer, die schließlich auch für amerikanische Unternehmen attraktiv seien. Er werbe deshalb dafür, politische Mehrheiten zu organisieren, um in Europa beim Umgang mit den Plattform mit einer gemeinsamen Sprache zu sprechen.

Der Medienminister sprach sich dafür aus, Rahmenbedingungen zu schaffen, um Medienvielfalt langfristig zu sichern. Gelinge das, erweise man "den größten Dienst im Sinne unserer Demokratie", zeigte sich Liminski überzeugt. Gebe es viele Medien, die die Politik, aber auch sich gegenseitig kontrollieren, sichere das Vertrauen. Grundlage sei allerdings dafür zu sorgen, dass es sich für Unternehmen auch wirtschaftlich lohne, journalistische Produkte zu starten. Beim VAUNET wird man diese Aussagen gerne gehört haben.