"Wenn man früher selbst mit Hingabe und im Glauben an das Individuelle und voller Hoffnung auf die Möglichkeit die 'Tempo' gelesen hat, sollte man seinen Kindern vielleicht ein 'Face Magazin' -Abo schenken" - so vollmundig und auf der Leistung der Macher der "Tempo" - jener gefeierten Zeitgeist-Zeitschrift der achtziger und neunziger Jahre - aufbauend, trommelt der Verlag für das neue Magazin, das die Agentur Creative Media Corporate in diesen Tagen an den Kiosk gebracht hat.

Herausgegeben wird das Magazin von Mike Kuhlmey, die Chefredaktion liegt bei Johannes Finke. "Face Magazin" sei "ein Magazin für alle, die dringend einen Freund brauchen, und für alle, die nicht so schnell erwachsen werden möchten", sagt der. Der "Freund" ist in diesem Sinne vermutlich doppeldeutig zu verstehen. Die Literaturzeitschrift aus dem Hause Springer wurde mittlerweile eingestellt. "Face" will aus der jungen Szene des Landes berichten - über Schauspieler, Meinungsmacher, Musiker, Künstler und Trendsetter.
 
Cover: Face Magazin

Zum weiteren Selbstverständnis der Zeitschrift äußert sich Chefredakteur Finke zudem im Editorial des Heftes. Er spricht von Visionen, die man heute vergebens suche. Auf 108 Seiten breitet das "Face Magazin" seine Visionen aus. Die Themenpalette reicht von einem ausführlichen Portrait des Schauspielers Daniel Brühl mit Fotos von Matthias David, über einen engagierten Text zur Biometrie, Freaks aus aller Welt in Cannes bis hin zu einer Rubrik namens "Minis", in der unter anderem Kaufbares vorgestellt wird und vielen anderen Themen - darunter auch Christina Stürmer und Oliver Kalkofe. In der Heftmitte findet sich ein 16seitiger Literaturteil mit Vorabdrucken und exklusiven Texten bekannter und unbekannter Autoren. Da ist das "freund"schaftliche Element.

Neben großflächigen Fotos wartet das Heft mit Texten auf - so beschreibt es Finke - "meist in der Versuchung entstanden und ihr erlegen, Dinge auf den Punkt bringen zu wollen, sei es als Betrachter, Protagonist oder Fan". Das klingt gut und eines journalistischen Produkts nur würdig. Doch es gelingt nicht immer. So lässt zum Beispiel die Kolumne von Ex-Viva-Moderator Nils Bokelberg ein wenig an Prägnanz vermissen - kann aber durchaus erheitern.

Das "Face Magazin" versteht sich wohl als Prozess. So schließt Finke sein Editorial mit den Worten: "Also, das alles kann nur als eine Übungseinheit verstanden werden, eine Phase, die dazu dient, all das anzureißen, von dem wir glauben, dass es noch mehr werden kann: mehr Bilder, mehr Text, mehr mit Geschlechtsteilen gemalte Illus". Vom letzteren sollte man sich nicht abschrecken lassen. Dafür, dass das "Face Magazin" von Menschen um die dreißig und sehr ambitioniert gemacht wurde, enthält es erstaunlich wenig Sex.
 
Ob es "Face Magazin" schaffen wird, in die großen Fußstapfen der "Tempo" zu treten, lässt sich nach dem Erstling nicht beurteilen. Zu stark ist die Wirkung der "Tempo" auf den Journalismus gewesen, zu wenig lässt sich an der ersten Ausgabe des "Face Magazin" ablesen, als das sich eine selbstbewusste Aussage treffen ließe. Für's Erste lässt sich festhalten, dass man mit "Face" durchaus eine angenehme bis anregende Stunde verbringen kann. Das gelingt heute auch nicht mehr vielen. Den Vertrieb für das "Face-Magazin" hat die VU Verlagsunion KG übernommen. Der Einzelpreis liegt bei fünf Euro. Das Heft soll viermal pro Jahr erscheinen.