Mitten im jetzt vorgelegten, sehr umfangreichen achten Konzentrationsbericht der KEK steckt auch eine interessante Aufarbeitung der gescheiterten Übernahme von Nickelodeon durch die zu RTL Deutschland gehörenden Super RTL Fernsehen GmbH. Die KEK war hierbei erstmalig in ein Verfahren des Bundeskartellamts einbezogen. Gemäß § 40 Abs. 4 Satz 3 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) ist vor einer Untersagung eines Zusammenschlusses durch das Bundeskartellamt in Verfahren, die den Bereich der bundesweiten Verbreitung von Fernsehprogrammen durch private Veranstalter betreffen, das Benehmen mit der KEK herzustellen. Diese Einbeziehung der KEK soll dazu dienen, die Expertise von KEK und Bundeskartellamt intensiver zu verzahnen. 

Die KEK erhält so die Gelegenheit, spezifische, für die Medien- und Meinungsvielfalt relevante Aspekte des konkreten Vorhabens in das Verfahren mit einzubringen und so zu einer größeren Kohärenz in der Einschätzung von Sachverhalten aus der Medienbranche beizutragen. Und das ist in diesem Fall spannend, weil die KEK nach eigenen Angaben im Falle von Super RTL/Nickelodeon zu einem anderen Urteil kam als das Bundeskartellamt. Dort beabsichtigte man nach vorläufiger wettbewerbsrechtlicher Bewertung, eine Untersagung auszusprechen. Als zentralen Grund führte das Bundeskartellamt an, dass das Vorhaben die marktbeherrschende Stellung der RTL-Gruppe im Markt für Kinderbewegtbildwerbeflächen in Deutschland verstärken würde, wie in einer Pressemitteilung ausgeführt wurde. 

Die KEK wiederum habe das Vorhaben unter Vielfaltsgesichtspunkten geprüft. Dabei wurden insbesondere die Auswirkungen des Vorhabens auf den Gesamtzuschaueranteilsmarkt, den Sektor der Kinder- und Familienprogramme sowie die lineare Fernsehnutzung von Kindern im Alter von 3 bis 13 Jahren bewertet. In der Gesamtschau wurde berücksichtigt, welche Video-Angebote unter Einbeziehung des Streaming-Bereichs und sonstiger Online-Video-Angebote für Kinder bestehen und von ihnen genutzt werden. Zwar kommt die KEK auch zu der Schlussfolgerung, dass das Vorhaben „zu einer Verstärkung der bereits starken Stellung der RTL-Gruppe sowohl im Sektor der Kinder- und Familienprogramme als auch im Hinblick auf die lineare Fernsehnutzung von Kindern im Alter von 3 bis 13 Jahren geführt hätte“.

Doch die Bewertung dessen fällt anders aus. Die KEK schreibt in ihrem Bericht: „Diese Verstärkung hätte nicht zu einer wesentlichen Verengung der Vielfalt geführt. Im linearen Fernsehbereich gibt es noch mehrere unabhängige Anbieter und ein relativ breites Programmangebot. Hinzu kommt, dass die wesentlichen Inhalte und Charaktere mit hoher Popularität in der Zielgruppe der Kinder bereits von den Programmen der übernehmenden Veranstalterin ausgestrahlt werden. Zudem war zu berücksichtigen, dass die jüngeren Altersgruppen deutlich weniger lineare, sondern bevorzugt Online-Video-Angebote nutzen. Das Medienrepertoire von Kindern im Bereich Video ist als breit und vielfältig anzusehen. Es besteht in allen bewerteten Bereichen eine unter Vielfaltsgesichtspunkten unbedenkliche Anbieter- und Angebotsvielfalt. In der Gesamtschau war daher durch das Vorhaben eine Vielfaltsgefährdung nicht zu erwarten."

Das Bundeskartellamt hat dieses Urteil der KEK zwar zu berücksichtigen, bleibt aber in seiner Entscheidung grundsätzlich unabhängig. Doch dazu kam es gar nicht mehr, weil Super RTL bzw. RTL Deutschland den entsprechenden Antrag zur Übernahme von Nickelodeon nach negativen Signalen des Bundeskartellamts zurückgezogen hat. Nun untersuchte die KEK zwar die inhaltliche Vielfalt und nicht die vom Bundeskartellamt in den Fokus genommene Konzentration auf den Werbemarkt, doch die veröffentlichte Argumentation der KEK ist dennoch ein Wink mit dem Zaunpfahl: Man hat bei der Analyse der Mediennutzung der Kinder auch die zunehmenden Angebote abseits des linearen Fernsehangebots berücksichtigt - und den Markt damit breiter und realistischer abgebildet als es das Bundeskartellamt bislang tut. 

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