Man habe "eine analoge Leitung verlegt, weil Digital abgestürzt ist", sagte Moderatorin Eva Schulz und brachte die Besucher im "House of Communication" damit zum Lachen. Da streikte also die Technik ausgerechnet in jenem Moment, in dem Kulturstaatsminister Wolfram Weimer bei der Eröffnung der Medientage München über die Zukunft der Medien sprach. Dass später noch zweimal der Feueralarm ausgelöst wurde, fiel angesichts der unfreiwilligen Pause, die Weimer mit seiner Rede zwischenzeitlich einlegen musste, fast gar nicht mehr ins Gewicht. Da dürften nicht wenigen die Frage des diesjährigen Mottos in den Sinn gekommen sein: "WTFuture?".

Wolfram Weimer © Medientage München Wolfram Weimer
Dabei war Weimer durchaus gewillt, gute Nachrichten zu verbreiten. So verwies er etwa darauf, in der Regierung "etwas Ungewöhnliches" gewagt zu haben, nämlich die deutsche Förderpolitik neu zu positionieren, indem die Förderquote auf 30 Prozent erhöht worden sei. "Wir geben im Kulturhaushalt so viel Geld aus wie noch nie", sagte Weimer und meinte bereits Impulse zu erkennen, die darauf hindeuten, dass die Branche "wieder Mut fasst", wie er es formulierte. Noch dazu zeigte sich Weimer zufrieden mit den Gesprächen über die geplante Selbstverpflichtung, die aktuell mit den Streamern geführt würden. "Ich glaube", so Weimer, "da können wir in den nächsten Tagen auch gute Nachrichten verbreiten."

Der Kulturstaatsminister lenkte seinen Blick aber auch auf ProSiebenSat.1, das gerade mit dem Austausch des gesamten Vorstands neue Schlagzeilen produzierte. Weimer wandte sich direkt an Pier Silvio Berlusconi, den Chef des neuen Mehrheitseigentümers Media for Europe (MFE): "Wir hatten intensive und gute Gespräch", sagte er. "Sie sollten aber wissen, dass Markus Söder ein echter Löwe ist, der ein Auge für die Medien hat und um sie kämpft." Er sei sich sicher, dass MFE die gemachten Zusagen einhalten werde und gab dem nicht anwesenden Italiener noch einen Ratschlag aus der Ferne: "Lassen Sie die Redaktionen in Unterföhring herzhaft kochen, aber achten Sie darauf, dass die Dinge bei den Mitarbeitern nicht anbrennen."

Wolfram Weimer © Medientage München Markus Söder
Neben Wolfram Weimer hatte Berlusconi jüngst auch den bayerischen Ministerpräsidenten getroffen, der nach dem Kulturstaatsminister die Bühne der Medientage betrat. "Für uns ist es wichtig, dass der Medienstandort in München erhalten bleibt", sagte Markus Söder (CSU) im Gespräch mit Eva Schulz und zeigte zugleich Verständnis für die jüngsten Personalentscheidungen. "Die Wahrheit war, dass ProSiebenSat.1 nicht so erfolgreich war, wie es hätte sein können", so Söder. "Wenn die Zahlen nicht so stimmen, wie sich das Anteilseigner erwarten, muss man was verändern". Das sei "wie im Fußball, da gibt’s auch mal einen Trainerwechsel".

"Wir brauchen mehr denn je gute Medien"

Dass nicht nur bei ProSiebenSat.1 Veränderungen anstehen, sondern auch beim Unterföhringer Nachbarn Sky, das bekanntlich von RTL Deutschland übernommen werden soll, nahm Söder augenscheinlich sportlich. Er freue sich, dass diese Unternehmen "so attraktiv" seien, man müsse nun aber schauen, wie man mit den Partnern zurechtkomme. Bei RTL sehe er jedoch keine Probleme, "der Chef ist gebürtiger Münchner", sagte der Ministerpräsident über Stephan Schmitter. "Der ist genetisch programmiert, es gut zu machen."

Schmitter selbst saß beim anschließenden Eröffnungsgipfel dann ebenfalls noch auf der Bühne und nutzte die Gelegenheit, mehr Geschwindigkeit zu fordern – gerade mit Blick auf das Kartellamt. Mit dem befinde man sich zwar "in sehr guten Gesprächen" über Sky. "Trotzdem dauert es Monate, um einen Case, der den deutschen Medienstandort stärken soll, auf die Straße zu bringen", so Schmitter. Amazon und Netflix wiederum hätten quasi über Nacht bekanntgegeben, ihre Datenplattformen für die Vermarktung zusammenzulegen. "Wenn wir nicht aufpassen, läuft die Zeit schneller ab als wir uns das alle wünschen", sagte der RTL-Deutschland-Chef. "Wir brauchen jetzt einfach Tempo."

Medientage München 2025 © Medientage München Florian Hager, Jagoda Marinic, Stephan Schmitter und Christian Wegner mit Moderatorin Eva Schulz.

Der Eröffnungsgipfel beschäftigte sich aber auch mit der Zukunft des Journalismus und der Stärkung der Perspektivenvielfalt, wie sie etwa der ARD-Vorsitzende Florian Hager anstrebt. "Perspektivenvielfalt ist nicht nur links und rechts im politischen Spektrum", sagte Hager. Vielmehr müsse es darum gehen, einen Raum schaffen, in dem Menschen in Diskussion kommen, "im Digitalen und im echten Leben". Jagoda Marinić, Schriftstellerin und Podcasterin, forderte die Politik zugleich auf, sich stärker für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk einzusetzen und kritisierte auch Kulturstaatsminister Weimer, der gerade erst von "Zwangsgebühren" gesprochen hatte. Sie wünsche sich stattdessen "eine sachliche Diskussion, wie wir dieses Angebot noch besser machen können", sagte die Journalistin, schließlich brauche es "mehr denn je gute Medien in Deutschland".

Die aber geraten auch durch künstliche Intelligenz zunehmend unter Druck, wie Christian Wegner, Geschäftsführer der "Süddeutschen Zeitung" ausführte. "Es kann nicht sein, dass jemand unsere Inhalt nutzt, die teuer sind, und einfach umsonst weitergibt", sagte er mit Blick auf KI-Tools. Und doch zeigte er sich im Jahr des 80. Jubiläums der "SZ" optimistisch: "Wir werden eine Renaissance von Mensch gemachten Inhalten haben", so Wegner. Man wollte nach den Eindrücken dieses Vormittags ergänzen: Wenn nicht gerade die digitale Leitung abstürzt.