
Dabei hatten Vertreter von ARD und ZDF noch Glück: Ihr europäischer Pass rettete sie aus der Untersuchungshaft in die gleich mehrere ausländische Kollegen und ungezählte russische Journalisten abgeführt wurden - ohne jede Angabe von Gründen. Insgesamt - ob Journalist oder Demonstrant - wurden nach vorläufigen Angaben der Polizei allein am Sonntag in St. Petersburg hundert Menschen festgenommen.
Gegen die Kundgebungen in Moskau und St. Petersburg, zu denen das Oppositionsbündnis Anderes Russland aufgerufen hatte, ging die Polizei an beiden Tagen systematisch vor, obwohl friedlich gegen den autokratischen Regierungsstil von Präsident Putin demonstriert wurde. Etwa 2.000 Menschen waren am Sonntag im Rahmen der genehmigten Kundgebung in St. Petersburg auf der Straße. Ihnen standen gleich 1500 Polizisten gegenüber. Kasparow war übrigens nicht dabei.
Er wurde schon am Samstag bei einer Moskauer Veranstaltung verhaftet. Schon von dort zeigten TV-Bilder, wie Polizisten Demonstranten wahllos niederknüppelten und auseinandertrieben. Mehrere Mitarbeiter des ZDF wurden vorübergehend festgenommen, dann wieder freigelassen - dank europäischem Pass. Und Kasparow? Er wurde nach fünf Stunden im Polizeigewahrsam vor ein Gericht gebracht, das ihn wegen Beteiligung an einer verbotenen Demonstration zu einer lächerlichen Geldstrafe von 1000 Rubel (knapp 30 Euro) verurteilte. Das eigentliche Ziel der vorläufigen Festnahme dürfte deshalb wohl darin gelegen haben, seine Reise und Teilnahme an der Kundgebung in St. Petersburg am Sonntag zu verhindern.

In St. Petersburg geriet auch ein Team der ARD ins Visier der gesetzlosen "Gesetzeshüter": ARD-Korrespondent Stephan Stuchlik und ein Tonmann seines Teams wurden angegriffen. Stuchlik selbst wurde laut Tagesschau.de bei dem Versuch, mit am Rande stehenden Schaulustigen zu sprechen, von einem Beamten mit Nachdruck zurückgewiesen. "Als ich mich umdrehte und zurückging, spürte ich auf einmal einen Schlag ins Gesicht", berichtet er. Man habe ihn geschlagen und getreten, dann im Polizeibus festgehalten. Nach Intervention seines Teams und französischer Kollegen kam er wieder frei. Russische Kollegen hingegen wurden weiter festgehalten.
Und die weltweite Empörung? Sie hält sich in Grenzen. Egal ob es um das Regime Putin und sein Vorgehen gegen das eigene Volk oder um die Pressefreiheit für in- und ausländische Journalisten geht: Man berichtet und vergisst. Kritik an Präsidentin Putin wird ohnehin nur leicht dosiert - niemand will es sich verscherzen mit Russland. Lieber will man gute Geschäfte machen - und das wollen selbst deutsche bzw. europäische Medienunternehmen, die in Russland an Putin-treuen Medien beteiligt sind. Wenn ein solches Unternehmen dann in Deutschland eine Journalistenschule betreibt, wird es absurd. Mit Pressefreiheit wird gespielt. Mal aus politischen, mal aus finanziellen Interessen.