Acht Jahre liegt die Ausgabe von "Team Wallraff" zurück, in der es um die Situation im Pflegehaus Kreuzberg ging - und noch immer beschäftigt der Fall die Gerichte. Die MK-Kliniken AG (vormals Marseille-Kliniken AG), die sich auch um einen früheren Beitrag von 2014 schon einmal eine juristische Auseinandersetzung geliefert hatte, zog vor Gericht und bekalgte teils falsche oder unzulässig verzerrte Darstellungen.
Nachdem die MK-Kliniken AG und die Allgemeine Soziale Dienstleistungen gGmbH als Betreiberin der Berliner Einrichtung in erster Instanz noch in vielen Punkten recht bekamen, konnte sich in der Berufung vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht nun hingegen RTL in der Mehrzahl der Punkte durchsetzen.
So wurden zahlreiche erstinstanzlich zugesprochene Unterlassungs- und Richtigstellungsansprüche aufgehoben. Besonders weist man bei RTL darauf hin, dass die von den Klägerinnen geforderte öffentliche Richtigstellung vollständig zurückgewiesen wurde. Das Gericht stufte die strittigen Passagen überwiegend als zulässig ein – darunter Bewertungen wie „schockierende Zustände“ oder „erschreckende Missstände“, die das OLG als zulässige Meinungsäußerungen wertete, sowie wahre Tatsachenbehauptungen zu bereits 2014 dokumentierten Zuständen.
Generell sieht man bei RTL eine Stärkung der Undercover-Recherchearbeit. So habe das Gericht die Zulässigkeit wesentlicher Elemente der Verdachtsberichterstattung bestätigt und festgehalten, dass Journalistinnen und Journalisten auf Basis glaubwürdiger Hinweise auch kritische Fragen öffentlich thematisieren dürften. Situative Äußerungen der Undercover-Reporterin während der Dreharbeiten seien dabei nicht als objektive Tatsachenbehauptungen zu werten.
Günter Wallraff kommentiert das Urteil so: "Meine Erfahrung zeigt: Oft werden über Jahre hinweg enorme Summen in Prozesse gesteckt – Mittel, die weit sinnvoller in eine gute und menschenwürdige Versorgung von Pflegebedürftigen investiert werden sollten!" Christian Schleker, Chefredakteur Primetime bei RTL News, ergänzt: "Das Urteil bestätigt unsere Arbeit und die Bedeutung investigativer Recherche. ‚Team Wallraff‘ deckt mit sorgfältiger Recherche Missstände auf und konfrontiert Verantwortliche – umso wichtiger ist es, dass diese Arbeit rechtlich geschützt bleibt. Und um das unter Beweis zu stellen, scheuen wir auch keine jahrelangen Verfahren."
Eine Anfrage bei MK-Kliniken blieb zunächst unbeantwortet.