Beim AGF-Forum in Frankfurt ging es neben den Fragen zu Methodik, Standards und Reichweiten auch um das verfügbare TV-Angebot und dessen Programmqualität. Eine Podiums-Diskussion zwischen den öffentlich-rechtlichen Fernsehmacherinnen Christine Strobl (ARD) und Natalie Müller-Elmau (3sat), Malte Hildebrand vom Vermarkterverband Screenforce und Klaus-Peter Schulz vom Verband Die Media-Agenturen wurde schnell zu einem Henne/Ei-Problem bei der Frage: Muss Programm oder das Werbegeld vorangehen?

Die Forderung von deutschen Medienhäusern, egal ob privat oder öffentlich-rechtlich, in Richtung Werbewirtschaft ist spätestens seit der Aufregung um Meta Anfang diesen Jahres - und auch auf der Bühne des AGF-Forums - klar formuliert: Werbetreibende tragen Verantwortung dafür, wo und wie sie Werbegeld investieren. „TV kriegt zu wenig Applaus für die Rolle und den Wert, den das TV als Korrektiv gegen Social Media spielt“, sagt ARD-Programmdirektorin Christine Strobl, nicht nur auf die Qualität des Werbeumfelds bezogen. „An die Strahlkraft zu glauben, wäre mein Appell.“

Klaus-Peter Schulz sieht im öffentlich-rechtlichen Programmangebot eine große Qualität, klagt eher über die Mutlosigkeit und Reality-Überangebot im privaten Fernsehen. Doch Schulz kontert auch Strobls Appell: „Wir sehen die Strahlkraft, aber müssen woanders zukaufen, weil TV Reichweite verliert“. Ausdrücklich bedauert Schulz die fehlende Möglichkeit, in den Mediatheken von ARD und ZDF zu werben. Die medienpolitischen Rahmenbedingungen würden nicht der Nutzung folgen. Er stellt die Frage in den Raum: Wie kann man die Mediathek der Öffentlich-rechtlichen für Werbung öffnen?

AGF Forum © AGF

Sein Gedanke dazu: Die Mediatheken von ARD & ZDF könnten weiter frei bleiben von Unterbrecherwerbung, aber mit Titelsponsoring und ein oder zwei Pre-Roll-Spots vor den Programmen, wären die Mitglieder des Verbandes schon glücklich. Damit rennt Schulz bei ARD Media und ZDF Werbefernsehen natürlich offene Türen ein. Die Privatsender, auf dem Panel nicht vertreten, würden sich das angesichts der angespannten Marktlage natürlich verbitten, so viel kann man erahnen. Denen wirft Schulz jedoch mangelnde Innovation vor. Man bekäme die immer gleichen Umfelder und Formate angeboten.

Malte Hildebrandt, Geschäftsführer der Gattungsinitiative Screenforce springt für das Privatfernsehen in die Bresche: Mit einer neuen Vielfalt von Sport-Übertragungen auch abseits des Fußballs und Informationsprogrammen sogar zur besten Sendezeit gebe es neue und wertvolle Impulse. Die leicht und oft gestellte Forderung „doch mal was auszuprobieren“ sehe er ambivalent, so Hildebrandt. Das suggeriere ja, Experimente würden nicht viel kosten. Dabei sei das gerade den Kreativen gegenüber unfair: Sich was Neues auszudenken, was dann aber nichts kosten darf, gehe nicht auf.

Dass jetzt auch die Streamingdienste erklärtermaßen auf Mainstream gehen, irritiert Klaus-Peter Schulz, den Geschäftsführer des Verbands Die Mediaagenturen. Einerseits werde die Nutzung von Bewegtbild immer fragmentierter und invidiueller - doch bei den Inhalten gehen jetzt alle auf die breite Masse? Christine Strobl weist das zurück: Als öffentlich-rechtlicher Sender sei man natürlich für alle da, richte sich an die Masse. Über die Mediathek hingegen differenziere man sich gerade sehr aus. „Nicht wir entdecken den Mainstream, die Streamer.“ Die kämen jetzt in einen Wettbewerb, den die Sender schon immer kannten.

AGF Forum © AGF

Transparenz in Reichweite und Erfolg sei dafür allerdings wichtig, wie auch im weiteren Verlauf des AGF-Forums deutlich wurde. Netflix ist in konstruktiven und intensiven Gesprächen mit der AGF. DAZN ist da schon weiter, wie Haruka Gruber, Senior Vice President Media bei dem Sportstreamer, in Frankfurt ausführte. Die Transparenz durch AGF-Daten habe in der Werbevermarktung von DAZN enorm geholfen. Von Netflix wie Prime Video wünsche er sich ähnliche Vergleichbarkeit. Da kann ihm Kerstin Niederauer-Kopf Hoffnung machen: Zum Finale des AGF-Forums deutete die Gastgeberin und AGF-Geschäftsführerin an, man sei in guten Gesprächen - auch mit Plattformen über Netflix und Prime Video hinaus.

Mehr zum Thema