Logo: WBAm Montag Abend geht es für die deutsche Nationalelf bei der Fußball-Europameisterschaft um nichts Geringeres als den Verbleib im Turnier. Die Hoffnungen nach der recht erfolgreichen Fußball-WM vor zwei Jahren sind groß, doch die deutschen Fans müssen zittern. Wohl auch darum, ob sie bei dem aus deutscher Sicht entscheidenden Spiel auch wirklich alle wichtigen Szenen sofort zu Gesicht bekommen.

In diesen Tagen nämlich wird Kritik an dem Live-Feed laut, den die Uefa als Veranstalterin des Turniers den übertragenden Sendern zuliefert. Hergestellt werden die Live-Bilder von Uefa-Tochter Umet. Auf der einen Seite ist von Zensur die Rede. Andernorts wird die inhaltliche Qualität der übertragenen Bilder bemängelt. Den für die Fußballfans wohl wichtigsten Vorwurf erhebt indes ZDF-Sportchef Dieter Gruschwitz: Er bezeichnete es gegenüber der "Süddeutschen Zeitung" als "Unsitte", dass die Regie der Uefa nach Zeitlupen und Naheinstellungen zu spät zum Live-Bild zurückkehre.
 


Handfeste journalistische Kritik äußerte unterdessen Armin Walpen, Chef der Schweizer Radio und Fernsehgesellschaft SRG. Er wolle bei der Uefa schriftlich intervenieren, weil große Sportverbände zunehmend versuchten, sich mit eigenen Produktionsfirmen Hoheit über Bild und Ton zu verschaffen. "Wir lehnen jede Zensur von Sportveranstaltungen ab", sagte Walpen der Schweizer "Sonntagszeitung". Auch der ORF kritisiert die Uefa. Dessen Sportchef Hans Huber sagte der „Sonntagszeitung“: „Wir werden der Uefa jetzt ganz genau auf die Finger schauen“.

Konkret wird bemängelt, dass bei den von der Uefa übertragenen Aufnahmen vom Spiel Kroatien gegen Österreich in der vergangenen Woche nicht zu sehen gewesen sei, wie kroatische Fans Flaggen verbrannt haben und dass ein Fan auf das Spielfeld gelaufen sei. Bei der Uefa hingegen verwahrt man sich gegen die Kritik. Wir wollen Chaoten keine Bühne liefern", wird Wolfgang Eichler, Sprecher des Verbands in den Medien zitiert. Von Zensur könne keine Rede sein, da sich bei dem Spiel auch noch 40 weitere Kameras anderer Anbieter im Stadion befunden hätten, die den Vorfall hätten senden können, so Eichler.

Genau das hat man beim ZDF getan. Dort war „etwas Brennendes“ am Spielfeldrand zu sehen, wie Sportchef Gruschwitz in der „SZ“ bestätigt. Sie seien durch Kameras aufgezeichnet worden, die der Sender selbst am Spielfeldrand postiert habe. Den Zensurvorwurf wollte Sportchef Gruschwitz gegenüber der Zeitung nicht bestätigen.

Kritisiert wird unterdessen auch der Stil der Regie, die sich zu stark vom eigentlichen Spielgeschehen abwende. "Die Entstehung einer gefährlichen Situation wird reduziert, meist auch noch zugunsten folkloristischer Impressionen von den Tribünen", schreibt zum Beispiel Peter Körte in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom Montag. "Auch bei Standardsituationen ist die Bildfolge so unbefriedigend wie die Ecken der deutschen Mannschaft", so Körte weiter. "Welcher Regisseur wagt noch Totalen? Von 'Räumen' und 'Laufwegen' sprechen die Reporter, in den Blick bekommen wir sie kaum noch", schreibt Bernd Gäbler im "Tagesspiegel" (Montagsausgabe).

Die Diskussion um eine eventuelle Zensur durch den Fußball-Verband Uefa dürfte auch den Kritikern der Deutschen Fußball Liga neuen Zündstoff liefern. So plant der deutsche Liga-Verband derzeit, dem künftigen Inhaber der Übertragungsrechte der Begegnungen im Bezahlfernsehen eine fertige Sendung zuzuliefern, auf die der ausstrahlende Sender keinen inhaltlichen Einfluss hat. Der Anbieter Premiere, der seit einigen Jahren eine von Kritik und Zuschauern gelobte Sendung rund um die Bundesliga-Begegnungen etabliert hat, protestiert heftig gegen diese angekündigte Praxis.