Die Öffentlich-Rechtlichen leiden unter der Nicht-Erhöhung des Rundfunkbeitrags, die Streamer fahren ihre Investitionen zurück und achten mehr als in der Vergangenheit auf Profitabilität und die großen privaten Sendergruppen haben mit der Werbekrise zu kämpfen. Keine Frage: Alle Marktteilnehmer stehen aktuell vor Herausforderungen. Und diese Lage schlägt nun offenbar auch auf die Schauspielerinnen und Schauspieler in Deutschland durch.
Die Schauspielgewerkschaft BFFS und der Verband der Agenturen für Film, Fernsehen und Theater (VdA) machten am Freitag in einer gemeinsamen Erklärung klar, dass es einen "dramatischen Rückgang" bei den Schauspielbeschäftigungen gebe. Die Situation sei noch dramatischer als zur Corona-Krise, heißt es. BFFS und VdA beziehen sich in ihrer Analyse auf Zahlen, die von der Bundesagentur für Arbeit auch für die Berufsgattung Schauspiel ermittelt werden.
Demnach sind in normalen Zeiten von den rund 16.000 deutschen Schauspielerinnen und Schauspielern täglich im Schnitt 6.200 in Arbeit. Also konkret: In einer befristeten sozialversicherungspflichtigen Anstellung am Theater, vor der Kamera oder vor dem Mikrofon. Während der Corona-Zeit sank diese Zahl zunächst auf auf 5.916 (2020) und 5.698 (2021). Danach entspannte sich die Situation wieder, 2022 wurden sogar 6.665 Schauspielbeschäftigungen gemessen. Seither befinden sich die Zahlen aber wieder im Sinkflug: Im Jahr 2023 waren es 5.825, ein Jahr später sogar nur 5.505 tägliche Beschäftigungen.
Für das aktuelle Jahr liegen zwar noch keine Daten vor. Aufgrund von Rückmeldungen der eigenen Mitglieder gehen BFFS und VdA aber davon aus, dass die deutschen Schauspielerinnen und Schauspieler aktuell noch weniger Arbeit finden als im Vorjahr.
"Die Gründe für die Misere liegen auf der Hand", sagt BFFS-Vorsitzende Leslie Malton, die sich auch direkt in einer diskutierbaren Analyse versucht. "Die wichtigsten Auftraggeber in unserer Filmbranche, die öffentlich-rechtlichen Sender, produzieren kaum noch was, weil die Politik ihnen nicht die nötigen Rundfunkgebühren gewährt." Die Behauptung, die Öffentlich-Rechtlichen würden "kaum noch was" produzieren, ist wohl eine klassische Gewerkschaftsübertreibung.
Malton hat aber auch andere Gründe für die aktuelle Situation ausgemacht: "Die deutsche Filmförderpolitik ist international nicht konkurrenzfähig, ihre Reform noch eine Baustelle. Die Werbeeinnahmen der Privatsender brechen ein, auch die Aufträge der Streamer stagnieren. In der Kulturpolitik und an vielen Theatern wird der Rotstift angesetzt und außerdem droht KI, unsere Arbeit zu ersetzen, vor allem im Synchronbereich. Alles düstere Aussichten!"
Ulrich Meinhard, Vorsitzender des VdA, ergänzt: "Als Vertraute unserer Künstler*innen wissen wir: Der extreme Rückgang der Arbeitsangebote setzt ihnen auch moralisch arg zu. Ohne eine so offensichtliche Ursache für die Krise, wie die Corona-Pandemie sie war, können Künstler*innen oft nicht erkennen, dass ihre individuelle Flaute die Flaute der ganzen Branche ist. Stattdessen interpretieren sie die mangelnden Arbeitsangebote als persönliches Versagen." Gemeinsam wollen sich BFFS und VdA jetzt auch mit anderen Vereinigungen politisch für die Branche einsetzen. Die Auftrags- und wirtschaftliche Notlage müsse möglichst bald überwunden werden.