Bereits seit dem Sommer läuft ein Pilotprojekt, auf das sich die Bayerischen Lokalradios und die Antenne Bayern Group verständigt haben. Seither produzieren beide Anbieter ihre nächtlichen Nachrichten jeweils im wöchentlichen Wechsel. Eine erste Zwischenbilanz des zunächst auf ein halbes Jahr angelegten Projekts fiel jüngst positiv aus (DWDL.de berichtete). Da war bereits vom "Grundstein für eine lange Zusammenarbeit" die Rede. Eine, die wohl auch notwendig ist angesichts immer neuer Herausforderungen, mit denen es das Medium Radio im Spannungsfeld zwischen wachsendem Werbedruck, neuen Konkurrenten und KI zu tun bekommt.
Valerie Weber, Vorsitzende der Geschäftsführung der Antenne Bayern Group, machte sich dann auch auf dem Audio-Gipfel der Medientage München für mehr Kooperationen stark. Aus ihrer Sicht führt angesichts der Struktur des Radiomarkts mit seinen vielen Sendern kein Weg daran vorbei. "Wenn Audio-Deutschland so kleinteilig bleibt, dann geraten wir unter die Räder", mahnte Weber und machte deutlich, dass es ihr tatsächlich um die Sache geht. "Wir wollen wirklich kooperieren – und zwar auf Augenhöhe." Wie ernst es ihr ist, zeigt auch der Entschluss, den in Schieflage geratenen Sender egoFM bei Antenne Bayern einziehen zu lassen. "Vielfalt braucht Allianzen und Verbündete – und nicht Einzelkämpfer", so die ehemalige WDR-Programmdirektorin, die inzwischen wieder die Seiten gewechselt hat.
Doch auch innerhalb ARD wird nach Möglichkeiten gesucht, die Kräfte zu bündeln. Thomas Hinrichs, Programmdirektor Information beim Bayerischen Rundfunk, nannte als Beispiel hierfür etwa die Zusammenlegung der Nachrichten von Bayern 1 und Bayern 3 in den Abendstunden. Das könne das Publikum verkraften, so Hinrichs, der die frei werdenden Ressourcen lieber an anderer Stelle einsetzen will. Dazu kommt, dass die ARD an der Schlagkraft ihrer Hörfunk-Angebote arbeitet – in Form einer überarbeiteten Audiothek, in der 41 Apps verschiedener Sender aufgehen sollen. Hier sollen nicht nur sogenannte "Lovebrands" sichtbar werden, sondern auch sämtliche Podcasts.
© Medientage München
Matthias Pfaff (Regiocast), Carolin Häublein (RTL Radio Deutschland), Thomas Hinrichs (BR), Ingrid Thurnher (ORF) und Valerie Weber (Antenne Bayern Group) mit Moderator Lukas Schöne.
In Österreich ist der ORF diesbezüglich schon weiter – und hat auch private Radiosender an Bord seiner Plattform ORF Sound geholt. Das sei jedoch kein Selbstläufer gewesen, machte Radiodirektorin Ingrid Thurnher in München deutlich. "Es ist nicht so, dass alle mit wehenden Fahnen da draufgehen wollten", sagte sie rückblickend. Und doch seien immer mehr Stationen dazu gekommen, sodass das Projekt inzwischen wohl als Erfolg gewertet werden kann.
Radio als "menschliches Medium"
Die ARD will indes mit ihrer Audiothek künftig auch mehr Nähe zum Publikum schaffen, allen voran durch Dialog-Formate. So sei beispielsweise geplant, dass Hörerinnen und Hörer mit Moderatoren chatten und in den Diskurs gehen können, sagte BR-Programmdirektor Thomas Hinrichs. Mehr Authentizität – das ist auch ein Credo von Carolin Häublein, die im vorigen Jahr als COO ins Management-Team von RTL Radio Deutschland berufen wurde. Sie wolle "keine Dagmar-Berghoff-Gedenkveranstaltung" machen, sagte sie mit Blick auf deren nüchternen Stil beim Verlesen der Nachrichten. Radio brauche dagegen vielmehr "echte Menschen, die sich nicht in ein Format pressen lassen".
Valerie Weber pflichtete ihr bei. Radio sei gewissermaßen "das erste Social Media" gewesen, es leide jedoch ein wenig unter dem Problem, dass seine Distribution auf Distanz aufbaue. Reichweite alleine sei jedenfalls nichts wert, sagte die Chefin der Antenne Bayern Group. "Es geht um Beziehungsmanagement für die Marken." Moderatoren seien heute daher auch als Markenbotschafter zu verstehen. "Diese Personen laden die Marke auf und machen sie vital." Damit ließen sich dann auch Werbekunden gewinnen. Und auch Matthias Pfaff, Chief Digital Officer von Regiocast, betonte die Notwendigkeit, das Radio als "menschliches Medium" zu erhalten und ein "analoges Gefühl" zu bewahren. Auch das könnte freilich eine Antwort auf eine zunehmend von KI geprägte Medienwelt sein.
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