Der Werbemarkt ist nach wie vor für fast alle Vermarkter schwierig. Durch den Zusammenschluss der Vermarktung von RTLzwei und WBD haben die beiden Unternehmen aktuell aber ein Momentum, die El Cartel Brothers haben ihren Betrieb erst Anfang November aufgenommen. In einem Interview mit dem Branchenmagazin "Horizont" haben die beiden Geschäftsführer, Claudia Ziemer und Stephan Karrer, nun einen Einblick in ihre Strategie gegeben - und machen dabei auch eine Kampfansage an die Ad Alliance und Seven.One Media. 

"Wir sind die starke dritte Kraft im Markt", sagt etwa Ziemer. Man verdoppele durch das Joint Venture die eigene Relevanz und schaffe "eine echte Alternative zu den privaten Duopolisten". Man wolle in der neuen Aufstellung angreifen und einer der wenigen Vermarkter sein, die nächstes Jahr wachsen, kündigt Ziemer an, die auf das umfangreiche Portfolio der El Cartel Brothers verweist. Darunter sind elf TV-Sender wie Eurosport, RTLzwei und DMAX - hinzu kommen Streaming-Angebote (aber nicht HBO Max).

Die Ankündigung, 2026 wachsen zu wollen, ist in der aktuellen Marktlage in jedem Fall ein selbstbewusstes Ziel. "Aber was wir aktuell von den Mediaagenturen und Kunden, mit denen wir sprechen, zurückgespielt bekommen, macht uns hoffnungsfroh", sagt Stephan Karrer im "Horizont"-Interview. Und weiter: "Im Joint Venture haben wir ein ganz anderes Standing als früher. Der Markt hat sich diese Alternative gewünscht." Man wolle nicht nur "lustig und cool" sein, so Karrer weiter, sondern auch zuverlässig "und mit echter Schlagkraft". 

An dieser Stelle des Interviews zeigt sich Karrer durchaus selbstkritisch. "Die [Schlagkraft, Anm.] hat uns in der Vergangenheit manchmal gefehlt, allein mangels Größe", so der Co-Geschäftsführer der El Cartel Brothers. Jetzt habe man die Munition, um im Markt performen zu können - "auch in schwierigen Zeiten". Und Ziemer ergänzt, man werde versuchen, "unseren Konkurrenten hierzulande möglichst viele Euros wegzuschnappen". 

Auch zur eigenen Vorgehensweise geben Ziemer und Karrer in dem Interview einen kleinen Einblick. "Bei uns verhandeln Kunden eine Summe xy – aber wie sie diesen Deal dann ausgestalten, welches Volumen sie welchen Gattungen geben, bleibt völlig ihnen überlassen", sagt Karrer. Kunden könnten entscheiden, ob sie das Geld in lineares oder digitales TV stecken oder doch lieber in Streaming oder Addressable TV. "Wir gewähren völlige Freiheit."

TKP-Modell "extrem wichtig"

Das klingt erst einmal wie das komplette Gegenteil von dem, was die Ad Alliance ab 2028 plant. Ab dann will man in Köln bekanntlich ein TKP-Modell einführen. Die Kunden erhalten dabei garantierte Kontakte in ihrer gewünschten Zielgruppe - und das zu einem fixen Tausend-Kontakt-Preis (TKP), die genaue Aussteuerung der Platzierungen übernimmt die Ad Alliance (Mehr zum Thema lesen Sie hier). Doch auch die El Cartel Brothers könnten sich vorstellen, beim TKP-Modell mitzuziehen, das legen Aussagen von Stephan Karrer gegenüber "Horizont" nahe. 

Dort sagt der Co-Geschäftsführer des neuen Vermarkters, der Dreiklang aus Vermarktern, Agenturen und Kunden sei zuletzt in eine Schieflage geraten. "Die Kunden haben das Gefühl, sie zahlen eine Inflation, die völlig übertrieben ist. Die Agenturen müssen die Pitchversprechen erfüllen und wir müssen die Preise so anpassen, damit es wieder zusammenpasst." Es gebe viel Gegen- statt Miteinander. Mit dem aktuellen Ansatz biete man Agenturen und Kunden die geforderte Kontrolle. Wenn das TKP-Modell komme, müsse es marktübergreifend eingesetzt werden. "Es macht keinen Sinn, dass die Unterföhringer, die Kölner und wir unterschiedliche Wege gehen. Nach meinem Gefühl gibt es im Markt einen grundsätzlichen Konsens, das Modell anzunehmen. Veränderung ist immer schwierig. Aber es ist für den deutschen Werbestandort extrem wichtig, das umzusetzen."