Das Kabinett hat am Mittwoch eine deutliche Erhöhung der Filmförderung beschlossen. Bereits zuvor sickerte durch, dass die Förderung von heute 133 auf künftig 250 Millionen Euro steigen soll, der Deutsche Filmförderfonds (DFFF) und der German Motion Picture Fund (GMPF) sollten also aufgewertet werden (DWDL.de berichtete). Und genau so hat es die Regierung jetzt auch beschlossen. Zusammen mit weiteren Mitteln der jurybasierten kulturellen Filmförderung und der Filmförderungsanstalt stellt der Bund künftig rund 310 Millionen Euro bereit. Hinzu kommen die Länderförderungen.

Zusammen mit der bereits eingeführten Förderquote von 30 Prozent entstehe eine attraktive Anreizförderung, die deutschen und internationalen Produzenten langfristig Planungssicherheit für ihre Investitionsentscheidungen gebe, heißt es in einer Mitteilung des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), Wolfram Weimer. 

Was das BKM nicht so klar kommuniziert: Die Erhöhung ist an die Einführung einer Investitionsverpflichtung für Streamingdienste geknüpft. Aus dem Gesetzesentwurf geht hervor, dass 120 der 250 Millionen Euro gesperrt bleiben und erst einmal durch den Bundesfinanzminister freigegeben werden müssen. Das soll dem Vernehmen nach erst passieren, wenn die Abgabe für die Streamingdienste beschlossen oder eingeführt ist. 

Und in diesem Punkt will Medienstaatsminister Weimer nun auf die Tube drücken: Er werde den Entwurf für ein Investitionsverpflichtungsgesetz "zeitnah" in die Ressortabstimmung geben und eine breite Branchenanhörung in die Wege leiten, heißt es. In einem Interview mit "Blickpunkt Film" wird Weimer etwas konkreter und kündigt einen entsprechenden Schritt für "nach der Sommerpause" an.

Gesetzliche Investitionsverpflichtung kommt

Damit steht nun aber auch fest, dass es wohl auf eine gesetzliche Regelung für die Streaminganbieter hinauslaufen wird. Vor einigen Tagen hatte Weimer die Spitzen von Netflix, Prime Video, Disney+ und Apple TV+ noch zum Streaming-Gipfel im Kanzleramt empfangen, um auch die Möglichkeiten einer Selbstverpflichtung auszuloten. Die ist jetzt vom Tisch. "Mein Eindruck ist, dass wir die Ziele der Investitionsverpflichtung nur mit hinreichender Klarheit und Verbindlichkeit über einen gesetzlichen Rahmen erreichen können", sagt Weimer jetzt gegenüber "Blickpunkt Film".

Vorerst vom Tisch ist durch die Erhöhung der Filmförderung jetzt auch die Einführung einer Steueranreizmodells, an dem bereits die alte Ampel-Regierung gearbeitet hatte. Das kommt durchaus überraschend, hatte Weimer doch erst vor wenigen Wochen auf dem Bayerischen Filmgipfel erklärt, die Verhandlungen zu einem solchen Modell würden bereits laufen und kämen gut voran. Auffällig war aber schon, dass Weimer das Thema danach nicht mehr so direkt ansprach. Die Einführung wäre aber wohl ohnehin nicht vor 2027 zu realisieren gewesen, mit der Erhöhung der bestehenden Förderung hat man nun eine kurzfristige Lösung gefunden, mit der vorerst auch die Branchenvertreter leben können. 

Weimer: Steueranreizmodell "Bürokratiemonster"

"Der Filmstandort Deutschland kann sich langwierige politische Ausverhandlungsprozesse rund um das Steueranreizmodell schlichtweg nicht leisten", erklärt Wolfram Weimer gegenüber "Blickpunkt Film". Und weiter: "Es ist einfach Tatsache, dass wir nicht hätten garantieren können, mit einem Steueranreizmodell in den nächsten zwei bis drei Jahren an den Start zu kommen – das wären weitere Jahre der Unsicherheit gewesen. Selbst wenn es geklappt hätte, hätten wir mit dem Steueranreizmodell wohl ein neues Bürokratiemonster geschaffen – mit doppelter Prüfung durch FFA und Finanzämter." Hätte man das Vorhaben weiterverfolgt, wäre man womöglich in einer Totalblockade der Filmreform gelandet, so Weimer. "Damit hätten wir für den Filmstandort Deutschland nichts weniger riskiert, als seine endgültige Versenkung in die Bedeutungslosigkeit."

Aus der Produktions-Branche kommt an diesem Mittwoch breite Zustimmung zur beschlossenen Reform. Ein Branchenbündnis aus Produktionsallianz, AG DOK, Deutsche Filmakademie und PROG hat den Beschluss der Regierung jetzt gelobt. Bereits in den ersten 100 Tagen ihrer Amtszeit lege die Regierung damit die Basis für eine "neue, attraktive Produktionsförderung sowie wirksame, effiziente und verlässliche Lösungen zur Vollendung der Filmreform", heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme der Verbände. 

Es gibt weder Kritik an der Kopplung der Erhöhung der Filmförderung an die Einführung der Investitionsverpflichtung noch an dem Aus der Pläne für ein Steueranreizmodell. Die Verbände dürften jetzt erst einmal froh sein über die schnelle und unbürokratische Lösung. Durch die bereits erfolgte Erhöhung der Förderquote auf 30 Prozent steht der Branche künftig effektiv mehr Geld zur Verfügung, sollten die 120 Millionen Euro freigegeben werden. Gut möglich aber, dass die Produzentinnen und Produzenten das Thema Steueranreizmodell zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal auf den Verhandlungstisch bringen. Viele sehen darin langfristig das bessere Modell, um den Filmstandort zu stärken. 

Das sagen die Branchenverbände

Michelle Müntefering, CEO und Sprecherin des Gesamtvorstands der Produktionsallianz, sagt jetzt aber erst einmal: "Gesagt, getan: Das Kulturgut Film hat wieder Priorität. Staatsminister Wolfram Weimer lässt seiner Ankündigung sehr zügig Taten folgen und gibt dem deutschen Film endlich wieder die Bedeutung, die er verdient. Das unterstützen wir. Trotz parlamentarischer Sommerpause stellt die Bundesregierung jetzt die Weichen, damit der Filmstandort und unsere Produktionswirtschaft wieder in Schwung kommen. Die geplante Erhöhung der Förderung kann nun im Zusammenspiel mit einer echten Investitionsverpflichtung in wirksamer Höhe, inklusive Rechterückbehalt, zu einer guten Anreizförderung werden – und so die lang erwarte Filmreform vollenden."

Und Julia Maier-Hauff, Geschäftsführerin und Syndikusrechtsanwältin von PROG Producers of Germany, ergänzt: "Die Erhöhung der Anreizförderung ist ein wichtiges Signal auch für unsere internationalen Partner und gibt der deutschen Filmbranche endlich die notwendige Planungssicherheit. Um auf Augenhöhe mit den Anreizsystemen anderer Staaten zu kommen, müssen die Richtlinien für DFFF und GMPF zügig angepasst werden. Mit Blick darauf, dass die Filmförderreform parteiübergreifend als kommunizierende Röhren konzipiert wurde, ist die gleichzeitige Einführung der Investitionsverpflichtung mit Rechterückbehalt und Anreizen für Investitionen in Kino- und Talentfilme konsequent. Es ist nur fair, wenn ein Teil des Umsatzes, den große Streamingunternehmen in Deutschland generieren, in unabhängige deutsche Kinospielfilme und Serien investiert werden muss. So wird Deutschland wieder Filmland." 

Susanne Binninger, Ko-Vorsitzende der AG DOK: "Die Mitglieder der AG DOK begrüßen die Erhöhung des Budgets des DFFF I&II und des GMPF, da hiermit die kürzlich erfolgte Erhöhung auf 30% langfristig gesichert wird und wir bzgl. der Finanzierung unserer Filme mit unseren europäischen Kolleginnen und Kollegen wieder auf Augenhöhe sind."

Martin Heisler, Vorstandsvorsitzender Deutsche Filmakademie: "Die Entscheidung der neuen Regierung ist für die Deutsche Filmakademie ein starkes Signal an die Branche. Dass die zusätzlichen Mittel bereits ab Januar 2026 fließen und bis 2029 gesichert sind, schafft die dringend nötige Planungssicherheit – ein entscheidender Impuls für den Filmstandort Deutschland. Sie unterstreicht die kulturelle und wirtschaftliche Bedeutung unserer Branche und schafft verlässliche Rahmenbedingungen, um auf hohem Niveau und international wettbewerbsfähig zu arbeiten – für Produzent:innen und die Filmschaffenden aus allen Gewerken ist das eine gute Nachricht."

Kritik von VAUNET 

Auch der VAUNET hat die angekündigte Erhöhung der Filmförderung als ein "wichtiges Signal für die Branche" begrüßt. Der Verband erklärte aber auch, dass die Maßnahme nur ein "Zwischenschritt auf dem Weg zu einem international wettbewerbsfähigen Steueranreizmodell" sein könne. Gleichzeitig fordert der VAUNET, dass die in der GMPF-Richtlinie geregelte Limitierung des Finanzierungsanteils zu Lasten der Rundfunkveranstalter beendet wird. Die Kopplung der Erhöhung an eine Investitionsverpflichtung nennt man "befremdlich", hier warnt der Verband vor Markteingriffen. 

Daniela Beaujean, Geschäftsführerin des VAUNET: "Die ins Spiel gebrachte Verknüpfung mit einer gesetzlichen Investitionsverpflichtung konterkariert das Ziel verlässlicher Investitionen. Darüber hinaus käme sie angesichts des schwierigen wirtschaftlichen Umfeldes und der aktuellen Entwicklungen auf dem Medienmarkt zur Unzeit. Sie garantiert keine zusätzlichen Produktionen in Deutschland, sondern schafft neue Unsicherheiten. Vielmehr sollten zunächst die Effekte der Aufstockung abgewartet werden." Man stehe weiterhin bereit, "gemeinsam mit Politik und Branche einen konstruktiven Weg zu finden", sagt Beaujean. Dazu könnten auch freiwillige Selbstverpflichtungen oder eine Branchenvereinbarung gehören.