Am Dienstag fand das lang erwartete Gespräch zwischen Kulturstaatsminister Wolfram Weimer und Media For Europe-CEO Pier Silvio Berlusconi statt. Weimer hatte Berlusconi schon Ende Juli zum Gespräch ins Kanzleramt eingeladen, als die Bieterschlacht zwischen PPF und MFE um ProSiebenSat.1 noch in vollem Gange war, inzwischen ist klar, dass MFE nach dem Rückzug von PPF die Mehrheit an dem bislang deutschen Konzern übernehmen wird.
Das Gespräch zwischen den beiden ist augenscheinlich recht harmonisch verlaufen, Berlusconi versuchte offensichtlich, die Bedenken gegen den Einstieg der Italiener auszuräumen. Weimer erklärte nach dem Gespräch: "Redaktionelle Unabhängigkeit ist von zentraler Bedeutung – sie darf nicht angetastet werden. Wir sind in diesem Punkt einer Meinung, und das ist eine gute Voraussetzung für ein gelingendes Engagement im deutschen Medienmarkt."
Zugleich habe er deutlich gemacht, dass der deutsche Markt "zentraler Bestandteil der Konzernstrategie" sei, München als "beteutender Standort für Inhalte, Innovation und Beschäftigung" weiterentwickelt werden solle - und dass man fürs deutsche Geschäft auch weiterhin hierzulande Steuern zahlen werde. "Wer in Deutschland einen Sender betreibt und produziert, trägt Verantwortung – für Arbeitsplätze, für das Entrichten von Steuern und für unsere kreative Infrastruktur. Dass MFE diese Verantwortung in Deutschland wie auch in Italien und Spanien übernimmt, freut uns", sagt Weimer. "Wenn aus München heraus nun eine große pan-europäische Plattform entsteht, ist das eine gute Nachricht."
Pier Silvio Berlusconi selbst betonte nicht nur, dass man die redaktionelle und journalistische Freiheit waren und "allen Stimmen Gehör verschaffen" wolle, sondern kündigte auch einen weiteren Ausbau der deutschen Eigenproduktionen an. "Wir möchten ein lokaleres Angebot produzieren und anbieten, das noch stärker auf das deutsche Publikum zugeschnitten ist: mit mehr Nachrichten, mehr Unterhaltungssendungen und mehr Fernsehserien – und im Laufe der Zeit weniger zugekauften Formaten – so, wie wir es bereits in Italien und Spanien praktizieren. Wir wollen Arbeitsplätze erhalten und die Verankerung von ProSiebenSat.1 in Bayern, in Deutschland und im gesamten deutschsprachigen Raum stärken."
Man gehe das Projekt "mit Realismus und der nötigen Umsicht" an, sei sich aber bewusst, dass es große Herausforderungen gebe. "Unser Ziel ist es, eine pan-europäische Rundfunk- und Mediengruppe zu schaffen, die in der Lage ist, sich gegen die globalen Technologiegiganten zu behaupten und mit ihnen im Wettbewerb zu bestehen. Dabei sind wir fest davon überzeugt, dass Deutschland der ideale Ausgangspunkt für europäische Entwicklungsvorhaben dieser Art ist", so Berlusconi. Berlusconi und Weimer vereinbarten darüber hinaus, sich weiterhin regelmäßig austauschen zu wollen, "auch mit Blick auf Fragen der Filmförderung und der pan-europäischen Medienregulierung".
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